| # taz.de -- Queeres Metalfestival in Wien: Bangen, bis der Arzt kommt | |
| > Für Elfen gibt es Spieltische. Am Wochenende fand das queere | |
| > Metalfestival „Loud and Proud“ erstmals im Wiener Club Flucc statt. Mit | |
| > vollem Erfolg. | |
| Bild: Live auf der Bühne: Takiaya Reed von der Band Divide & Dissolve in Kopen… | |
| Im Musikvideo zu ihrem Song „Resistance“ besprühen die beiden Mitglieder | |
| des australischen Doom-Metal-Duos Divide & Dissolve Denkmäler von | |
| prominenten Figuren der britischen Kolonialzeit mit Urin. Am vergangenen | |
| Wochenende sind Divide & Dissolve Headliner des Festivals „Loud and Proud“, | |
| das zum ersten Mal überhaupt in Wien stattfindet. | |
| Organisiert vom Kollektiv „Heavy Lezzers“, legt die zweitägige | |
| Veranstaltung im Club Flucc ihren Fokus auf Vielfalt: Eingeladen sind vor | |
| allem jene, die sich im Metalgenre als Zuschauer:Innen bislang noch | |
| nicht zu Hause gefühlt haben. Auf der Bühne stehen queere Metalbands mit | |
| ungewöhnlicher Besetzung und unkonventionellen Perspektiven im Mittelpunkt. | |
| Divide & Dissolve etwa thematisieren immer wieder [1][die zum Teil | |
| unaufgearbeitete Kolonialgeschichte]. „Das gibt es im Mainstream-Metal fast | |
| gar nicht“, sagt Corinna, Teil des Veranstaltungsteams. Sie gründete das | |
| Kollektiv „Heavy Lezzers“ im Jahr 2017, um mehr Berührungspunkten zwischen | |
| der queeren Community und der Metalszene zu schaffen: [2][„Es gibt schon | |
| genug Heavy Metal, der von Cis-Männern dominiert ist.“] | |
| ## Wunsch nach Eskapismus | |
| Dabei gibt es zwischen queerer Szene und Heavy-Metal-Künstler:Innen | |
| zahlreiche Überschneidungen: politische Haltung, lautes Auftreten, der | |
| Wunsch nach Eskapismus und ein Ausdruck von individueller Identität. Bei | |
| der Auswahl der Bands für das Festival war Corinna besonders wichtig, dass | |
| die Eingeladenen ihre Plattform nutzen: [3][Heavy Metal als Genre habe | |
| „extrem viel Potenzial, um zu empowern“, erklärt die junge Frau.] | |
| Und nennt klassische Songs wie „Never Surrender“ von Saxon und „Breaking | |
| the Law“ von Judas Priest, die viele kennen. Trotzdem werde Heavy Metal oft | |
| einseitig als düster, pessimistisch und sogar gefährlich wahrgenommen. | |
| Klar, in Teilen der Hard- und Heavy-Szene gibt es leider Fans, die die | |
| Musik als Vehikel für homophobes, antisemitisches und rechtsextremes | |
| Gedankengut nutzen, beim Festival „Loud and Proud“ gibt es das hingegen | |
| nicht. | |
| Es hat deshalb bewusst Bands eingeladen, die sich gegen totalitäre | |
| Weltanschauungen positionieren. Alle auftretenden Künstler:Innen stellen | |
| zwar Härte dar, tun dies aber abseits hegemonialer Strukturen. Wie das | |
| wirkt? In Wien lebt das etwa die Bassistin der norwegischen Band Witch Club | |
| Satan vor: Sie war bis vor Kurzem hochschwanger, hat Zwillinge zur Welt | |
| gebracht und tourt und headbangt bereits wieder auf der Bühne. „So stelle | |
| ich mir hart und heavy vor“, sagt Corinna. | |
| ## Ein Leuchtfeuer befreiter Identität | |
| Erklimmt man die Stufen von der Bühne in den ersten Stock des Clubs, taucht | |
| man in eine Dragszenerie ein. Crossdressing gibt es in der Metal-Community | |
| seit jeher. Ob Dragshow oder Metalkonzert: Inszenierung und Styling stehen | |
| bei beiden im Vordergrund. Egal, ob ein „Wizard“ oder „Dragon“ aus einem | |
| Heavy-Metal-Songtext oder eben ein Leuchtfeuer befreiter Gender-Identität. | |
| „Man kann einfach alles sein“, erklärt Susie Flowers, Gründerin des Wiener | |
| „Hauses of Rausch“. Das queere Kollektiv zeichnet für die Dragshows am | |
| „Loud and Proud“-Festival verantwortlich. Seine Zusammenstellung der | |
| Performances sei ein Best-off der Wiener Dragszene: „Und die kann sich echt | |
| sehen lassen“, heißt es. | |
| Apropos Zauberer und Mystik: Zusätzlich zu Konzerten und Dragshows wird in | |
| einer eigenen Game-Area auch das Rollenspiel „Dungeons & Dragons“ gespielt. | |
| Fantasy-Fans schlüpfen in die Rollen von Elfen, Halb-Orks und Zwergen. | |
| Neben den Spieltischen laden Rückzugsorte zum Plausch ein. | |
| ## Entertainment und Erbauung | |
| Unterhaltung und Erbauung, beim Festival „Loud and Proud“ findet alles | |
| gleichzeitig statt, nach dem Vorbild des „Muskelrock“-Festivals in | |
| Schweden. Die „Heavy Lezzers“ vernetzen nun auch in Wien Angehörige der | |
| Queer-Community mit geistesverwandten Freaks und Metalfans aller | |
| Jackengruppen und Generationen. | |
| Der Wunsch nach so einem visionären Ort spiegelt sich auch in der | |
| Nachfrage. Kurz vor Beginn des Festivals ist es bereits restlos | |
| ausverkauft, die Veranstalterinnen bekommen zahlreiche weitere Anfragen für | |
| Tickets. Kein Wunder: Das internationale Line-up ist mit Expertise | |
| zusammengestellt, die Stimmung dementsprechend ausgelassen. Die | |
| Veranstalterinnen erklären voller Stolz: „Wir sind es allen, die auf dieses | |
| Festival gewartet haben, schuldig.“ | |
| 25 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Band-aus-Kenia-darf-nicht-einreisen/!6118241 | |
| [2] /Roadburn-in-Niederlanden/!6007990 | |
| [3] /Subkultur-Heavy-Metal/!6102565 | |
| ## AUTOREN | |
| Helene Slancar | |
| ## TAGS | |
| Heavy Metal | |
| Festival | |
| Wien | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| GNS | |
| Musik | |
| Musik | |
| Festival | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Band aus Kenia darf nicht einreisen: Unter Generalverdacht | |
| Die Blackmetalband Chovu aus Kenia musste ihre Europatour absagen, weil die | |
| Deutsche Botschaft ihre Visaanträge ablehnte. Die Kulturszene kennt das | |
| Problem. | |
| Subkultur Heavy Metal: Autoritäten die Köpfe abbeißen | |
| Wie hart bangt Metal im Globalen Süden? Beeindruckende Beispiele aus | |
| Indonesien, Brasilien, Togo und Kuba beweisen das subversive Potenzial des | |
| Genres. | |
| „Roadburn“ in Niederlanden: Das etwas andere Metal-Festival | |
| Viele verbinden Metal mit grölenden Männergruppen. Das „Roadburn Festival“ | |
| im holländischen Tilburg zeigt, dass es auch anders geht. |