| # taz.de -- Koalition streitet über Wehrdienst: Nochmal zurück auf Los | |
| > Erst verkündet die Koalition einen Kompromiss beim Wehrdienst, dann nimmt | |
| > sie die Einigung wieder zurück. Wie geht es nun weiter? | |
| Bild: Hier kann Schwarz-Rot noch was lernen: Beim neuen Wehrdienst heißt es f�… | |
| Berlin taz | Es sind eigenartige Szenen im Bundestag, die am frühen | |
| Dienstagabend für ungläubiges Kopfschütteln der wartenden | |
| Journalist:innen sorgen: Die von der Koalition aus Union und SPD am | |
| Dienstagmittag noch ankündigte Einigung über den neuen Wehrdienst ist am | |
| Abend wieder hinfällig. Die dazu am Mittag einberufene Pressekonferenz vor | |
| der versammelten Hauptstadtpresse wird deshalb kurzfristig wieder abgesagt. | |
| Damit schlittert die Regierung in eine veritable Koalitionskrise, in der | |
| zunächst nicht abzusehen ist, wie alle Beteiligten eine gesichtswahrende | |
| Lösung finden. | |
| Bei der Auseinandersetzung geht es im Kern um eine gesellschaftlich | |
| zentrale Frage: Unter welchen Bedingungen sollen und können junge Menschen | |
| für einen Dienst bei der Bundeswehr verpflichtet werden? Über diesen Punkt | |
| hatten sich Unterhändler*innen aus Union und SPD in der vergangenen | |
| Woche den Kopf zerbrochen, um am Ende eine Lösung zu präsentieren, die ein | |
| Losverfahren vorsah. | |
| [1][Die Pläne, über die zahlreiche Medien berichteten,] blieben jedoch bis | |
| zum Ende unkonkret. Mal war dabei die Rede davon, dass eine bestimmte Zahl | |
| an jungen Männern per Losverfahren zu einer Musterung eingeladen werden | |
| sollte. Mal hieß es, dass aus dem Kreis dann einige erneut per Los auch für | |
| einen Dienst bei der Bundeswehr verpflichtet werden könnten, wenn sich über | |
| das geplante freiwillige Modell nicht genügend Soldat*innen fänden. | |
| Nun sind diese Überlegungen erst einmal hinfällig, bevor sie in der dazu | |
| angekündigten Pressekonferenz konkretisiert werden konnten. Dabei scheint | |
| es, dass es der sozialdemokratische Bundesverteidigungsminister Boris | |
| Pistorius war, der letztlich eine Einigung der Regierungskoalition | |
| durchkreuzte. | |
| [2][In dem Gesetzentwurf von Boris Pistorius (SPD)], über den sich die | |
| Bundesregierung noch im August verständigt hatte, ist nämlich die Rede | |
| davon, dass ab Juli 2027 alle 18-jährigen Männer eines Jahrgangs zur | |
| Musterung geladen werden sollen. Sein Ziel lautet dabei: Möglichst viele | |
| junge Menschen erst mal bei der Bundeswehr zu erfassen, unabhängig davon, | |
| ob sie einen Dienst an der Waffe leisten möchten oder nicht. Denn damit | |
| würden zunächst einmal die – nicht wenigen – Untauglichen aussortiert. | |
| Außerdem gilt, was häufig unerwähnt bleibt: Eine Wehrdienstverweigerung | |
| kann nur einreichen, wer bereits gemustert wurde. | |
| ## Lesung am Donnerstag geplant | |
| Das Gesetzgebungsverfahren zum neuen Wehrdienst wirft handwerkliche Fragen | |
| auf, die kein gutes Licht auf die Arbeitsweise in der Regierungskoalition | |
| werfen. Nicht nur waren es mit Bundeskanzler Friedrich Merz und | |
| Außenminister Johann Wadephul zwei hochrangige CDU-Politiker, die den | |
| eigenen Gesetzentwurf im Nachgang öffentlich kritisierten. | |
| Zudem forderten Unionspolitiker noch nach dem Kabinettsbeschluss eine | |
| Nachschärfung der Pflichtelemente in dem Gesetz – noch bevor es im | |
| Bundestag offiziell zur Beratung eingebracht wurde. So entspann sich eine | |
| Grundsatzdebatte über die Wehrpflicht, die sowohl auf Seiten der Union als | |
| auch bei der SPD nicht mehr einzuholen war. | |
| Dabei haben sich alle Beteiligten gegenseitig düpiert: Der | |
| Verteidigungsminister, weil sein Gesetzentwurf von den eigenen | |
| Kabinettskollegen zum Abschuss freigegeben wurde. Und Union und SPD, weil | |
| sie tagelang um eine Einigung rangen, die sie dann erst ankündigten und | |
| dann wieder zurücknehmen mussten. | |
| Unklar war am Dienstagabend, wie es nun weitergeht. Am Donnerstag sollte | |
| der Bundestag eigentlich in erster Lesung über den Gesetzentwurf beraten. | |
| Dann bestätigte ein Sprecher der SPD-Fraktion in der Nacht, dass die erste | |
| Lesung des Wehrdienstgesetzes wie geplant am Donnerstag stattfinden wird: | |
| „Die SPD-Bundestagsfraktion steht zu ihrem Beschluss: Wir wollen die erste | |
| Lesung des Wehrdienstgesetzes.“ Das Parlament sei der richtige Ort, um | |
| offene Fragen bei so einem wichtigen Gesetz zu klären. | |
| „Gleichzeitig ist klar, dass es bei Detailfragen Beratungsbedarf gibt. Das | |
| gehört zu einem verantwortungsvollen Gesetzgebungsverfahren.“ Entscheidend | |
| ist aus Sicht der SPD-Fraktion weiterhin das Element der Freiwilligkeit. | |
| Man wolle „einen modernen und gerechten Wehrdienst schaffen, der zur | |
| Realität unserer Sicherheitslage passt und auf Freiwilligkeit setzt.“ Man | |
| arbeite eng mit dem Verteidigungsministerium an der Weiterentwicklung des | |
| Entwurfs. | |
| 14 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Cem-Odos Gueler | |
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