| # taz.de -- Equal-Pay-Klage: Nächste Runde im Verfahren gegen Daimler | |
| > Eine Abteilungsleiterin klagt gegen ihren Arbeitgeber Daimler Truck. Sie | |
| > will so viel Geld wie ein Kollege mit vergleichbarer Erfahrung und | |
| > Position. | |
| Bild: In dieser Woche wird mit einer Entscheidung der Bundesarbeitsrichter*inne… | |
| Es ist die dritte, aber womöglich noch nicht die letzte Runde des | |
| Verfahrens: Am Donnerstag verhandelt das Bundesarbeitsgericht Erfurt die | |
| Revision einer Abteilungsleiterin bei Daimler, die auf gleiches Gehalt wie | |
| ein männlicher Kollege klagt. Seit fast 30 Jahren ist die Frau bei Daimler | |
| angestellt, seit mehr als 15 Jahren Abteilungsleiterin. Seit ihrer Rückkehr | |
| aus der Elternzeit in Teilzeit wird sie jedoch deutlich schlechter bezahlt | |
| als ihre männlichen Kollegen auf der vergleichbaren Ebene und ein konkreter | |
| Kollege in direkt vergleichbarer Position. | |
| Gleiches Gehalt für gleiche Leistung ist ein Grundprinzip der Europäischen | |
| Union, geregelt im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG, dem | |
| Entgelttransparenzgesetz von 2017 und Artikel 3 des Grundgesetzes. | |
| Verrichten ein Mann und eine Frau gleiche oder gleichwertige Arbeit, müssen | |
| Gehaltsunterschiede durch objektive und nachvollziehbare Kriterien wie | |
| Berufserfahrung oder Qualifikation begründet sein. | |
| Trotzdem ist es bis heute üblich, dass Frauen und Männer für gleiche Arbeit | |
| verschieden bezahlt werden. Der bundesweite Unterschied zwischen den | |
| Geschlechtern liegt bei rund 7 Prozent – bei denselben Jobs, demselben | |
| Arbeitsumfang, derselben Qualifikation. | |
| ## Deutlicher Unterschied | |
| Im Fall der Klägerin ist der Unterschied noch deutlicher. Zwischen 2018 und | |
| 2022 lag das mittlere Monatsgehalt der Klägerin etwa 18 Prozent unterhalb | |
| der männlichen Vergleichsgruppe, zusammen mit Gehaltsbestandteilen wie | |
| virtuellen Aktien im Schnitt bei mehr als 23 Prozent. Die Zuteilungen | |
| virtueller Aktien an männliche Abteilungsleiter auf derselben Ebene waren | |
| sogar um bis zu 140 Prozent höher als die der Klägerin. | |
| Zudem verdiente die Klägerin etwa 30 Prozent weniger als ihr direkter | |
| Kollege aus demselben Unternehmensbereich, der gleich lang im Unternehmen | |
| ist, im gleichen Jahr befördert wurde und gleichermaßen qualifiziert ist. | |
| „Es kann nicht sein, dass ein DAX-Unternehmen wie Daimler Gehälter auf | |
| Managementebene nach Gutdünken verteilt“, sagt Anwältin Sarah Lincoln von | |
| der [1][Gesellschaft für Freiheitsrechte], die die Klägerin unterstützt. | |
| In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht Stuttgart im November 2023 das | |
| Unternehmen – die ehemalige Daimler AG spaltete sich 2021 in Daimler Truck | |
| und Mercedes-Benz, die Klägerin arbeitet seitdem bei Daimler Truck – | |
| deshalb dazu verurteilt, an die Klägerin die Differenz zum sogenannten | |
| Medianentgelt der männlichen Vergleichsgruppe für einen Zeitraum von fünf | |
| Jahren zu zahlen. [2][In zweiter Instanz] bestätigte das | |
| Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg im Oktober 2024 zwar, dass es eine | |
| systematische Benachteiligung von Frauen bei Daimler gibt. | |
| Trotzdem sprach das Gericht der Klägerin weder die Differenz zum Mittelwert | |
| der männlichen Vergleichskollegen noch zum Gehalt ihres direkten Kollegen | |
| zu. Stattdessen sollte Daimler der Klägerin lediglich die Differenz | |
| zwischen dem weiblichen und dem männlichen Mediangehalt zahlen. Die | |
| Begründung: die Klägerin verdiene auch weniger als der Median ihrer | |
| weiblichen Vergleichsgruppe. Deshalb liege keine geschlechtsspezifische | |
| Diskriminierung vor. | |
| Daimler versuche, die Gehaltsdifferenz der Klägerin zur männlichen | |
| Vergleichsgruppe mit geringerer Arbeitsqualität zu begründen, so Anwältin | |
| Lincoln. Allerdings sei die Klägerin im internen Feedbacksystem immer als | |
| gut bis sehr gut bewertet worden. Erst seitdem sie versucht habe, ihren | |
| Anspruch auf Lohngleichheit durchzusetzen, stelle das Unternehmen ihre | |
| Leistungen infrage. | |
| Dabei sei problematisch, dass Daimler „kein transparentes, | |
| nachvollziehbares und objektives Entgeltsystem für | |
| Abteilungsleiter*innen dieser Ebene“ habe, so Lincoln. Könne der | |
| Arbeitgeber jedoch „die Differenz nicht mit objektiven Kriterien begründen, | |
| muss er den Lohn vollständig angleichen“. | |
| ## Klarstellung gefordert | |
| Begrenze man den Anspruch der Klägerin auf die Differenz zwischen den | |
| beiden Mittelwerten der Geschlechter, könnten sich Frauen zudem nie mit | |
| männlichen Kollegen in der oberen Hälfte der Gehaltsskala vergleichen – | |
| selbst wenn es keinerlei Gründe für den Gehaltsunterschied gäbe. Die Frage, | |
| ob sich der direkte Kollege, mit dem sich die Frau vergleicht, in der Mitte | |
| oder ganz oben auf der Gehaltsskala bewege, sei also irrelevant, so | |
| Lincoln. | |
| „Wir wollen am Donnerstag eine Klarstellung, dass Frauen sich nicht mit dem | |
| Median begnügen müssen.“ Beim Anspruch auf Entgeltgleichheit gehe es darum, | |
| dass sich eine Frau auch mit einem konkreten Kollegen vergleichen könne – | |
| und der Arbeitgeber Lohnunterschiede objektiv begründen müsse. | |
| Ein Sprecher der Daimler Truck sagte, „bei Daimler Truck gibt es keine | |
| strukturelle geschlechtsspezifische Benachteiligung von tariflichen oder | |
| außertariflichen Beschäftigten“. Die Bezahlung für außertariflich | |
| Beschäftigte richte sich entsprechend global einheitlicher | |
| Vergütungsgrundsätze nach objektiven Kriterien. | |
| Am Donnerstag wird mit einem Urteil in dem Fall gerechnet. Sollte die Klage | |
| ablehnend beschieden werden, könnte entweder vorm Bundesverfassungsgericht | |
| oder dem Europäischen Gerichtshof weiter verhandelt werden. Neben der | |
| Klägerin wenden sich derzeit fünf weitere Abteilungsleiter*innen in | |
| Equal-Pay-Klagen gegen Daimler Truck und die Mercedes-Benz AG, teilweise | |
| schon in zweiter Instanz. | |
| 23 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://freiheitsrechte.org/ | |
| [2] /Anwaeltin-zu-Equalpay-Klage-gegen-Daimler/!6040472 | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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