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# taz.de -- Genozid-Forscherin erhält höchste Ehrung: Die Lehren lehren
> Tessa Hofmann hat zum Völkermord an den Armenier:innen geforscht. Nun
> bekommt sie für ihre Verdienste die höchste Auszeichnung der
> Bundesrepublik.
Bild: Tessa Hofmann wollte die Verbrechen des Ersten Weltkriegs dem Vergessen e…
taz | „Der Völkermord von heute kann der vergessene Völkermord von morgen
sein.“ Das weiß [1][Tessa Hofmann] nur zu gut, denn sie kämpft seit mehr
als fünf Jahrzehnten gegen das Vergessen und für die Prävention künftiger
Verbrechen: mit Archiv- und Dokumentenarbeit am Schreibtisch, mit Protesten
auf der Straße, mit frischen Ideen fürs Klassenzimmer und mit
wissenschaftlicher Autorität auf internationaler Bühne.
Nun wird die Genozidforscherin im Alter von 75 Jahren, mit dem
Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
1999 gründete Hofmann in Berlin die Arbeitsgruppe „Anerkennung – Gegen
Genozid, für Völkerverständigung“ (AGA), die sich bis heute für die
Anerkennung und Aufarbeitung des Völkermords an drei Millionen
Armenier:innen, griechisch-orthodoxer und syro-aramäischen Christen im
Osmanischen Reich von 1915 bis 1923 einsetzt. Unermüdlich appellierte
Hofmann an Bundesregierung und Bundestag – bis schließlich, 101 Jahre nach
den Ereignissen, der [2][Deutsche Bundestag im Jahr 2016 eine Resolution]
verabschiedete, die die Massaker und Deportationen als Völkermord
anerkannte und verurteilte.
Hofmann kümmert sich nicht nur um Worte, sondern auch um Orte wie den
Luisenkirchhof in Berlin-Charlottenburg. Dort befindet sich eine
[3][ökumenische Gedenkstätte], weltweit der einzige Ort für die
christlichen Opfer der nationalistischen Regimes der Jungtürken und
Kemalisten. Dass dieser Ort des gemeinsamen Erinnerns überhaupt existiert,
ist auch Tessa Hofmann zu verdanken.
## Die deutsche Dimension
Hofmann studierte Slavistik, Armenologie, Literaturwissenschaft und
Soziologie. Sie ist Sachbuchautorin und Publizistin – und eine
Spurensucherin der Geschichte. Ihre Forschungsreisen führten sie nach
Armenien, Griechenland, Syrien und Libanon. Mit großer Aufmerksamkeit liest
sie offizielle Dokumente, persönliche Zeugnisse und historische Schriften
ebenso wie Gedichte und Erzählungen. Denn auch in der Literatur hat der
Völkermord seinen Widerhall gefunden.
„Nichts vergiftet die Beziehung zwischen Völkern so sehr wie die Leugnung
von Völkermord. Wer aussöhnend wirken will, muss hier ansetzen“, sagt
Hofmann der taz. In der Türkei wird noch immer offiziell und von großen
Bevölkerungsteilen geleugnet, dass Anfang des 20. Jahrhundert ein Genozid
an Armenier:innen verübt wurde.
„Die seriellen Völkermorde des Ersten Weltkrieges standen lange im Schatten
der im Zweiten Weltkrieg begangenen Verbrechen. Das wollte ich ändern“,
sagt Hofmann.
Der osmanische Völkermord trägt eine deutsche Dimension der
Mitverantwortung: Deutschland blieb, um nicht sein Militärbündnis mit dem
Osmanischen Reich im Ersten Weltkrieg zu gefährden, passiver Zuschauer.
„Darüber hinaus war Deutschland Nutznießer armenischer Zwangsarbeit beim
Bau der Bagdadbahn und profitierte von armenischen Geldeinlagen bei
deutschen Kreditinstituten.“
## Sudan als Randnotiz
Ihre neuesten didaktischen Veröffentlichungen zum Thema Genozid, „Der
Genozid an den indigenen Christen des Osmanischen Reiches“, sind speziell
auf Lehrkräfte ausgerichtet, um eine fundierte Auseinandersetzung mit
dieser dunklen Geschichte zu fördern und der Zukunft zu dienen.
„Im Hinblick auf Genozide stellen wir fest, dass sie nicht nur andauern,
sondern dass es eine partielle Sicht der Weltöffentlichkeit gibt, also
wahrgenommene und ignorierte Verbrechen. Ein Beispiel ist der Südsudan, wo
im Verlauf eines über zweijährigen Krieges 150.000 Menschen getötet,
Millionen vertrieben wurden und von Hunger bedroht sind. Dennoch bleibt der
Südsudan eine Randnotiz“, sagt Hofmann.
„Gaza dagegen fehlt es nicht an Aufmerksamkeit, und auch nicht an Beweisen
dafür, dass dort ein Genozid stattfindet, sondern an wirksamen
Interventionen und Sanktionen gegen Israel“, sagt Hofmann.
20 Oct 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Tigran Petrosyan
## TAGS
Völkermord Armenien
Genozid
Gedenken
GNS
Genozid
Genozid
Kolumne Orient Express
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