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# taz.de -- Ab in den Knast: Abschiebehaft könnte auslaufen
> Noch nie waren in Schleswig-Holstein so wenige Flüchtlinge eingesperrt.
> Das geplante Aufenthaltsgesetz könnte diesen Trend aber nun umkehren.
Bild: Mehr Platz gibt es in Schleswig-Holstein: In Hamburg schlafen über 6.000…
RENDSBURG taz | Nur 93 Flüchtlinge waren im vergangenen Jahr in
Schleswig-Holstein in Abschiebungshaft – so wenige wie nie zuvor. Das
teilte der Landesbeirat für den Vollzug der Abschiebehaft am Dienstag mit.
In den zehn Jahren seit Einrichtung der Abschiebehaftanstalt des Landes in
Rendsburg waren dort jedes Jahr 500 bis 600 Menschen eingesperrt.
Der Landesbeirat sorgt sich allerdings, dass die Zahl wieder steigen
könnte, wenn das CDU-geführte Bundesinnenministerium seinen Entwurf zur
Änderung des Aufenthaltsgesetzes durchbringen sollte. Dieser lasse
befürchten, „dass nach seiner Verabschiedung Abschiebungshaft in
Deutschland in einem bisher nicht erlebten Umfang stattfinden wird“, warnte
der Beirat in seinem Jahresbericht.
Die Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW war 2012 mit dem Ziel
angetreten, die Abschiebungshaft abzuschaffen. Vor einem Jahr hatte sie
deshalb Alternativen zur Haft für illegal eingereiste Ausländer vorgestellt
und für das Ende des Jahres 2014 eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung
der Abschiebehaft vorgestellt. Diese wurde wegen angeblicher
Aussichtslosigkeit abgeblasen. Bis Ende 2016 soll außerdem die
Abschiebehaftanstalt in Rendsburg geschlossen werden. Deren Betrieb ist
bereits seit November 2014 eingefroren.
Nach dem Bericht des 2003 zusammen mit der Abschiebehaftanstalt
eingerichteten Landesbeirats ist im vergangenen Jahr fast die Hälfte der in
Rendsburg Inhaftierten in ein europäisches Drittland – vor allem nach
Skandinavien – gebracht worden; 41 Prozent wurden entlassen, acht Prozent
in ihr Heimatland abgeschoben und zwei Prozent in andere Haftanstalten
verlegt. Ein abzuschiebender Mann aus Schleswig-Holstein war in Brandenburg
inhaftiert.
Nach Angaben des Beirats ist die Zahl der Entlassungen weiter stark
gestiegen. „Im Vergleich der zwölf Jahre des Bestehens der Einrichtung
wurden noch nie so viele Personen aus der Haft entlassen“, stellte der
Beirat fest. Die meisten Häftlinge kamen aus Afghanistan, Algerien, Syrien,
Albanien und Marokko.
Der Landesbeirat tritt dafür ein, „auf das Instrument der Abschiebungshaft
ganz und auf Dauer zu verzichten“. Er betrachtet die Haft als „grob
unverhältnismäßige Maßnahme“, die einen „harten Einschnitt“ im Lebens…
der Betroffenen bedeute, führte der Vorsitzende, Pastor Hans-Joachim
Haeger, aus.
Die Aussetzung der Abschiebehaft in den vergangenen Monaten habe zu keinen
erkennbaren Nachteilen für die Bevölkerung im Land geführt. Im Gegenteil:
In Rendsburg seien nicht wenige inhaftiert gewesen, „die in der Zukunft für
das Leben in Schleswig-Holstein einen guten Beitrag hätten leisten können“.
Mithin fehle diesem Instrument die politische Legitimation.
Umso mehr warnte Haeger vor der in Berlin geplanten Reform des
Aufenthaltsrechts. Demnach sollen Gründe für Abschiebehaft sein, wenn ein
Flüchtling seine Identität verschleiert oder „erhebliche Geldbeträge“ an
einen Schleuser gezahlt hat, um nach Deutschland zu gelangen. „Das trifft
praktisch auf jeden Flüchtling zu“, sagte Haeger.
Ähnlich sieht das die Landesregierung. Das zuständige Innenministerium geht
jedoch davon aus, beim Vollzug des Gesetzes gegebenenfalls ausreichend
Handlungsspielraum zu haben, um seine eigene Politik durchsetzen zu können.
Das sei allerdings ein mit Unwägbarkeiten behafteter „Blick in die
Zukunft“. Das Land behalte sich eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung
der Abschiebehaft vor.
10 Mar 2015
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Abschiebung
Aufenthaltsrecht
Asylrecht
Asylsuchende
Unterbringung von Geflüchteten
Abschiebung
Bundespolizei
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