# taz.de -- Machtkämpfe in Libyen: Milizen rüsten zum Krieg | |
> Wer kann, verlässt Tripolis, weil sich ringsum die Hauptstadt | |
> regierungstreue und unabhängige Milizen gegeneinander in Stellung | |
> bringen. | |
Bild: Will Stärke zeigen: der libysche Premierminister Abdulhamid Dbaiba | |
Tunis taz | Nach dem Einrücken schwerbewaffneter Militäreinheiten aus | |
mehreren westlibyschen Städten bereiten sich Bewohner der libyschen | |
Hauptstadt Tripolis auf eine neuen Krieg vor. Premierminister Abdulhamid | |
Dbaiba hatte zuvor die Milizen in Tripolis vor die Wahl gestellt, sich in | |
die Regierungsarmee zu integrieren oder zerschlagen zu werden. Nun legen | |
viele Bewohner Notvorräte an und überlegen, die Stadt vorübergehend zu | |
verlassen. | |
[1][Im Mai hatte Dbaiba schon einmal Härte gezeigt]. Kommandeure der | |
regierungstreuen Brigade 444 hatten Abdel Ghani al-Kikli, den Anführer der | |
damals stärksten Gruppe des Milizenkartells, zu Gesprächen über die | |
Integration seiner Miliz in Armeestrukturen in eine Kaserne geladen. | |
[2][Dort brach der berüchtigte Warlord von Schüssen getroffen tot | |
zusammen.] Es folgten schwere Kämpfe, die Umstände seines Todes sind bis | |
heute ungeklärt. | |
Im Visier Dbaibas steht heute die Miliz Rada des Salafisten Abdulrauf Kara, | |
die wie auch die anderen Milizen vom Staat bezahlt wird, aber sich nichts | |
sagen lassen will. Kara hat sein Hauptquartier am Flughafen von Tripolis | |
aufgeschlagen und sollte dieses bis Montag räumen. | |
Doch er weigert sich und droht nun, bis zu 3.000 Kämpfer des „Islamischen | |
Staates“ (IS) freizulassen, die in Rada-Gefängnissen einsitzen. Der IS | |
hatte in Libyen vor zehn Jahren einen 180 Kilometer langen Küstenstreifen | |
unter seine Kontrolle gebracht und wurde erst 2017 von Brigaden aus der | |
Stadt Misrata unter hohen Verlusten besiegt. | |
## Der Flughafen ist umstellt | |
Nun sollen Kämpfer aus Misrata der Regierung Dbaiba gegen den | |
widerspenstigen Kara helfen. Panzer aus der 200 Kilometer entfernten | |
Handelsstadt haben den Flughafen in Tripolis umstellt. Sie sollen im | |
Auftrag Dbaibas den Flughafen einnehmen. Vermummte Uniformierte aus anderen | |
Orten in Dbaibas Allianz haben an neuralgischen Punkten in Tripolis | |
Position bezogen. | |
Doch auch Kara hat seine Verbündeten mobilisiert. Denn Dbaiba beherrscht | |
nur einen kleinen Teil Libyens im Westen rund um die Hauptstadt Tripolis. | |
Im Osten und Süden des Landes herrscht der selbsternannte Feldmarschall | |
Chalifa Haftar mit seiner Libyschen Nationalarmee (LNA), die mit Russland | |
verbündet ist. | |
Haftar hat kein Interesse daran, dass Dbaiba seine Macht konsolidiert. Er | |
hat seine Truppen in Alarmbereitschaft versetzt und im Westen des Landes | |
sollen Milizen aus den Städten Zuwara und Zauwia den Westteil von Tripolis | |
besetzen, sollte Dbaiba den Angriffsbefehl auf den Flughafen geben. | |
Dort verlief der Flugverkehr am Mittwoch noch normal, obwohl immer wieder | |
Schüsse abgegeben werden. Doch auffällig viele Diplomaten und ausländische | |
Experten der Öl-und Gasindustrie reisen bereits ins benachbarte Tunis aus. | |
## Verheerende Zerstörungen in Tripolis erwartet | |
Kommandeure aus Misrata sagten der taz am Telefon, dass sie im Falle eines | |
Krieges mit verheerenden Zerstörungen in Tripolis wie beim letzten | |
Bürgerkrieg im Jahre 2014 oder während der mehrjährigen Belagerung der | |
Hauptstadt durch Haftar ab 2017 rechnen. | |
2014 ging der am Stadtrand liegende Flughafen zusammen mit zahlreichen | |
Maschinen libyscher Fluglinien in Flammen auf. Sämtliche ausländische | |
Botschaften wurden nach Tunis evakuiert, viele kehrten nie zurück. Haftars | |
Belagerung machte später mehr als 200.000 Libyer obdachlos. | |
Rund um den Flughafen verlassen jetzt die ersten Bewohner ihre Häuser. Ein | |
Selbstmordattentäter griff am Dienstagabend das Hauptquartier der Brigade | |
444 an, die Haftar an einem möglichen Einmarsch in Tripolis hindern soll. | |
Viele Hauptstadtbewohner hoffen, dass die internationale Gemeinschaft in | |
letzter Sekunde vermittelt. | |
3 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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