| # taz.de -- Buch über Philosophie der Krise: Tja, was nun? | |
| > Zurückgelehnt im Denken, aber urteilsfreudig: Der Philosoph Konrad-Paul | |
| > Liessmann erkundet unsere gegenwärtigen Unsicherheiten. | |
| Bild: Konrad Paul Liessmann, österreichischer Professor für Philosophie im Ru… | |
| Vom Kabarettisten Matthias Beltz stammt sinngemäß das Zitat: „So sollte man | |
| die Welt sehen: ‚Wie ist die Lage?‘, und nicht: ‚Warum ist die Lage so | |
| beschissen?‘“ Einen ähnlichen Blick wirft der Philosoph Konrad Paul | |
| Liessmann in seinem Buch „Was nun?“ auf die Gegenwart. Seine „Philosophie | |
| der Krise“ bietet Analysen zum „Zeitalter der multiplen Krisen“, wobei er | |
| im Titel programmatisch mit dem Lenin-Zitat „Was tun?“ spielt, denn | |
| aktivistische Philosophie gibt es bei Liessmann nicht. Für ihn besteht eine | |
| Krise darin, „den Zusammenbruch einer etablierten Ordnung zu erfahren und | |
| nicht zu wissen, wie es im Moment weitergehen kann“. | |
| Durch diese Unsicherheit seien Zeiten der Krise „oft Zeiten der autoritären | |
| Versuchung“. Daher ist es keinesfalls ironisch gemeint, wenn er schreibt: | |
| „Sich passiv in das Unvermeidliche zu fügen und einfach zu warten, was | |
| geschieht, ist durchaus eine Möglichkeit, auf Krisenerfahrungen zu | |
| reagieren.“ Auch plädiert er für präzisen Umgang mit dem Begriff „Krise�… | |
| Statt etwa von „Klimakrise“ zu sprechen, sei „Klimawandel“ genauer. Die… | |
| sei kein kurzfristiger Wechsel, sondern ein langfristiger Prozess, bei dem | |
| rasche Interventionen nicht genügen. Die Kapitel widmen sich Fragen wie der | |
| „Krise der parlamentarischen Demokratie“, der „Krise der Toleranz“ oder… | |
| „Krise der [1][Sprache]“. | |
| Bei aller Zurückgelehntheit im Denken hält Liessmann nicht mit Urteilen | |
| zurück. Im Kapitel zur „Krise der Kunst im Zeitalter der Hypermoral“ | |
| schreibt er Künstlern mit ihren zum Teil schrillen Wortmeldungen aus | |
| jüngerer Zeit gar ins Stammbuch: „Keinerlei Sensibilität bewiesen die | |
| Vertreter des Wahren und Guten nach dem 7. Oktober 2023. Die Schnelligkeit, | |
| mit der man ekelhaften [2][antisemitischen Ressentiments] unter dem | |
| Deckmantel des solidarischen Kampfes mit einem zum alleinigen Opfer | |
| stilisierten palästinensischen Volk freien Lauf ließ, müsste eigentlich | |
| entsetzen.“ Die Freiheit der Kunst, so Liessmann, bestehe gerade darin, | |
| dass sie „keine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft“ hat. Umgekehrt | |
| gilt für ihn: „Wo das Gute so eindeutig und das Wahre so klar ist, endet | |
| alle Kunst in Propaganda.“ | |
| Jedes Kapitel wiederum endet bei ihm mit der Frage: „Was nun?“ Lösungen | |
| beansprucht er keine, auch verzichtet er auf Handlungsanweisungen. Zu | |
| Recht. Derlei liefe auf einen philosophischen Ratgeber hinaus, mithin auf | |
| das Gegenteil von Philosophie. | |
| 18 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Leipziger-Buchmesse/!6075561 | |
| [2] /Antisemitismus-im-Pop/!6116089 | |
| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Politisches Buch | |
| Philosophie | |
| Krise | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Politisches Buch | |
| Schwerpunkt Leipziger Buchmesse 2025 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Antisemitismus im Pop: Just another brick in the wall | |
| Kann es sein, dass Pop ein Antisemitismusproblem hat? Maria Kanitz und | |
| Lukas Geck durchleuchten die Szene in ihrem Buch „Lauter Hass“. | |
| Buch über Philosophen Edmund Husserl: Der Fröhlichkeit kann man nachhelfen | |
| Der Wissenschaftler Christian Beyer stellt in seinem Buch „Husserls | |
| Philosophie“ das Werk eines der einflussreichsten Philosophen des 20. | |
| Jahrhunderts vor. | |
| Leipziger Buchmesse: Die Metapher ist ein Arschloch | |
| Die Philosoph:innen Tim Henning, Nikola Kompa und Christian Nimtz | |
| leuchten Abgründe der Alltagskommunikation aus. Ja, Sprache kann | |
| ausgrenzen. |