| # taz.de -- Sozialere Grunderwerbssteuer: Wie das Reihenhäuschen bezahlbar wir… | |
| > Während Familien ihr Erspartes an den Staat überweisen, sparen Investoren | |
| > Millionen. Freibeträge und progressive Steuer könnten das Spiel beenden. | |
| Bild: Die Grunderwerbssteuer frisst das, was am mühsamsten angespart wurde –… | |
| Der Traum vom Eigenheim ist in Deutschland zum Privileg geworden. Zwar | |
| wünschen sich viele eins, doch realistisch ist das nicht. Die Hauspreise | |
| haben sich in den vergangenen zehn Jahren grob verdoppelt, die Löhne | |
| allerdings nicht. Gleichzeitig sind Zinsen und Baukosten massiv gestiegen. | |
| Wer nicht geerbt hat, kann das Eigenheim meist vergessen. Und wer trotzdem | |
| wagt zu kaufen, landet schnell im Hamsterrad aus Schulden und Nebenkosten. | |
| Immerhin hat sich die Regierung dazu eine gute Idee [1][in den | |
| Koalitionsvertrag geschrieben]. Sie will an die Grunderwerbssteuer ran. Das | |
| ist die Steuer, die fällig wird, wenn man Grundstücke und Immobilien kauft. | |
| Je nach Bundesland liegt der Steuersatz zwischen 3,5 und 6,5 Prozent. Für | |
| ein durchschnittliches Einfamilienhaus im Wert von 500.000 Euro bedeutet | |
| das: bis zu 32.500 Euro allein an Steuern. | |
| Dazu kommen Notarkosten, Grundbucheintrag und Maklergebühren. Schnell | |
| summieren sich die Nebenkosten auf zehn Prozent des Kaufpreises. | |
| Das Bittere: Die Grunderwerbssteuer frisst das, was am mühsamsten angespart | |
| wurde – das Eigenkapital. Für die Kaufnebenkosten gibt es keine Förderung | |
| und in der Regel auch keinen Kredit. Und wenn doch, treibt das den Zins und | |
| damit die Gesamtbelastung nach oben. Wer sich von seinem Lohn mühsam über | |
| Jahre 50.000 Euro Eigenkapital angespart hat, verliert es praktisch mit der | |
| Unterschrift beim Notar. | |
| ## „Immobilienkonzerne umgehen die Steuer“ | |
| Seit 2006 dürfen die Länder die Höhe der Steuer selbst festlegen. Um ihre | |
| klammen Kassen zu füllen, haben alle bis auf Bayern und Sachsen sie erhöht. | |
| Die [2][Gesamteinnahmen der Länder stiegen] dadurch von rund fünf | |
| Milliarden Euro im Jahr 2006 auf fast 18 Milliarden im Jahr 2022. | |
| Während also Familien ihre Ersparnisse an den Staat überweisen, umgehen | |
| Großinvestoren und Immobilienkonzerne die Steuer mit sogenannten | |
| Share-Deals. Dabei werden die Immobilien erst in Firmen verpackt, um dann | |
| die Firmenanteile zu handeln – und nicht die Immobilien selbst. Der Kniff: | |
| Auf gekaufte Firmenanteile wird keine Grunderwerbssteuer fällig. | |
| Allein zwischen 2018 und 2021 wechselten so rund 150.000 Wohnungen nahezu | |
| steuerfrei den Besitzer, wie die damalige große Koalition unter Merkel kurz | |
| vor der Bundestagswahl im September 2021 auf eine Anfrage der Linken | |
| mitteilte. In der Liste tauchen Namen wie [3][Vonovia] oder Adler Real | |
| Estate auf. | |
| Die aktuelle Regierung verspricht im Koalitionsvertrag, einen Freibetrag | |
| bei der Grunderwerbssteuer zu prüfen. Sogar Ex-Finanzminister Christian | |
| Lindner hatte das schon einmal vorgeschlagen. Realistisch wären 250.000 | |
| Euro pro Erwachsenem und 150.000 Euro pro Kind, wohlgemerkt: für die erste, | |
| selbstgenutzte Immobilie. | |
| Eine vierköpfige Familie müsste auf die ersten 800.000 Euro ihres | |
| Eigenheims dann also keine Steuer zahlen. Investoren und Wohnungsfonds, die | |
| kaufen, um Mieteinnahmen zu kassieren, blieben hingegen steuerpflichtig. | |
| Um die Steuer allerdings wirklich sozial zu gestalten, sollte man noch | |
| weitergehen und die Grunderwerbssteuer progressiv ausgestalten. Heißt: je | |
| teurer die Immobilie, desto höher der Steuersatz. Der Vorteil: Was der | |
| Staat an Einnahmen von Mittelschichtsfamilien verliert, würde er bei | |
| Villenkäufern wieder reinholen – und damit nicht einmal an Steuereinnahmen | |
| verlieren! | |
| 3 Nov 2025 | |
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| [2] /Grunderwerbssteuer-in-Berlin/!5843196 | |
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| ## AUTOREN | |
| Maurice Höfgen | |
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