| # taz.de -- Chatkontrolle-Vorschlag: Freiwillige Kontrolle? | |
| > Messenger sollen Bürger:innen der EU überwachen. Dafür schlägt | |
| > Dänemark, das die Ratspräsidentschaft innehat, nun Veränderungen vor. | |
| Bild: Freiwilliges Scannen seitens der Anbieter, darauf setzt auch Dänemarks J… | |
| Überraschende Wendung bei der [1][Chatkontrolle]: Das Vorhaben, das unter | |
| anderem Messengerdienste dazu verpflichten soll, die Kommunikation ihrer | |
| Nutzer:innen anlasslos zu überwachen, wird in dieser Form vorerst nicht | |
| weiterverfolgt. Die dänische Ratspräsidentschaft, auf die dieser Antrag | |
| zurückgeht, kündigte an, stattdessen auf ein freiwilliges Scannen seitens | |
| der Anbieter zu setzen. Das wäre in diesem Punkt eine Verlängerung des | |
| Status quo. Doch andere Kritikpunkte bleiben. | |
| Die Chatkontrolle geht [2][ursprünglich] auf einen Gesetzentwurf der | |
| EU-Kommission zurück. Der sieht vor, dass unter anderem Messengerdienste | |
| wie Signal, Whatsapp oder Threema dazu verpflichtet werden können, die | |
| Kommunikation ihrer Nutzer:innen zu überwachen – und zwar auch, wenn sie | |
| Ende-zu-Ende-verschlüsselt ist. Die EU-Kommission will damit eigenem | |
| Bekunden zufolge die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an | |
| Kindern eindämmen. | |
| Doch vor allem zwei Punkte sorgen für breite Kritik: erstens, dass auch | |
| Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation von der Überwachung betroffen | |
| sein soll. Das wäre ein tiefer Eingriff in die private Kommunikation – und | |
| könnte, so die Befürchtungen von Wissenschaft und Zivilgesellschaft, gerade | |
| von autoritären und antidemokratischen Regierungen für andere | |
| Überwachungsziele missbraucht werden. Zweiter großer Kritikpunkt ist, dass | |
| das Scannen der Kommunikation anlasslos erfolgen soll. Es bräuchte also | |
| nicht einmal einen Anfangsverdacht, praktisch alle Nutzenden wären | |
| betroffen. | |
| Nachdem das Vorhaben in den vergangenen Jahren wiederholt keine Mehrheit | |
| unter den EU-Mitgliedsstaaten gefunden hatte, setzte die dänische | |
| Ratspräsidentschaft die Chatkontrolle im Oktober wieder auf die | |
| Tagesordnung. Nach breitem Protest aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und | |
| Wirtschaft [3][sprach sich Deutschland, das bei der Abstimmung das Zünglein | |
| an der Waage für eine Mehrheit hätte sein können, doch dagegen aus]. | |
| Allerdings bekundete die Bundesregierung, bis zum Jahresende einen | |
| Kompromiss aushandeln zu wollen. | |
| Der dänische Justizminister Peter Hummelgaard begründete den Kurswechsel im | |
| Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP damit, dass mit einem | |
| verpflichtenden Scannen auf EU-Ebene keine Einigung möglich gewesen wäre. | |
| Die derzeitigen Regeln, die Anbietern das Scannen auf freiwilliger Basis | |
| erlauben, laufen im April kommenden Jahres aus. | |
| „Der neue Vorschlag ist ein Triumph der digitalen Freiheitsbewegung und ein | |
| großer Sprung nach vorn zur Verteidigung unseres digitalen | |
| Briefgeheimnisses“, erklärte Patrick Breyer (Piratenpartei), ehemaliger | |
| EU-Abgeordneter. Er war maßgeblich an den Verhandlungen zu einem | |
| Gegenentwurf des EU-Parlaments beteiligt, der ein Scannen nur bei einem | |
| konkreten Verdacht und mit richterlicher Zustimmung erlauben würde. | |
| Drei Probleme bleiben jedoch laut Breyer bei dem entschärften dänischen | |
| Entwurf bestehen: Das Scannen der Nachrichten erfolge auch bei dem | |
| freiwilligen Verfahren immer noch anlasslos, also ohne dass es etwa einen | |
| Anfangsverdacht gibt. Zweitens befinde sich in dem dänischen Vorschlag | |
| weiterhin ein Passus, der es ausschließe, anonyme E-Mail- oder | |
| Messenger-Konten einzurichten. | |
| Und drittens sehe der Entwurf weiterhin vor, dass Nutzer:innen unter 16 | |
| Jahren der Zugang zu diversen Apps verboten sein soll. Dazu gehörten | |
| Messenger-Apps wie Whatsapp, Social-Media-Apps wie Instagram oder Tiktok | |
| und Videokonferenz-Apps wie Zoom oder Facetime. „Ein solches Mindestalter | |
| wäre leicht zu umgehen und würde Jugendliche bevormunden und isolieren, | |
| anstatt sie zu stärken“, kritisiert Breyer. | |
| Ganz vom Tisch ist der Kommissionsvorschlag zur verpflichtenden Überwachung | |
| ohnehin noch nicht: Abhängig von den weiteren Verhandlungen könnte die | |
| nächste Ratspräsidentschaft das Vorhaben erneut einbringen. | |
| 31 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Chatkontrolle-Selbst-verschluesselte-Kommunikation-am-Handy-soll-ueberwach… | |
| [2] /Plaene-der-EU-Kommission/!5852598 | |
| [3] /Abstimmung-der-EU-Staaten-ueber-Chatkontrolle-verschoben/!6118693 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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