| # taz.de -- Proteste gegen Magdeburger Theaterstück: Theater Magdeburg sieht r… | |
| > Rechte Demonstrierende wollen ein Theaterstück zum Anschlag auf den | |
| > Weihnachtsmarkt verhindern. Das Stück befindet sich noch in der | |
| > Konzeptionsphase. | |
| Bild: Das Magdeburger Opernhaus ist eines von mehreren Standorten des Vierspart… | |
| „3 Minuten“ lautet der Arbeitstitel eines Stückes, dessen Konzeption das | |
| Theater Magdeburg in Auftrag gegeben hat. Ziel sei es, so das Theater, | |
| einen Raum zur Aufarbeitung der [1][Amokfahrt auf dem Magdeburger | |
| Weihnachtsmarkt] am 20. Dezember 2024 mit sechs Toten zu schaffen. Am 23. | |
| Mai 2026 soll die Premiere stattfinden. Dagegen fand am 9. November eine | |
| Demonstration statt, es wurde aufgerufen, das Theaterstück zu verhindern. | |
| Das Theater sieht einen Angriff auf die Kunstfreiheit. Am Stück wolle man | |
| festhalten. | |
| Zwischen 50 und 100 Personen versammelten sich am 9. November vor dem | |
| Magdeburger Opernhaus, einem der beiden Standorte [2][des Theaters in der | |
| Magdeburger Innenstadt]. Im Gebäude sitzen auch Verwaltung und Intendanz | |
| des Theaters des Jahres der Spielzeit 2024/25. | |
| Ein Video aus dem Umfeld des Theaters, das der taz vorliegt, zeigt die | |
| Versammlung vor dem Gebäude. Ein Redner ruft dazu auf, die Stimme zu | |
| erheben, „gegen das Theaterstück, gegen deutschlandhassende Ideologie“. In | |
| einem Demoaufruf in den sozialen Medien heißt es, eine Verarbeitung des | |
| Anschlags durch ein Theaterstück sei „makaber“ und „pietätlos“. | |
| Es wird außerdem kritisiert, dass das Theater sich am Leid der Opfer | |
| kommerziell bereichern wolle. Dem Theater zufolge waren einschlägige rechte | |
| Gruppierungen an der Demonstration beteiligt. Laut Theater seien | |
| Veranstaltungen gestört und Besucher*innen beschimpft worden. | |
| ## Nicht tolerierbar | |
| „Es geht nicht darum, sofort die Kunstfreiheit ins Feld zu führen, wenn es | |
| Kritik gibt“, sagt Bastian Lomsché, Schauspieldirektor und Chefdramaturg | |
| des Theaters, im Gespräch mit der taz. „Aber wenn gesagt wird, man möchte | |
| ein Theaterstück, das es noch nicht einmal gibt, mit allen Mitteln | |
| verhindern, dann ist das nicht tolerierbar.“ | |
| Gleich nach dem Anschlag kurz vor Weihnachten 2024 habe man Räume zur | |
| Verfügung gestellt und ein Gedenkkonzert organisiert. Man wollte aber auch | |
| mit den eigenen Mitteln des Theaters in die Beschäftigung mit der Gewalttat | |
| kommen und einen Raum für Auseinandersetzung schaffen. | |
| „Wir wissen nicht, wie das geht, für so etwas gibt es keine Blaupause“, | |
| sagt Lomsché, „aber wir glauben daran, dass man das nicht aussparen kann.“ | |
| Um das Projekt auf „sichere Beine zu stellen“, holte man Anfang des Jahres | |
| den [3][Regisseur Sebastian Nübling] und den Autor Kevin Rittberger an | |
| Bord. Beide leben nicht in Magdeburg. | |
| ## Mehrmonatige Recherche in der Stadt | |
| Rittberger recherchierte mehrere Monate in der Stadt, führte zahlreiche | |
| Gespräche. Im Januar ist eine erste Besprechung des Stückes geplant. Bis | |
| dahin lasse man den Autor in Ruhe arbeiten. Wie genau Rittbergers | |
| künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema aussehen wird, wisse man | |
| noch nicht. | |
| Sicher sei hingegen, dass der Anschlag selbst nicht Gegenstand der | |
| Inszenierung sein wird. Man verstehe die Kritik am Arbeitstitel „3 | |
| Minuten“, da dieser impliziere, die Gewalttat werde auf der Bühne | |
| nachgestellt. Der offizielle Titel werde anders lauten. Drei Minuten | |
| dauerte die Todesfahrt des Täters, [4][gegen den kürzlich der Prozess | |
| begann.] | |
| Dass man sich an dem furchtbaren Ereignis bereichern wolle, weist Julien | |
| Chavaz, Generalintendant des Theaters, zurück: „Es kostet uns Geld, Theater | |
| zu machen. Es gibt Einnahmen, aber die decken vielleicht zehn Prozent der | |
| Kosten jeder Inszenierung.“ Den Vorwürfen läge ein „falsches | |
| Theaterverständnis“ zugrunde. | |
| Angst habe man ob der offenen Drohungen der Demonstrierenden nicht, | |
| beteuern Lomsché und Chavaz. „Wenn wir sowas hören, müssen wir aber | |
| Logistik betreiben, um unsere etwa 440 Arbeitnehmer zu schützen“, so | |
| Chavaz. | |
| Auch der Vater des beim Anschlag getöteten 9-jährigen André nahm an der | |
| Demonstration teil. „Wir haben absolutes Mitgefühl, er hat alles Recht der | |
| Welt, sich so zu positionieren und zu äußern“, sagt Lomsché. Man stehe auch | |
| mit der Mutter des Jungen in Kontakt, ein Treffen ist geplant. Jetzt gehe | |
| es darum, in den Dialog zu kommen und Missverständnisse auszuräumen. | |
| 1 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Birger Stepputtis | |
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