| # taz.de -- Eklat in Benin-Stadt: König als Hüter der Kulturschätze? | |
| > Protestierende verhindern die Eröffnung des neuen westafrikanischen | |
| > Kunstmuseums in Benin-Stadt. Und was ist eigentlich mit den | |
| > Benin-Bronzen? | |
| Bild: Je nach Perspektive: Gäste beobachten, wie Demonstranten die Eröffnung … | |
| Ein bisschen Baustelle konnte man auf dem matt in der Hitze schimmernden | |
| Gelände des MoWAA, Museum of West African Art in Benin-Stadt, Nigeria, noch | |
| erkennen, als sich am Samstag die ersten Gäste darauf einfanden. Auf den | |
| Gesichtern glänzte großes Glück, das Programm war vollgestopft mit Talks | |
| und Veranstaltungen, Touren durch Künstlerstudios der Stadt und natürlich | |
| durch das neue Museumsgebäude. Der markante, flache Bau mit seiner | |
| durchgehend lehmfarbenen Fassade war 2020 vom prominenten in Tansania | |
| geborenen, britischen Architekten Sir David Adjaye entworfen worden. Der | |
| stürzte aber über einen #Metoo-Fall so tief, dass sein Name am | |
| Eröffnungstag des ohne Frage beeindruckenden Weltklasse-Museums nur noch | |
| eine Randnotiz ist. | |
| Doch es sollte noch ganz anders kommen. Als die Direktorin des | |
| MoWAA-Instituts, Ore Disu, gerade ihre Eröffnungsrede halten wollte, wurde | |
| die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Protestierende waren | |
| auf das Gelände eingedrungen. Eine kleine Gruppe aggressiv auftretender | |
| Männer demolierte den Außenbereich. Teilnehmende der | |
| Eröffnungsveranstaltung und Museumsangehörige wurden nach mehreren Stunden | |
| durch den Hintereingang vom Gelände gebracht, die Eröffnung musste abgesagt | |
| werden. Laut Museum handelte es sich bei den Protestierenden um Anhänger | |
| des Oba von Benin, Ewuare II. Der betrachte das MoWAA als Affront gegen die | |
| königliche Familie. | |
| 2020 als unabhängige, gemeinnützige Institution konzipiert, versteht sich | |
| das vom nigerianischen Juristen Phillip Ihenacho geleitete Museum nicht nur | |
| als Ausstellungsort, sondern als Zentrum für Forschung, Konservierung und | |
| Bildung. Ursprünglich sollten dort auch Skulpturen und andere Artefakte | |
| aufbewahrt werden, die aus westlichen Museen nach Nigeria restituiert | |
| werden – darunter auch die 1887 von britischen Kolonialtruppen geraubten | |
| Benin-Bronzen. | |
| Als Forschungszentrum spielte das neu gegründete Museum in Benin-Stadt auch | |
| eine große argumentative Rolle in der Restitutionsdebatte. Nach langen | |
| Rückgabeforderungen und ersten Zusagen aus Europa – [1][2022 übereignete | |
| etwa die Stiftung Preußischer Kulturbesitz 512 Werke ihrer Sammlung an den | |
| Staat Nigeria] – erklärte der Oba von Benin, Ewuare II, die Bronzen 2023 zu | |
| königlichem Eigentum. Sie sollen künftig in einem eigenen Palastmuseum | |
| gezeigt werden. [2][Seither muss sich das MoWAA neu definieren] und legte | |
| seinen Schwerpunkt vermehrt auf Ausbildung, transafrikanische Kooperationen | |
| und zeitgenössische Kunst. | |
| Nun forderte der Oba vor wenigen Tagen die Anerkennung des MoWAA als „Benin | |
| Royal Museum“. Das Haus sei ursprünglich unter seiner Autorität entstanden; | |
| die Umbenennung zu MoWAA untergrabe die rechtmäßige Rolle des Königreichs | |
| als Hüter seiner Kulturschätze. In Nigeria ist das kulturelle Erbe | |
| untrennbar mit der Monarchie verbunden – der Palast des Oba gilt als | |
| spiritueller Hort der Kultur. Viele Einwohner:innen unterstützen den | |
| Oba und argumentieren, dass zurückgegebene Artefakte unter königlicher | |
| Aufsicht bewahrt werden müssen. Der Konflikt bleibt ungelöst. | |
| Kritiker, darunter Künstler:innen und Wissenschaftler:innen, befürchten, | |
| dass nun die Unabhängigkeit und internationale Reputation des Museums | |
| gefährdet sein könnte. „Wie nur soll die Welt jetzt sehen, was wir hier | |
| geschafft haben? Wer wird jetzt noch kommen wollen? Es ist eine Schande“, | |
| so eine Mitarbeiterin des Museums. Am Sonntagabend gab das MoWAA bekannt, | |
| dass das Museum bis auf Weiteres geschlossen bleiben wird. | |
| 10 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rueckgabe-von-Raubkunst/!5900772 | |
| [2] /Nigerianische-Kunst-in-Venedig/!6030713 | |
| ## AUTOREN | |
| Hilka Dirks | |
| ## TAGS | |
| Restitution | |
| Nigeria | |
| Benin | |
| Schwerpunkt Kunst und Kolonialismus | |
| wochentaz | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Schwerpunkt Kunst und Kolonialismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Restituierte „Benin-Bronzen“: Protest gegen Rückgabe an Nigeria | |
| Das Herrscherhaus in Benin war massiv am Sklavenhandel beteiligt. Dennoch | |
| restituiert die Bundesrepublik Kunstobjekte vorbehaltlos an Nigeria. | |
| Literaturwissenschaftler über Kolonialismus: „Keine Perspektive vergessen“ | |
| Das Erinnerungskonzept zum Kolonialismus für Berlin muss aus der kritischen | |
| Zivilgesellschaft kommen. Das sagt Literaturwissenschaftler Ibou Diop. | |
| Rückgabe von Benin-Bronzen: Die Schätze sind nur noch geliehen | |
| Die größte deutsche Sammlung an Benin-Bronzen gehört nun offiziell Nigeria. | |
| Aber Berlin darf ein Drittel als Leihgaben behalten. |