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# taz.de -- Hausbesetzung in Bremen: Räumung im Morgengrauen
> Immerhin friedlich beendet: Am Dienstagmorgen wurde das besetzte Haus in
> der Bremer Kornstraße von der Polizei geräumt.
Bild: Am Dienstagmorgen geräumt: besetzes Haus in der Bremer Neustadt
Nach gut zwei Wochen ist die Besetzung der Gruppe „Leerstand gestalten“ in
der Bremer Kornstraße vorbei. Am Dienstagmorgen gegen sechs Uhr räumte die
Polizei das viele Jahre lang leerstehende Gebäude. Grundlage dafür war eine
Anzeige wegen Hausfriedensbruchs, die der Eigentümer des Gebäudes in der
Bremer Neustadt nach der [1][Besetzung] gestellt hatte. Die Räumung verlief
ohne Gegenwehr, da sich die Besetzer*innen eigenen Angaben zufolge
aufgrund gesundheitlicher Risiken entschieden hatten, nur noch tagsüber im
Haus zu sein. Eine Handwerksfirma hat das Gebäude nun verschlossen.
Am Dienstagmorgen bot sich vor dem Mehrfamilienhauses in der Kornstraße ein
eher ruhiges Bild. 13 Mannschaftswagen parkten gegen elf Uhr an der Straße
vor dem Haus in der Kornstraße. Auf der gegenüberliegenden Seite, zwischen
Aquaristik-Geschäft und China-Imbiss, standen die Besetzer*innen und
ihre Unterstützer*innen, etwa 20 Personen. Die meisten von ihnen waren
deutlich unter 30 und schwarz gekleidet.
Mit der Polizei gab es bis Redaktionsschluss keinen Konflikt. Aber nicht
alle reagierten gleich gelassen auf das Geschehen: Eine vorbeifahrende
Radfahrerin, Mitte 50 mit Strickmütze, hielt am Haus an. „Ach Mann, ich
hatte gehofft, es geht mal anders aus“, sagte sie und schimpfte über die
vielen Mannschaftswagen. „Was das kostet!“
Die Bedingungen im Haus seien gesundheitlich aber zu belastend gewesen, um
eine dauerhafte Besetzung aufrechtzuerhalten. Viele Räume des dreistöckigen
Gebäudes seien von Schimmel befallen. „Um uns selbst zu schützen, haben wir
am Sonntagabend entschieden, nur noch tagsüber im Haus zu sein und dort
nicht mehr zu übernachten“, sagt Lia Jansen, Teil der Besetzer*innen
des Hauses.
## Jahrelanger Leerstand und Schimmelbefall
Diese Gelegenheit nutzte die Polizei dann in den Morgenstunden. Da niemand
mehr im Haus war, verlief die Räumung friedlich. Ein Sprecher der Polizei
erklärte, man habe den Einsatz taktisch geplant und durchgeführt. Dass sich
zum Zeitpunkt der Räumung jedoch niemand mehr im Haus befand, sei der
Polizei im Vorfeld aber nicht bekannt gewesen.
In den vergangenen zwei Wochen war es den Besetzer*innen gelungen, viel
Aufmerksamkeit auf das Haus in der Kornstraße zu lenken: Manche
Anwohner*innen rund um die Kornstraße brachten Essen und Kleidung
vorbei und zeigten Verständnis für ihr Anliegen, das Haus wieder bewohnbar
zu machen. Caroline Breuer, Sprecherin von „Leerstand gestalten“,
bekräftigte noch einmal: „Wir stehen weiterhin dafür ein, dass das Haus
einer Selbstverwaltung unterliegt und zu einem Ort mit Gemeinschaftsräumen
und bezahlbarem Wohnraum gestaltet wird.“
Die Besetzer*innen hatten bereits versucht, einzelne Räume wieder
bewohnbar zu machen. [2][Da im Gebäude jedoch Strom und Gas abgeschaltet
wurden, gestaltete sich dieses Vorhaben als nahezu unmöglich.] Das Haus
bedarf einer umfassenden Kernsanierung, die die Besetzer*innen ohne
größere finanzielle und fachliche Unterstützung kaum hätten bewältigen
können.
In den Tagen vor der Räumung hatte die Gruppe versucht, sich auch außerhalb
des Hauses mit dem Stadtteil zu vernetzen. Täglich wurde ein Programm mit
Workshops sowie Lese- und Filmabenden angeboten. Immer wieder blieben
Anwohner*innen stehen und kamen mit der Gruppe ins Gespräch. Laut der
Gruppe zeige diese Offenheit, dass viele Anwohner*innen neugierig und
grundsätzlich interessiert wären. Für die Gruppe war die wachsende
Aufmerksamkeit aus dem Viertel einer ihrer größten Erfolge.
Ingmar Vergau von Haus & Grund, der den Eigentümer vertritt, zeigte sich
mit dem Verlauf der Ereignisse zufrieden: „Wir sind froh, dass die
Situation ohne Zwischenfälle beendet werden konnte und alles glimpflich
ausgegangen ist.“
Das Haus in der Kornstraße 155 ausgewählt hatten die Besetzer*innen,
[3][weil es seit mehr als 20 Jahren größtenteils leergestanden habe, von
temporären Zwischennutzungen abgesehen.] Der mittlerweile 87-jährige
Eigentümer habe am Erhalt des Hauses zu wenig unternommen. Vergau zieht
daraus die Lehre, dass private Eigentümer*innen – insbesondere ältere
– von der Politik und der Öffentlichkeit bei der Sanierung und
Instandhaltung ihrer Gebäude stärker unterstützt werden müssten. Laut
Vergau ziehe der Eigentümer einen Verkauf des Hauses in Betracht.
Mitarbeit: Eiken Bruhn
4 Nov 2025
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## AUTOREN
Finn Sünkler
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