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# taz.de -- Rechte in Spanien: Stimmung gegen Migration
> Die Rechtskonservativen in Spanien setzen vor allem auf ein Thema:
> Immigration. Ob sie damit bei den Wahlen 2027 Erfolg haben, ist noch
> offen.
Bild: Alberto Nunez-Feijoo (Mitte) von der Partei Partido Popular (PP) hetzt ge…
[1][Spaniens Rechte] streitet um die Hegemonie in ihrem politischen Lager –
und gleichzeitig um Wählerstimmen. Das Thema, das sich die
rechtskonservative Partido Popular (PP) und die kleinere rechtsextreme Vox
dazu ausgesucht haben, ist die Immigration. So haben sie im Parlament
gemeinsam, aber trotzdem erfolglos, für einen Gesetzentwurf gegen die
Legalisierung von Migranten ohne Papiere gestimmt und machen mit der Angst
vor „den Anderen“ Politik. Sie setzen Einwanderung mit Unsicherheit und
Kriminalität gleich, obwohl diese in den vergangenen Jahren trotz
steigender Einwanderung zurückgegangen ist. Das interessiert PP und Vox
indes nicht, beide Parteien versuchen einander zu übertreffen. Sie nutzen
Fake News, die Immigranten Verbrechen zuschreiben und unterstützen offen
rassistische Ausschreitungen wie etwa vergangenen [2][Sommer in der
Mittelmeerregion Murcia].
Die PP verabschiedete ausgerechnet dort Ende September die Richtlinien für
ihre Einwanderungspolitik, sollten sie bei den kommenden Wahlen 2027 an die
Macht kommen. Die Konservativen wollen eine Art Punktesystem einführen.
Kommen soll nur, wer in eine Branche will, in der die Spanier nicht jobben
möchten. Menschen aus kulturell nahestehenden Ländern sollen dabei
bevorzugt werden. Hinzu kommt die Anforderung an die Herkunftsländer, mit
Spanien in Sachen Immigration – und wohl auch Verhinderung der Immigration
– zusammenarbeiten. Wer sich strafbar macht, soll sofort in seine Heimat
abgeschoben werden können. Sozialhilfe soll, ginge es nach dem Willen von
PP, nicht beantragt werden dürfen.
Mit diesen Maßnahmen soll, so PP-Chef und Oppositionsführer Alberto Feijóo,
„Recht und Ordnung wiederhergestellt werden“, damit „unsere Grenzen
geschützt und die Mafia bekämpft werden kann“. Das Leitmotiv: „Etwas
beitragen, muss eine Bedingung für den Verbleib sein.“ Und genau hier setzt
Vox an, die für die PP als Koalitionspartner notwendig sein wird, sollte es
bei den kommenden Wahlen zu einer rechten Mehrheit reichen. Für die
Rechtsextremen sind Immigranten vor allem ein schlechtes Geschäft. Sie
würden, so glauben sie, mehr kosten, als sie zum Allgemeinwohl beitragen
und der Staat durch sie einnimmt – da sie schlecht verdienen und
öffentliche Leistungen beanspruchen, etwa Krankenversorgung oder
Schulbesuch ihrer Kinder. Außerdem seien die Sozialsysteme, wie etwa das
Gesundheitssystem, durch den unkontrollierten Andrang von Immigranten
überfordert, vertreten sowohl Vox als auch PP.
Laut dem Statistikamt leben in Spanien – Stand April dieses Jahres – 6,9
Millionen Ausländer. Das entspricht 14 Prozent der Bevölkerung. Hinzu
kommen 2,5 Millionen Menschen, die mittlerweile die spanische
Staatsangehörigkeit haben, aber außerhalb Spaniens geboren wurden. Vox hat
sich mit der Rechnung der teueren Einwanderung, ähnlich wie die AfD in
Deutschland, der „Remigration“ verschrieben. Vergangenen Juli erklärte ein
Parteisprecher, dass sie, einmal an der Regierung, acht Millionen
Immigranten abschieben wollen. Auf diese Zahl kommt nur, wer auch einen
Teil derjenigen mitrechnet, die einen spanischen Pass haben und damit
Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten sind. In jüngsten Erklärungen
verspricht die Partei, aus Kostengründen, gar alle 2,5 Millionen außerhalb
Spaniens geborenen Staatsbürger wieder wie Ausländer zu behandeln.
Während andere europäische Länder die Zuwanderungsbestimmungen verschärfen,
hat die liberale Haltung der [3][Linksregierung] unter Ministerpräsident
Pedro Sánchez, die von der spanischen Rechten kritisiert wird, dem Land
nicht geschadet, sondern genutzt. Seit 2022 verzeichnet Spanien einen
durchschnittlichen jährlichen Nettozustrom von rund 600.000 Einwanderern.
Bereits heute kommen – so wie es die PP fordert -mehr als zwei Drittel
dieser Menschen aus dem kulturell nahestehenden Lateinamerika. Die meisten
davon sind im erwerbsfähigen Alter und decken damit die steigende Nachfrage
nach Arbeitskräften ab. Das kommt vor allem Branchen wie der Landwirtschaft
sowie dem Hotel- und Gaststättengewerbe und damit dem Tourismus zugute.
Noch nie waren so viele Menschen in Spanien sozialversichert wie heute.
Anders als andere europäische Länder hat Spanien keinen gravierenden
Fachkräftemangel, etwa im Handwerk. Die Einwanderer machen 23 Prozent der
erwerbstätigen Bevölkerung in Spanien aus. 90 Prozent der zwischen Januar
2024 und März 2025 neu geschaffenen Arbeitsplätze werden von Einwanderern
besetzt.
Spanien wächst stärker als das restliche Europa. Seit Anfang 2024 liegt die
Rate jährlich bei um die 3 Prozent, knapp dreimal soviel wie die gesamte
Eurozone. Ausländische Arbeitnehmer haben, so die spanische Zentralbank,
seit 2019 zu 80 Prozent Wachstum des Brutto-Inlandsproduktes beigetragen.
Auch wenn es PP und Vox nicht wahrhaben wollen – die Zuwanderung wirkt sich
in Spanien weitgehend positiv aus. Eine Studie der Universität im
südostspanischen Cartagena kommt zum Schluss, dass Einwanderer 70 Prozent
mehr an den Staat geben, als sie zurückerhalten. Sie liegen damit 30
Prozent über dem, was in Spanien geborene Menschen beitragen. Außerdem ist
das Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung notwendig, um die Rentensysteme
auch für die Zukunft sicher gestalten zu können.
Stimmung gegen die Zuwanderung zu machen, lenkt von den eigentlichen
Problemen ab. Was Vox und auch PP gerne verschweigen: Ginge es nach den
beiden Rechtsparteien, würden die Arbeitskräfte in schlecht bezahlten Jobs
– viele von ihnen Einwanderer – noch zu Steuerabgaben und
Sozialversicherung beitragen. Die Linksregierung erhöhte den gesetzlichen
Mindestlohn in den vergangenen sieben Jahren in mehreren Schritten um
insgesamt 60 Prozent. PP und Vox stimmten gegen jede einzelne dieser
Erhöhungen. Und in den Regionen, in denen PP und Vox gemeinsam regieren,
kürzen sie im Bildungs- und Gesundheitswesen. Nicht die Einwanderer,
sondern diese Sparpolitik hat Schuld daran, dass die Sozialsysteme
überfordert sind.
19 Dec 2025
## LINKS
[1] /Spaniens-Rechte/!5994623
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[3] /Antirechts-ist-nicht-genug/!6091711/
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
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