| # taz.de -- Serbisches Theaterfestival unter Druck: Regisseur Milo Rau aus Belg… | |
| > Milo Rau, ein Theatermacher bekannt für politische Stücke, darf nicht zu | |
| > dem wichtigen Theaterfestival Bitef kommen. Der politische Druck auf die | |
| > serbische Kulturszene nimmt zu. | |
| Bild: Milo Rau vergangenen Sommer auf den Wiener Festwochen | |
| dpa | Der Schweizer Theatermacher und Intendant der Wiener Festwochen, Milo | |
| Rau, ist vom renommierten Belgrader Theaterfestival Bitef ausgeladen | |
| worden. Die Entscheidung gehe vom politisch besetzten Vorstand des | |
| Festivals aus und stelle einen „Präzedenzfall“ dar, sagte die künstlerisc… | |
| Leitung um den Theaterregisseur Milos Lolic. | |
| In Serbien regiert Präsident Aleksandar Vucic mit zunehmend autoritären | |
| Methoden, die auch Zensur sowie Gewalt gegen Oppositionelle einschließen. | |
| Nun steht auch die Zukunft des Bitef auf dem Spiel, der seit fast sechs | |
| Jahrzehnten wichtigsten Schau zeitgenössischen Theaters in Südosteuropa. | |
| Rau, der immer wieder politisch relevante Themen aufgreift, hätte in | |
| Belgrad nach dem Willen der künstlerischen Leitung seine Aufführung „Der | |
| Prozess Pelicot“ präsentieren sollen. Das in diesem Jahr für die Wiener | |
| Festwochen und das Theaterfestival in Avignon produzierte Stück von Rau und | |
| Servane Dècle thematisiert auf dokumentarische Weise den [1][Fall der | |
| Französin Gisèle Pelicot], die jahrelang von ihrem Ehemann betäubt und von | |
| Dutzenden Männern sexuell missbraucht worden war. | |
| Die Einladung zum Bitef scheiterte demnach an der Ablehnung durch den | |
| Vorstand, in dem auch eine Vertreterin des Kulturstaatssekretariats und | |
| eine regierungsnahe Journalistin saßen. Das Gremium begründete sein Veto | |
| nicht mit Vorbehalten gegenüber der Pelicot-Aufführung, sondern mit dem – | |
| nirgendwo offiziell festgehaltenen – Umstand, dass [2][Milo Rau] in Serbien | |
| eine „Persona non grata“, eine unerwünschte Person, sei. | |
| ## Raus Kritik an Prestigeobjekt von Vucic | |
| Tatsächlich hatte Rau als Eröffnungsredner des vorjährigen Bitef-Festivals | |
| den geplanten Lithiumabbau in einem Naturschutzgebiet im Westen Serbiens | |
| kritisiert. Viele Serben lehnen ihn ab, weil sie Schäden für die Umwelt | |
| befürchten, die durch die Korruption und Schlamperei der Vucic-Regierung | |
| noch vergrößert würden. Für den Staatschef handelt es sich jedoch um ein | |
| Prestigeobjekt, das auch von der [3][EU und Deutschland unterstützt wird]. | |
| Lithium ist ein wichtiger Rohstoff für die Batterien in E-Fahrzeugen. | |
| Als Konsequenz von Raus Rede wurde der Vertrag des damaligen künstlerischen | |
| Festivalleiters Nikita Milivojevic nicht verlängert. Zu seiner diesjährigen | |
| Ausladung sagte Rau in einer Mitteilung der Wiener Festwochen, die der | |
| Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt: „Die Entscheidung, das Stück „Der | |
| Prozess Pelicot“ zu zensieren, vollendet die seit Monaten andauernde | |
| Zerstörung der künstlerischen Freiheit bei einem der größten Festivals | |
| Europas.“ | |
| ## Fragliche Zukunft des Festivals | |
| Wegen finanzieller Kürzungen seitens der öffentlichen Hand und politischer | |
| Einmischungsversuche wurde das diesjährige Bitef von seinem traditionellen | |
| Termin im September aufs Jahresende verschoben, ohne dass ein konkretes | |
| Datum bekanntgeworden wäre. Nach der Rau-Ausladung trat die künstlerische | |
| Leitung um Lolic zurück, der für die Zensurentscheidung verantwortliche | |
| Vorstand löste sich auf. In [4][Belgrad] wird nicht mehr damit gerechnet, | |
| dass das Bitef in diesem Jahr über die Bühne gehen wird. | |
| 29 Oct 2025 | |
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