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# taz.de -- Ausschreitungen in ägyptischem Stadion: Helden der Revolution
> Viele Tote der Krawalle während des Fußballspiels in Port Said waren
> Anhänger von al-Ahly Kairo. Dessen Fans hatten die Tahrir-Proteste mit
> angeführt.
Bild: Das Fußballstadion in Port Said einen Tag nach den blutigen Ausschreitun…
BERLIN taz | Die über 70 Fußballfans, die am Mittwochabend in Port Said zu
Tode getrampelt, erschlagen, zerquetscht und erstochen wurden, sind fast
alle Anhänger des Kairoer Clubs al-Ahly. Das ist bedeutend: "Die Ultrafans
von al-Ahly sind für ihre Rolle, die sie während der Revolte gegen die
Regierung vor einem Jahr spielten, hoch zu loben", schreibt James M.
Dorsey, amerikanischer Politologe und Experte in allen Fragen, die die
Rolle des Fußballs im Arabischen Frühling betreffen.
Seit 2007 gibt es die Ultras al-Ahly, den Club der besonders treuen und
militanten Anhänger. Je größer der Unmut über das Regime des mittlerweile
geschassten Präsidenten Husni Mubarak wurde, desto politischer agierten die
Ultras. "Da es keine politischen Auseinandersetzungen mehr gab, hat sich
das alles auf den Fußballplatz verlagert", hat vor einem Jahr ein
Al-Ahly-Ultra erläutert.
Die Politisierung brachte es mit sich, dass die härtesten Konkurrenten
al-Ahlys, die Fans des bürgerlichen Kairoer Clubs Zamalek, kurz vor dem
Massaker im Stadion von Port Said auf ihrer Website eine Botschaft an die
Al-Ahly-Fans richteten: "Wir bitten um ein Ende des Blutvergießens und um
Aussöhnung und Vereinigung – für das Wohl Ägyptens."
## Kooperierende Fans
Die Reaktion der Al-Ahly-Ultras war ein freundlich grinsender Smiley. Schon
während der Revolution am Tahrirplatz in Kairo hatten Zamalek- und
Al-Ahly-Fans kooperiert. "Die Ultras haben eine bedeutendere Rolle gespielt
als jede andere politische Gruppe", sagte damals Alaa Abd El-Fatah, ein
prominenter ägyptischer Blogger.
Ob die Verdienste der Ultras allerdings bedeuten, dass sie jetzt eine Art
Speerspitze gegen die Macht des Militärrats bilden, kann man nicht sagen.
Die Muslimbruderschaft nennt die Katastrophe von Port Said "das Werk
zweifelhafter Kräfte mit engen Bindungen zum alten System" – bewusst
offenhaltend, wer diese "Kräfte" sind.
James M. Dorsey erinnert daran, dass die Ultras im Februar 2011 nicht nur
ganz wesentlich am Sturm des Gebäudes der Sicherheitspolizei, sondern ein
halbes Jahr später auch am Sturm der israelischen Botschaft beteiligt
waren. Die Kämpfe am Tahrirplatz im November und Dezember, bei denen über
50 Menschen zu Tode kamen, wurden von Ultras bestritten.
Dorsey, der die Verdienste der Ultras nicht kleinredet, kommt zu dem
Schluss, dass die Fans mit ihrer – für viele von ihnen tödlichen – Randale
jetzt "in die Hände des Militärs spielen". Die Mannschaft von al-Ahly hat
verkündet, sie wolle sich aus dem Profifußball zurückziehen.
Mehr zum Thema lesen Sie in der Januarausgabe der deutschen Le Monde
diplomatique: [1]["Ultras gegen Kamelreiter"] von dem amerikanischen Autor
James M. Dorsey.
2 Feb 2012
## LINKS
[1] http://www.monde-diplomatique.de/pm/.search?ik=1&mode=erw&tid=2012%…
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Zehn Jahre Arabischer Frühling
Ägypten
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