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# taz.de -- Präsidentschaftswahlen an der TU Berlin: Viel Rauch um nix
> Am Mittwoch entscheidet sich, wie die Universität mit existenzbedrohenden
> Kürzungen umgehen wird. Aus der Politik steigt der Druck auf
> Amtsinhaberin Rauch.
Bild: Immer wieder im Mittelpunkt der Kontroverse: TU-Präsidentin Geraldine Ra…
Mediale Shitstorms, Rücktrittsforderungen, Antisemitismusvorwürfe und ein
SPD-Spitzenkandidat, der eine Uni-Präsidentin als „Belastung“ bezeichnet:
Selten hat eine hochschulpolitische Entscheidung in Berlin für so viel
Wirbel gesorgt wie die Präsidentschaftswahlen an der Technischen
Universität Berlin (TU). Die Gründe dafür liegen womöglich weniger in der
vermeintlichen pro-palästinensischen Haltung der amtierenden Präsidentin
Geraldine Rauch als in ihrem vehementen Widerstand gegen die
Kürzungspolitik.
Am Mittwoch entscheidet der akademische Senat der Technischen Universität
Berlin, ob die Präsidentin Geraldine Rauch im Amt bleiben wird oder eine:r
der vier Mitbewerber:innen ihre Nachfolge antritt. Die 43-jährige
Mathematikerin gilt als Deutschlands bekannteste Hochschulpräsidentin. Ihr
für universitäre Leitungspositionen junges Alter sowie ihre klare
politische Haltung gegen Diskriminierung und Sexismus weckten Hoffnung für
einen Wandel in der verstaubten Unikultur.
Die größte Herausforderung, vor der der oder die neue Amtsinhaber:in
stehen wird, ist vor allem der Umgang mit den existenzbedrohenden
Kürzungen, die der Hochschule bevorstehen. In diesem Punkt gibt es bei den
Kandidat:innen erhebliche Unterschiede. Die Herausforderin und
amtierende Vize-Präsidentin und Informatikerin Fatma Deniz will vor allem
auf Effizienzsteigerung und Digitalisierung setzen. So müssten Studiengänge
konsolidiert und Dopplungen im Lehrangebot vermieden werden. In ihrem
Wahlprogramm schreibt sie, dass durch Industriekooperationen und eine
stärkere wirtschaftliche Orientierung neue Einnahmequellen erschlossen
werden sollten.
Bewerberin Steffi Knorn, Professorin für Verfahrenstechnik, wirbt für eine
„wertebasierte Priorisierung“ der knappen Uni-Ressourcen. Was genau diese
Werte sind, soll in einem gemeinsamen Prozess herausgefunden werden.
## Widerstand statt Arrangement
„Wir müssen weiter in den Widerstand gehen“, kündigte hingegen die
amtierende Präsidentin Rauch [1][auf einer Diskussionsveranstaltung am
vergangenen Donnerstag an]. Die Kürzungen von 66 Millionen Euro bis 2028,
fast ein Sechstel des Uni-Budgets, seien nicht einfach durch die
vorgeschlagenen Optimierungsmaßnahmen ihrer Mitbewerber:innen
aufzufangen, kritisiert Rauch. „Mit diesen Zahlen ist keine gute
Entwicklung der Qualität der Lehre zu erreichen.“
Neben den TU-internen Kandidatinnen Rauch, Knorn und Deniz kandidieren mit
dem Ingenieur Urs Peuker und dem Ökonomen Tim Stuchtey auch zwei externe
Bewerber. Doch Insider rechnen den beiden nur geringe Chancen aus.
[2][Rauchs entschiedene Haltungen gegen die Kürzungspolitik] des Senats
brachte ihr auch viel Respekt aus der Studierendenschaft ein. „Viele
versprechen sich von Rauch, dass sie gegen die Kürzungspolitik kämpft“,
sagt Gabriele Tiedje, studentisches Mitglied des akademischen Senats. Die
anderen Kandidat:innen machten eher den Eindruck, als seien die
Kürzungen etwas, womit man sich jetzt arrangieren müsse.
„Rauch hat die Kürzungen immer kritisiert und sich nicht mit den
politischen Verhältnissen arrangiert“, sagt Tobias Schulze,
wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Von daher stehe Rauch
„massiv unter Druck“. Unter Druck von der Politik steht Rauch vor allem
wegen ihrer vermeintlich pro-palästinensischen Positionen.
SPD-Spitzenkandidat Stefan Krach, der von 2014 bis 2021 Staatssekretär für
Wissenschaft war, sagte Ende Oktober über Rauch: „Die Präsidentin wird mehr
und mehr zur Belastung für die Technische Universität und den
Innovationsstandort Berlin.“
## Antisemitismusvorwürfe
Anlass war, dass Rauch eine Veranstaltung einer jüdisch-kurdischen
Fraueninitiative wegen angeblicher Muslimfeindlichkeit kritisierte. Auch
der langjährige Wissenschaftsexperte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus
und nunmehrige Bundestagsabgeordnete Adrian Grasse lehnte Rauchs Vorgehen
ab und nannte es „inakzeptabel“. Grasse hatte die TU-Präsidentin schon im
Mai 2024 scharf kritisiert. [3][Damals hatte Rauch im Internet
antisemitische Meinungsäußerungen mit „Gefällt mir“ markiert.] Rauch bli…
im Amt, nachdem der Aufsichtsrat der TU sich gegen eine Rücktrittsforderung
oder eine Empfehlung zur Abwahl ausgesprochen hatte.
Äußerungen, wie jüngst von SPD-Spitzenkandidat Krach, kritisiert Schulze
daher scharf. „Die Politik hat sich da nicht einzumischen.“ Doch die
Einmischung der Politik erfolgt nicht nur [4][über Antisemitismusvorwürfe],
sondern auch über das Wahlverfahren der TU. Das Präsidium der TU wird vom
erweiterten akademischen Senat gewählt, einem Gremium, in dem die
Professor:innenschaft mit 31 Plätzen die Mehrheit bildet.
Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, Studierende und Angestellte in Service
und Verwaltung bekommen jeweils 10 Plätze. Mit einem Beschluss wollte die
TU das Verfahren demokratisieren und mit 15 Stimmen pro Fraktion neu
aufteilen.
Doch wegen angeblich verfassungsrechtlicher Bedenken befindet sich das neue
Verfahren seit Monaten bei der Wissenschaftssenatsverwaltung in der
Prüfung. Daher wird am Mittwoch nach dem alten Verfahren gewählt; ein
Vorteil für Rauchs Mitbewerber:innen, die mehr Befürworter:innen in
der Professor:innenschaft haben.
Eine politische Verschleppung der Prüfung eines Wahlverfahrens wies
Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) zurück: „Es gibt an der Stelle
verfassungsrechtliche Probleme, denen wir Rechnung tragen müssen.“
[5][Rauch selbst kritisierte die Politisierung des TU-Wahlkampfs von Außen
in einem Gastbeitrag der Frankfurter Rundschau] scharf: „Das Vorgehen hat
erschreckende Parallelen zu den Angriffen auf die Universitäten in den
USA“, schreibt Rauch, „Die Neutralität der Hochschulen ist längst zum
Spielball politischer und medialer Mächte geworden.“
25 Nov 2025
## LINKS
[1] https://www.tu.berlin/themen/wahlportal-2025-der-tu-berlin#c2622265
[2] /TU-Praesidentin-ueber-Berlins-Sparzwang/!6071647
[3] /TU-Berlin-Praesidentin-Geraldine-Rauch/!6012094
[4] /Debatte-um-Antisemitismus-an-Hochschulen/!6124591
[5] https://www.fr.de/politik/wahlkampf-an-der-universitaet-ein-lehrstueck-uebe…
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
Stefan Alberti
## TAGS
Hochschulpolitik
Kürzungen
Technische Universität Berlin
Technische Universität Berlin
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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