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# taz.de -- Blätter-Entsorgung in Hamburg: Abzocke bei Laubsäcken
> Fast eine halbe Million gelbe Säcke verteilt die Stadt im Herbst, damit
> Anwohner welke Blätter entsorgen. Eine Abfallexpertin moniert den
> Plastikeinsatz.
Bild: Schön und arbeitsintensiv: ein Meer aus Laub vorm Haus
Wie in jedem Herbst verkündete Hamburgs Senat jüngst wieder die Erhöhung
von allerlei Gebühren fürs kommende Jahr. Ins Auge stach diesmal die
Preissteigerung für Hamburgs Laubsäcke. Statt einem Euro sollen die
Plastikbeutel für zusammengeharkte Blätter im neuen Jahr 2,40 Euro kosten –
das sind satte 140 Prozent mehr.
Ist dieser vor allem von Hausbesitzern eingeübte Brauch, jeden Herbst die
[1][herabfallenden Blätter] in diese gelben Tüten zu stopfen, die an den
Straßenrand gestellt alle paar Tage von der Stadtreinigung abgeholt werden,
also nicht mehr erwünscht? Die [2][Stadtreinigung] verneint. „Um einen
Steuerungseffekt geht es uns bei der Gebührenanhebung nicht“, sagt deren
Sprecher Johann Gerner-Beuerle. „Fakt ist, dass die Personalkosten und
Materialkosten gestiegen sind.“ Lange Zeit habe die Stadtreinigung
versucht, dies anders zu kompensieren und sei bei einem Euro pro Sack
geblieben. „Aber nun müssen wir den Schritt einmal machen.“
Noch bis zur Woche vom 9. bis 18. Dezember geht die diesjährige
Abholsaison. Alle zwei Wochen kommt ein Lastauto der Stadtreinigung vorbei
und sammelt die meist an den Gartenmauern lehnenden Säcke ein. Sie kommen
dann in die Kompostieranlage eines privaten Anbieters, der daraus
Gartenkompost herstellt. Die Säcke selber werden von Greifarmen entfernt
und verbrannt.
20.000 Tonnen Laub entfernt allein die Stadt
Grundsätzlich empfehle man auch, das Laub im Garten liegenzulassen oder
selber zu [3][kompostieren], sagt Gerner-Beuerle. Doch dort, wo es der
Verkehrssicherheit dient, muss das Laub entfernt werden, weil es sonst
matscht. „Nasses Laub erhöht die Rutschgefahr und kann die Entwässerung
behindern“, teilte die Stadtreinigung zu Beginn der Laubsaison mit. Deshalb
seien 589 Mitarbeitende unterwegs, um die rund 20.000 Tonnen städtischen
Laubs mit Kehrmaschinen, Besen und elektrischen Laubbläsern „effizient und
umweltfreundlich“ zu entfernen. Das betreffe insgesamt 3.334 Kilometer
Fußwege, 7.842 Kilometer Fahrbahnen und ein 276 Kilometer langes Netz aus
Radwegen.
Doch [4][Grundstückseigentümer] sind in der Regel selber für die Reinigung
des Fuß- und Radwegs vor ihrem Anwesen verantwortlich. Keineswegs in
Ordnung sei es, das Laub auf die Straße zu kehren. „Das geht gar nicht“,
mahnt die Stadtreinigung. Denn wer Laub in den Rinnstein fegt, verstopft
Abläufe und verursacht Überschwemmungen und voll gelaufene Keller. Ihm
droht ein Bußgeld von mindestens 60 Euro.
Gebührenfrei können die Hamburger ihr Laub an den zwölf Recyclinghöfen
abgeben. Aber das muss man ja irgendwie dorthin bekommen. Deshalb bietet
sich dieser Laubsack an, der 100 Liter fasst und bei diesen Höfen und
exklusiv in Budnikowsky-Drogerien zu kaufen ist – dort oft nur auf
Nachfrage an der Kasse. Etwa 450.000 Säcke, also fast eine halbe Million,
hat die Stadtreinigung diesen Herbst verkauft.
Etwas verwundert über diese Praxis ist die [5][Abfallberaterin Susan
Rößner]. Sie wohne erst kurz in Hamburg und habe das bis dato nicht
gekannt, schreibt Rößner in ihrem Blog. Und zur taz sagt sie: „Es ist für
mich ein Widerspruch, ein Naturprodukt in Plastiksäcke zu tun und für die
Entsorgung eine riesige Logistik zu schaffen.“ Dies sei aber „typisch für
unsere Zeit“.
## Gittterboxen als zu teuer verworfen
Rößner hat einen Sack gewogen und kam bei 72 Gramm zu dem Ergebnis, dass in
Hamburg bei 500.000 Laubsäcken pro Jahr 35 Tonnen Plastik anfallen. Das
gebe es aber wohl auch in Hannover, Kiel, Leipzig und Berlin. Auch wenn das
Plastik in der [6][Müllverbrennungsanlage] noch Wärme erzeuge, sei es
besser, das Laub auf dem Grundstück zu kompostieren. Denn in den Säcken
gingen auch Kleintiere zugrunde.
Rößner löcherte die Stadtreinigung mit Fragen. Sie wollte wissen, warum man
nicht wie in den Niederlanden einfach große Laubkörbe aus Draht aufstellt.
Die Antwort lautet, die Stadt habe die Aufstellung von Gitterboxen und
Körben diskutiert, sie aber aus „logistischen und finanziellen Gründen“
verworfen. Unter anderem bestehe die Gefahr von „Fehlwürfen“, sprich, dass
nicht Blätter darin landen.
„Wir wollen da Kunststoff einsparen, wo es möglich und sinnvoll ist“, sagt
Stadtreinigungs-Sprecher Gerner-Beuerle zur taz. Die Laubsäcke aus
recycletem [7][Polyethylen] seien nachhaltiger als die aus Papier oder
Jute. Als Vorteil der Säcke gilt auch, dass verpacktes Laub nicht wegweht
und später abgeholt werden kann.
## Fahrbare Laubboxen im Testbetrieb
Als eine Lösung für weniger Plastikverbrauch bietet Hamburg allerdings seit
diesem Herbst große Laubboxen auf Rädern für Privathaushalte an, die so
viel Laub wie 8 Säcke fassen und achtmal im Herbst geleert werden. Mit
154,48 Euro „pro Saison“ schienen sie jedoch viel teurer. Bisher wurden nur
knapp 300 Tonnen bestellt, es handle sich bisher um ein kleines Projekt,
sagt Gerner-Beuerle. „Wir hoffen, dass es sich rumspricht und besser
angenommen wird“, sagt er.
Mit der höheren Gebühr von 2,40 Euro für den Plastiksack spricht zumindest
für Pfennigfuchser nichts mehr dagegen, da 154 Euro geteilt durch 8 mal 8
Laubsäcke just 2,40 Euro ergibt.
Susan Rößner, die auch in der [8][Umweltbildung] tätig ist, sagt, „ich
finde die Preissteigerung nicht schlecht“. Hamburg könnte auf die Säcke
aber ganz verzichten. „Früher ging es ja ohne sie“.
13 Dec 2025
## LINKS
[1] /Gedanken-zum-Herbstlaub/!5254510
[2] https://www.stadtreinigung.hamburg/
[3] /Temporaeres-Gartenprojekt/!5569211
[4] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/laub-fegen-das-gilt-fuer-eigentueme…
[5] https://susan-roessner.de/35-tonnen-plastikmuell-durch-hamburger-laubsaecke…
[6] /Energiewende-in-Hamburg/!5936324
[7] /Mikroplastik-verseucht-die-Natur/!5485504
[8] /Lehrer-Verein-fuer-mehr-Umweltbildung/!5840363
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Hamburg
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