| # taz.de -- Gaspreise in Niedersachsen: Landeskartellbehörde nimmt Gasversorge… | |
| > Haben zwölf Grundversorger die Preise missbräuchlich hochgehalten? EWE | |
| > und elf Stadtwerke müssen sich vor der Landeskartellbehörde | |
| > rechtfertigen. | |
| Bild: Der Teuerste in Niedersachsen: Gasversorger EWE aus Oldenburg | |
| Hannover taz | Die Landeskartellbehörde Niedersachsen hat die | |
| Gasgrundversorgungspreise vor, während und nach der Energiekrise von 2021 | |
| bis 2024 untersucht. Bei zwölf Grundversorgern hat die Behörde dabei | |
| „Auffälligkeiten“ ausgemacht. Bei ihnen liegen die Preise im September 2024 | |
| immer noch mehr als 20 Prozent über dem Durchschnitt. | |
| Es handelt sich dabei um den Energieversorger EWE und eine Reihe von | |
| Stadtwerken. Das sind die Stadtwerke Schneverdingen-Neuenkirchen, Northeim, | |
| Rinteln, Osnabrück, Georgsmarienhütte, Leine-Solling, Einbeck, Springe, | |
| Emden und Wunstorf sowie die Gemeindewerke Bovenden. Sie müssen sich nun | |
| vor der Behörde rechtfertigen und darlegen, wie es zu dieser | |
| Preisabweichung kommt. | |
| Bei dem Verdacht auf eine „missbräuchliche Preisgestaltung“ wird den | |
| Versorgern zunächst die Gelegenheit eingeräumt, sich zu rechtfertigen oder | |
| Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. In der Regel werden dann Preise angepasst | |
| oder Rabatte erteilt. Erst wenn in diesem Zuge keine Einigung erzielt wird, | |
| leitet die Behörde ein formelles Kartellverwaltungsverfahren ein. | |
| ## Haushalte sind Versorgern ausgeliefert | |
| Diese Art von Korrekturen ist immer mal wieder notwendig, weil die | |
| Grundversorger eben lokale Monopole bilden. Die Grundversorgung ist die | |
| gesetzlich garantierte Gasbelieferung durch den Anbieter der Region mit der | |
| größten Haushaltsabdeckung, die greift, wenn kein anderer Vertrag vorliegt. | |
| Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Verträge gekündigt werden und sonst | |
| Versorgungslücken entstehen würden. | |
| Die Grundversorgung ist in der Regel der teuerste Tarif. In der | |
| Energiekrise waren plötzlich deutlich mehr Menschen auf diese | |
| Grundversorgung angewiesen, weil zahlreiche Versorgungsverträge mit | |
| Sonderkonditionen plötzlich gekündigt wurden. Danach sank die Zahl der | |
| Kunden wieder ab. Laut Landeskartellbehörde waren 2022 rund 620.000 Kunden | |
| in der Gasgrundversorgung, 2023 waren es plötzlich 800.000 Kunden (plus 29 | |
| Prozent), im September 2024 nur noch 520.000. | |
| Diese Haushalte sind ihren Energieversorgern allerdings einigermaßen | |
| ausgeliefert. Und im Zuge der Energiekrise ging die Schere zwischen deren | |
| Preisen gewaltig auseinander: Im Januar 2023 musste der Kunde beim | |
| teuersten Anbieter 220 Prozent mehr zahlen als beim günstigsten Anbieter – | |
| [1][und das bei den ohnehin schon dramatisch gestiegenen Preisen.] | |
| ## Unterschiedliche Ausgangspositionen | |
| Zum Teil erklärt sich das wohl aus den unterschiedlichen Ausgangspositionen | |
| zu Beginn dieser Energiekrise: Denn auch die Versorger haben eben zu | |
| unterschiedlichen Preisen und Konditionen eingekauft. Bemerkenswert fand | |
| die Landeskartellbehörde allerdings, dass sich diese Preisunterschiede auch | |
| nach der Energiekrise nicht wieder nivellierten. | |
| Noch im Herbst 2024 lag die Preisspanne bei 106 Prozent. Das, so schreibt | |
| die Behörde in ihrem Abschlussbericht, „legt die Vermutung nahe, dass | |
| einige Grundversorger den fehlenden Wettbewerb durch eine missbräuchlich | |
| überhöhte Preissetzung ausgenutzt haben könnten.“ | |
| Ein EWE-Sprecher erklärt auf taz-Anfrage, man müsse den jetzt vorgelegten | |
| Bericht erst einmal eingehend sichten und bewerten. Der Konzern kritisiert | |
| allerdings schon jetzt, dass hier ausschließlich die Höhe der Preise | |
| betrachtet wird, ohne die jeweiligen Ursachen und Rahmenbedingungen | |
| einzubeziehen. | |
| ## Versorger wollen Vorwürfe prüfen | |
| Vorverurteilungen hinsichtlich der zwölf in dem Abschlussbericht genannten | |
| Unternehmen seien jedenfalls unangebracht. Es sei ja kein konkretes | |
| Fehlverhalten festgestellt worden, im Gegenteil die Landeskartellbehörde | |
| weise selber darauf hin, dass die festgestellten Preisunterschiede im | |
| Einzelfall begründet sein können. | |
| Auch die Stadtwerke Osnabrück glauben, sie könnten ihre Tarifmaßnahmen | |
| rechtfertigen. Immerhin habe man die Gasgrundversorgungstarife ab August | |
| 2022 stabil gehalten und im März 2025 (also nach dem Untersuchungszeitraum) | |
| deutlich gesenkt. | |
| Alle anderen der betroffenen Stadtwerke antworteten auf die taz-Anfrage | |
| einsilbig bis gar nicht. Man wolle den Bericht erst prüfen und die | |
| Gespräche abwarten, hieß es bei den meisten. | |
| ## Insolvenz ist Novum | |
| Das keineswegs alle Stadtwerke in der Energiekrise plötzlich zu Kriegs- und | |
| Krisengewinnlern mutierten, zeigt [2][ein Beispiel aus | |
| Mecklenburg-Vorpommern]. Die Stadtwerke Laage (Landkreis Rostock) mussten | |
| in der vergangenen Woche Insolvenz anmelden. [3][„Erste Stadtwerke im | |
| Norden pleite“] titelte die Bild prompt – was fast klang, als wären es die | |
| ersten in einer langen Reihe von zu erwartenden Pleiten. | |
| Tatsächlich ist es ein Novum, dass ein kommunales | |
| Energieversorgungsunternehmen Insolvenz anmeldet. Allerdings waren die | |
| Stadtwerke Laage auch ungewöhnlich klein und versorgten nur ein paar | |
| hundert Kunden. Damit hat man kaum eine Verhandlungsmacht, wenn es um | |
| Lieferverträge geht – und zu wenig Masse um so heftige Marktentwicklungen | |
| wie die Energiekrise abzufangen. | |
| Selbst die Betriebsführung und Geschäftsleitung hatten längst die | |
| benachbarten Stadtwerke Teterow übernommen, die 25 Prozent Anteile an den | |
| Stadtwerken Laage hielten, die restlichen 75 Prozent hielt die Stadt Laage | |
| selbst. | |
| Am Niedergang des kommunalen Unternehmens soll die lokale Politik nicht | |
| ganz unschuldig sein: [4][Der Rat der Stadt habe sich eben vor den | |
| notwendigen Preiserhöhungen gedrückt], heißt es nun von verschiedenen | |
| Seiten. | |
| Eine Versorgungslücke ist aber auch hier nicht zu befürchten, im | |
| Insolvenzverfahren läuft der Betrieb ganz normal weiter. Die | |
| Insolvenzverwalterin wird nun wohl die Übernahme durch einen größeren | |
| Anbieter in die Wege leiten, mutmaßt die Ostseezeitung. | |
| 15 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Profite-aus-hohen-Oel--und-Gas-Preisen/!6063476 | |
| [2] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/stadtwerke-laage-inso… | |
| [3] https://www.bild.de/regional/mecklenburg-vorpommern/insolvenz-in-laage-stad… | |
| [4] https://www.ostsee-zeitung.de/mecklenburg-vorpommern/stadtwerke-laage-insol… | |
| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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