# taz.de -- Neue Debatte um Israel-Boykott: Bremens Nahost-Konflikt | |
> Nach dem Aufruf des Friedensforums gegen den Kauf israelischer Früchte, | |
> wenden sich Bremer Parteien und Verbände nun gegen solche Aktionen | |
Bild: Kein Frieden in Sicht: Boykottaktion und Gegenprotest am 11. März in der… | |
Selbst im fernen Jerusalem schrieb kürzlich eine Zeitung über eine Aktion | |
des Bremer Friedensforums vor einem Schwachhauser Supermarkt. Das Forum | |
hatte dort zum Boykott israelischer Waren aufgerufen. In Israel kam die | |
Aktion nicht gut an - dass die Organisatoren sie bald wiederholen wollen, | |
hat ihnen jetzt auch Kritik der Parteien eingetragen. | |
"Keine Boykottaufrufe gegen Israel in unserer Stadt", heißt die am Montag | |
veröffentlichte Erklärung von SPD, CDU, Grünen und FDP. Sie haben mit der | |
Jüdischen Gemeinde, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische | |
Zusammenarbeit, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) und den Bremer | |
Freunden Israels ein Papier verfasst, um "vorbereitet zu sein, künftig | |
gegen solche Aktionen aufzutreten", sagt der DIG-Vorsitzende Hermann Kuhn. | |
Solche Boykottaufrufe machten "einseitig Israel verantwortlich für die | |
Konflikte im Nahen Osten", sie seien "der Versuch der Verunglimpfung des | |
jüdische Staates" und "nehmen die Nähe zur Nazi-Parole ,Kauf nicht bei | |
Juden' in Kauf", heißt es in der Erklärung. | |
Nicolas Scheidtweiler, Pressesprecher der FDP, hatte die | |
Friedensforums-Aktion in der Wachmannstraße beobachtet: "Ich bin wütend | |
geworden, dass Deutsche so etwas machen." | |
Auch die jüdische Gemeinde war nicht angetan. Ihre Vorsitzende Elvira Noa | |
nennt die Parolen des Boykotts "zweideutig" und "sehr verletztend". Sie | |
seien ein "Angriff auf die Demokratie und ein Nährboden für | |
Antisemitismus". | |
Das Friedensforum weist dies zurück. Arn Strohmeyer hat einen offenen Brief | |
an Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) geschrieben. Darin nennt er die | |
Erklärung "verfehlt und politisch kontraproduktiv, was einen Fortgang des | |
Friedensprozesses anbelangt". Die Boykott-Aufrufer hätten lediglich die | |
Anwendung europäischen Rechts eingefordert. Er verweist auf ein Urteil des | |
Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2010, demzufolge keine Produkte aus | |
den von Israel besetzten Gebieten mit der Etikettierung "Made in Israel" in | |
die EU eingeführt werden dürfen, weil diese Gebiete völkerrechtswidrig | |
besetzt seien. | |
Als einzige der großen Parteien hat sich die Linke der Erklärung nicht | |
angeschlossen. Von Boykottaufrufen gegen Israel will sich die Partei nicht | |
generell distanzieren. In einer Stellungnahme räumen ihre Landessprecher | |
Christof Spehr und Cornelia Barth ein, dass Boykott-Aufrufe "vor allem | |
jüdische MitbürgerInnen persönlich verletzen und provozieren" könnten. Es | |
bestehe die Gefahr, "die deutsche Schuld für den Holocaust zu | |
relativieren". Daher rufe die Partei nicht zu einem solchen Boykott auf. | |
Grundsätzlich jedoch sei der Aufruf des Boykotts gegen Staaten aber ein | |
legitimes zivilgesellschaftliches Mittel. Die "Position, dass Israel nie | |
und unter keinen Umständen von wirtschaftlichem Druck betroffen sein darf", | |
sei unhaltbar. | |
Für Hermann Kuhn, Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft spielt | |
die Linke ein "doppeltes Spiel": "Sie sagen, sie hätten nicht dazu | |
aufgerufen, veröffentlichen aber Material und eine Rechtfertigung dafür auf | |
ihrer Website." | |
9 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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Bremen | |
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