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# taz.de -- Zukunft des BSW: Sahra Wagenknecht schmeißt Parteivorsitz hin
> Die BSW-Frontfrau will künftig nur noch Chefin der Grundwertekommission
> ihrer Partei sein. Als ihr Nachfolger ist der EU-Abgeordnete De Masi
> gesetzt.
Bild: „Politik aus einem Guss“: BSW-Noch-Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht hat keine Lust mehr auf die Niederungen des
„innerparteilichen Managements“. Am Montag erklärte die Gründerin und
Chefin des – noch – nach ihr benannten Bündnisses Sahra Wagenknecht, nicht
länger für den Vorsitz ihrer Partei zur Verfügung stehen zu wollen.
„Ich habe diese Arbeit sehr gern gemacht“, sagte Wagenknecht vor
Journalist:innen in Berlin. Nun sei es aber an der Zeit, „die Arbeit
besser aufzuteilen“. Ihre Nachfolge an der BSW-Spitze ist schon geregelt:
Neuer Parteivorsitzender neben der bisherigen und auch künftigen Co-Chefin
Amira Mohamed Ali soll der Europaabgeordnete Fabio De Masi werden.
Wagenknecht will sich im Gegenzug als Kopf einer noch zu gründenden
Grundwertekommission des BSW jetzt vor allem um die „strategische und
inhaltliche Arbeit“ und „Politik aus einem Guss“ kümmern. Was aus ihrer
Sicht auch dringend nötig ist. Schließlich sei das Profil der Partei „für
viele Wähler ja nicht mehr so klar zu erkennen“.
Mit ihrem Auftritt beendete die 56-Jährige jüngste Spekulationen, sie werde
sich komplett aus dem [1][Geschäft der schwächelnden Partei] zurückziehen.
Immer wieder machte der Titel „Ehrenvorsitzende“ die Runde. Nun ist klar:
Eine BSW-Frühstücksdirektorin Wagenknecht wird es nicht geben. Als Chefin
über die Grundwerte kann sie weiter ins Parteipräsidium reinregieren. Oder
wie Wagenknecht es formuliert: die neue Parteispitze „sehr engagiert weiter
unterstützen“.
## Endlich mal wieder etwas Aufmerksamkeit
Immerhin verschafften ihr die Diskussionen um ihre Zukunft und die ihrer
Partei mal wieder gesteigerte Aufmerksamkeit. Denn auch das ist klar: Das
Interesse der Öffentlichkeit an Wagenknecht und dem BSW ist seit geraumer
Zeit stark rückläufig. In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ beschwerte sich
die Parteigründerin zuletzt, sie werde vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk
gar nicht mehr eingeladen. „Seit der Bundestagswahl werden wir massiv
ausgegrenzt“, behauptete sie.
Dabei hatte sie selbst schon vor der Wahl im Februar erkannt: „Wer nicht im
Bundestag ist, ist in der deutschen Politik kein relevanter Faktor.“ Genau
so ist es gekommen. Das BSW scheiterte knapp an der Fünfprozenthürde. In
einigen Wahlkreisen wurde das Ergebnis dann zwar nachträglich noch etwas
nach oben korrigiert. Trotzdem fehlten am Ende 9.500 Stimmen für den Einzug
in den Bundestag.
Wagenknecht ist überzeugt, dass da noch mehr zu holen sein muss. Auch am
Montag forderte sie, was sie schon seit Monaten fordert: Angesichts
„offenkundiger und systematischer Zählfehler zulasten des BSW“ brauche es
eine flächendeckende Neuauszählung aller Stimmen. Dann, so die Erwartung,
werde die Partei auch wieder im Bundestag sitzen – mit ihr als
Fraktionsvorsitzender. Darauf freue sie sich „schon jetzt“.
Umso nachdrücklicher schießt sich das BSW auf den Wahlprüfungsausschuss des
Bundestages ein. Der hätte schon längst über die Einwände der Partei
entscheiden müssen, unfair sei das alles und eine Beschädigung der
Demokratie, klagen Wagenknecht und ihre Getreuen. „Wir brauchen eine Reform
des Wahlprüfungsrechts“, erklärte der künftige Parteichef Fabio De Masi bei
seiner Vorstellung am Montag.
## Partei in der Krise
Es ist gut möglich, dass der Wahlprüfungsausschuss schon bei seiner
nächsten Sitzung – eventuell an diesem Donnerstag – eine Empfehlung
ausspricht, die dann wiederum zügig im Plenum des Bundestags verhandelt
wird. Das Problem für das BSW: Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass man
sich spätestens an dieser Stelle gegen eine Neuauszählung stellt.
Wagenknecht und De Masi bekräftigten nun erneut, in diesem Fall [2][vor das
Bundesverfassungsgericht zu ziehen]. Doch auch hier heißt es: Ausgang
ungewiss.
Unterdessen hat Wagenknechts Projekt nicht nur mit einer zurückgehenden
Schlagzahl bei Talkshow-Auftritten zu kämpfen, sondern generell mit
sinkendem Zuspruch. In Umfragen dümpelt die noch vor einem Jahr
außerordentlich erfolgreiche Neugründung bei 3 bis 4 Prozent herum. „Das
stellt uns nicht zufrieden“, mahnte die Grundwertechefin in spe jetzt noch
einmal.
Von sich reden macht die Partei vor allem durch interne Querelen in und
Querschüsse aus den Landesverbänden. Im Brandenburger Landtag etwa
opponiert die mitregierende BSW-Fraktion bei einem Streit um die
Staatsverträge zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht nur gegen
SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke, sondern gleich auch gegen den eigenen
Finanzminister Robert Crumbach.
In Hessen hat in der vergangenen Woche Landeschef Oliver Jeschonnek
hingeschmissen, weil er feststellen musste, dass es in der
Linken-Abspaltung BSW überproportional viele Ex-Mitglieder der Linken gibt,
die wirtschaftspolitisch dezidiert linke Positionen verträten. Er
jedenfalls stehe für eine „Linke 2.0“ nicht zur Verfügung, erklärte der
Unternehmensberater.
## Selbst der neue Name sorgt für Stress
Nicht einmal der vor einer Woche präsentierte neue Name geht
unwidersprochen durch. [3][Statt Bündnis Sahra Wagenknecht soll die
Abkürzung BSW künftig für „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und
Wirtschaftliche Vernunft“ stehen.] So hatte es die Parteispitze
beschlossen, die Rechnung aber ohne die widerborstigen Landesverbände
gemacht.
Zumindest die BSW-Landesvorsitzenden von Rheinland-Pfalz halten den
Namensvorschlag für ungeeignet. Sie trommeln stattdessen für eine
Umbenennung in „Bürger schaffen Wandel – Vernunft und Gerechtigkeit“. Zur
Begründung für das ebenso wenig eingängige Ungetüm heißt es: „Wir glaube…
mit diesem Namen deutlich mehr Aufbruch signalisieren zu können als mit dem
bisherigen Vorschlag.“
Von Konflikten wollten Sahra Wagenknecht, Fabio De Masi und die alte und
neue Co-Chefin Amira Mohamed Ali am Montag nichts wissen. „Auch im nächsten
Jahr wollen und werden wir wachsen“, sagte Mohamed Ali. Sie erlebe, „dass
die Begeisterung für das BSW ungebrochen ist“. Das dürfte nicht unbedingt
die Mehrheitsmeinung sein.
10 Nov 2025
## LINKS
[1] /Schicksal-vom-Buendnis-Sahra-Wagenknecht/!6081901
[2] /Klagen-zum-Wahlrecht/!6092065
[3] /BSW-benennt-sich-um---in-BSW/!6127555
## AUTOREN
Rainer Rutz
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BSW
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