| # taz.de -- Anschlagsserie in Berlin-Neukölln: Stümperhafte Ermittlungen | |
| > Die Berliner Polizei braucht fast zwei Jahre, um die Feindesliste eines | |
| > Neonazis zu entschlüsseln. Und das ist noch nicht mal der peinlichste | |
| > Aspekt. | |
| Bild: Die Garage von Linken-Politiker Ferat Kocak, Berlin-Neukölln im Februar … | |
| Knapp zwei Jahre hat die Berliner Polizei gebraucht, um die Festplatte des | |
| Neuköllner Neonazis Sebastian T. zu entschlüsseln. T. steht im Verdacht, | |
| maßgeblich an einer Serie von Anschlägen gegen politisch Andersdenkende | |
| beteiligt zu sein, die den Berliner Bezirk seit Jahren erschüttert. Auf der | |
| Festplatte, so die Polizei in dieser Woche, fand sich eine Feindesliste aus | |
| dem Jahr 2013 mit den Namen möglicher Anschlagziele, darunter die damalige | |
| [1][Piraten- und heutige Linken-Politikerin Anne Helm]. | |
| Zwei Jahre brauchen sie, um eine inzwischen sieben Jahre alte Liste zu | |
| entschlüsseln: keine bahnbrechende Leistung. Und doch der größte | |
| Ermittlungserfolg in dieser Sache seit Langem – und das sagt eigentlich | |
| alles, was man über diese Ermittlungen wissen muss. | |
| Das Verhalten der Behörden nicht nur in Bezug auf die Ermittlungsarbeit | |
| selbst, sondern auch auf den Umgang mit den Opfern der Anschlagserie wirkt | |
| seit Jahren über weite Strecken, als folge es einem Handbuch mit dem Titel | |
| „Wie zerstöre ich das Vertrauen der Bürger in den staatlichen | |
| Sicherheitsapparat – so effektiv und nachhaltig wie möglich“. | |
| ## Kocak oder Kotschak? | |
| Ein Beispiel aus den vergangenen Wochen: Im Dezember erklärte die Polizei, | |
| man habe den Lokalpolitiker Ferat Kocak auch deswegen nicht über den | |
| Ermittlern bekannten, gegen ihn gerichteten Anschlagpläne informieren | |
| können, weil man seinen Namen fälschlicherweise als Kotschak notiert habe. | |
| Zu einem phonetischen Abgleich sei die Datenbank außerdem nicht in der Lage | |
| gewesen. Das klingt schon erschütternd genug, doch e[2][in Teil davon ist | |
| auch noch unwahr]. Denn die phonetische Namenssuche ist in den | |
| polizeilichen Datenbanken sehr wohl möglich, und zwar bereits seit 2007. | |
| Wer so agiert, verspielt jedes Vertrauen – und kann entsprechende Kritik | |
| nicht als unlauteren Generalverdacht zurückweisen. Genau das passiert aber | |
| in Berlin: Die Forderung der Opfer nach einem Untersuchungsausschuss, der | |
| Licht ins Dunkel der polizeilichen Ermittlungsarbeit bringen soll, wird von | |
| der SPD und ihrem Innensenator mit dem Argument abgelehnt, die Einsetzung | |
| eines solchen Ausschusses käme einem Misstrauensvotum gegenüber allen | |
| Berliner Polizist:innen gleich und schade dem Ansehen der Behörde. | |
| Dabei gilt das Gegenteil: Das Beste, was den Polizist:innen passieren | |
| könnte, die ein tatsächliches Interesse an der Aufklärung rechter | |
| Straftaten mitbringen, wäre die überfällige glaubhafte [3][Aufarbeitung der | |
| im Neukölln-Komplex] gemachten Fehler seitens ihres Arbeitgebers. | |
| 17 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
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