| # taz.de -- Albert Uderzo starb 92-jährig in Paris: Antihelden mit Schnäuzern | |
| > Albert Uderzo war der Schöpfer von Asterix dem Gallier und seinem | |
| > bärenstarken Kumpan Obelix. Nun ist er gestorben. | |
| Bild: Uderzo 1986 in seinem Büro in Paris | |
| Er schuf einen der populärsten Helden der Comicgeschichte. Dabei hatte | |
| dieser so gar nichts Heroisches an sich: schmächtig, kurzbeinig, dicke | |
| Nase, blonder Schnäuzer. Und selbst dessen bärenstarker Sidekick wirkte | |
| trotz seiner Größe nicht gerade wie ein Superheld, mit seinem | |
| bierfassförmigen Bauchumfang und dem winzigen Kopf. | |
| Die Rede ist von Asterix dem Gallier und seinem Kumpan Obelix. Albert | |
| Uderzo war der Zeichner dieser beiden Ikonen des französischen Comics. 1959 | |
| schuf er zusammen mit dem Autor René Goscinny das Duo samt Anhang – einem | |
| ganzen gallischen Dorf voller liebevoll gezeichneter, skurriler Bewohner. | |
| Der französische Künstler starb nun in der Nacht von Montag auf Dienstag im | |
| Alter von 92 Jahren. 1927 als Sohn italienischer Einwanderer in Fismes nahe | |
| Reims geboren, begann er früh zu zeichnen. Der geschmeidige, auf runden | |
| Formen basierende Stil der Zeichentrickfilme von Walt Disney beeinflusste | |
| Uderzo sehr, wie auch der französische Comicpionier Edmond-François Calvo | |
| („Die Bestie ist tot“), der ihn unterrichtete. | |
| „So hat mein gütiger Lehrmeister mich eingeweiht in die Freuden und | |
| Hoffnungen eines verkannten und oft abgelehnten Berufes“, schrieb er in | |
| einer kleinen Hommage an Calvo über seine Erfahrungen als 14-jähriger | |
| Dilettant. | |
| ## Seinen ersten Comic veröffentlichte er schon 1948 | |
| Seine ersten Comics veröffentlichte Uderzo bereits 1948, Held war „Belloy“, | |
| ein muskulöser „Ritter ohne Rüstung“, der vom Szenaristen Jean-Michel | |
| Charlier erdacht wurde. Mit diesem Partner schuf er auch die populäre Serie | |
| um die tollkühnen Piloten „Tanguy und Laverdure“, die er in | |
| semirealistischem Stil zeichnete. | |
| 1951 traf Uderzo René Goscinny (1926–1977), mit dem ihn bald eine innige | |
| Freundschaft verbinden sollte. Goscinny wurde zum perfekten Partner, der | |
| den gleichen Humor teilte und künftig die Szenarios für Uderzo schreiben | |
| sollte. | |
| Zusammen heckten sie während der 1950er Jahre eine Comicserie nach der | |
| anderen aus: „Pitt Pistol“ war eine Piratenserie um eine illustre Bande, | |
| die schon das gallische Dorf vorwegnahm; „Luc Junior“ handelte von einem | |
| jungen Reporter; „Benjamin und Benjamine“ von einem Geschwisterpaar, | |
| „Umpah-Pah“ von einem schlagkräftigen Indianer. All diese Serien waren | |
| humoristisch erzählte Abenteuergeschichten. | |
| Ermutigt durch ihre Erfolge wollten Goscinny, Uderzo und Charlier 1959 ihr | |
| eigenes Comicmagazin, „Pilote“, gründen. Dafür musste unbedingt ein | |
| zugkräftiger, genuin französischer Held her! Uderzo zeichnete nach | |
| Goscinnys Vorgabe eine Seite über „Reineke Fuchs“, damals eine populäre | |
| Figur der französischen Kultur. | |
| ## Wie wäre es mit den Galliern? | |
| Doch es arbeitete bereits ein anderer Zeichner an einer Adaption der | |
| Geschichte des Fuchses und so warfen sie die Arbeit hin. In einer | |
| Sozialwohnung im Pariser Vorort Bobigny zermarterten sie sich den Kopf nach | |
| einer Alternative. Wie wäre es mit Galliern? Uderzo dachte zunächst an | |
| einen hünenhaften Helden à la Vercingetorix, doch Goscinny schwebte ein | |
| kleinwüchsiger Antiheld vor. | |
| Der Rest ist Geschichte. Im Oktober 1959 erschien die erste Ausgabe von | |
| „Pilote“ und Asterix wurde schnell ein großer Erfolg, der den Startschuss | |
| für eine starke französische Comickultur markierte. Bis dahin wurden die | |
| beliebtesten französischsprachigen Comics noch in Belgien produziert. | |
| Asterix zog neue Leserkreise an – nicht nur Kinder lasen seine Abenteuer, | |
| auch Studenten liebten den geistreichen Humor voll politischer | |
| Anspielungen. So konnte „Asterix“ auch das Ansehen des Comics bei | |
| Erwachsenen steigern, erst in Frankreich, und bald auch über Landesgrenzen | |
| hinaus. | |
| 1977 erfuhr Uderzo durch den frühen Tod René Goscinnys einen Schock. Zwei | |
| Jahre lähmte ihn der Vorfall, bis der Zuspruch der Fans ihn bewog, | |
| „Asterix“ alleine fortzuführen. Mit gemischten Ergebnissen. Mit dem Album | |
| „Die Odyssee“ schuf er ein Highlight der Serie, doch auf Dauer konnte | |
| Uderzo den geistreichen Humor Goscinnys nicht ersetzen. Mit 84 Jahren zog | |
| er sich zurück und ließ Didier Conrad und Jean-Yves Ferri die Serie | |
| weiterführen. | |
| ## Keiner konnte so virtuos, so lebendig zeichnen | |
| Albert Uderzo war ein begnadeter Zeichner. Zu Beginn seiner Karriere in | |
| Frankreich konnte keiner so virtuos, so lebendig zeichnen wie er. Seinen | |
| dynamischen Stil fand er sehr schnell, er war 100 Prozent Comic – neben | |
| einem Sinn für detailreiche Hintergründe hatte er auch ein untrügliches | |
| Gespür dafür, wie eine Seite aufgebaut sein muss, wie eine Geschichte am | |
| besten und stringentesten erzählt werden muss. | |
| Seine Charaktere sind unvergessliche Karikaturen „echter“ Typen, die sich | |
| aus präziser, analytischer Beobachtung der verschiedensten Völker und | |
| Gruppierungen speisen – Uderzos Gallier, Römer, Belgier, Goten, Korsen, | |
| Spanier oder Indianer sind liebevoll treffende Hommagen, die auch die | |
| Karikierten schmunzeln lassen. | |
| 24 Mar 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralph Trommer | |
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