Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- taz-Sommerserie „Berlin geht baden“ (8): Einmal Ausweis, bitte
> Ohne Ausweis hat man in den Berliner Freibädern keine Chance. Seit zwei
> Jahren schon wird die Regelung streng umgesetzt. Eine Bestandsaufnahme.
Bild: Alle reingekommen: Badegäste sonnen sich auf den Terrassen im „Prinzen…
Berlin taz | Breitbeinig steht ein Security-Mitarbeiter an einem heißen
Sommertag vor dem Prinzenbad in Kreuzberg. Er trägt schwarze Kleidung,
Sonnenbrille, kaut Kaugummi und hat die Hände vor dem Bauch verschränkt.
Wäre da nicht der Eingang zum Freibad im Hintergrund, könnte man meinen, er
ist Türsteher eines Berliner Clubs. Er hat diesen typischen ernsten
Gesichtsausdruck. Aber sobald die Besucher:innen mit Badetasche und
Sonnenhut vor ihm stehen, zieht er seine Mundwinkel freundlich nach oben.
„Einmal Personalausweis, bitte“, sagt er dann.
Seit 2023 müssen sich alle Freibad-Besucher:innen über 14 Jahren in
Berlin ausweisen. In vier Sommerbädern, darunter das Prinzenbad sowie das
Columbiabad in Neukölln, gibt es zudem Videokameras. Grund dafür waren
verschiedene Vorfälle, etwa [1][gewaltsame Ausschreitungen im Columbiabad].
Anschließend hatten sich dort zahlreiche Mitarbeitende krank gemeldet,
wenig später folgten die Sicherheitsmaßnahmen.
„Früher war hier ganz schön Rambazamba“, sagt Salim aus Neukölln, der an
diesem Tag mit seiner 4-jährigen Tochter ins Prinzenbad gekommen ist. Wie
alle in diesem Text möchte er nur beim Vornamen genannt werden. Salim habe
sich zwar nie unsicher gefühlt, findet die neue Ausweiskontrolle aber nicht
schlecht. „Ich hab jetzt nur meinen Führerschein dabei, ich hoffe, das
klappt“, sagt er. Spoiler: Tut es.
Denn erlaubt sind Personalausweis, Reisepass, Führerschein,
Schwerbehindertenausweis, Schüler:innenausweis, Super-Ferien-Pass,
Dienstausweise der Polizei und Feuerwehr, gültige Aufenthaltsgenehmigungen
mit Bild und die BäderCard. Nicht akzeptiert werden hingegen
Ausweis-Kopien, -Apps oder -Fotos. Kinder unter 14 sollen ein Dokument bei
sich tragen, aus dem ihr Alter hervorgeht. Auf der Webseite schreiben die
Berliner Bäder-Betriebe (BBB): „Wir möchten dafür sorgen, dass die Bäder
sichere Orte sind“.
## Kein Eintritt ohne Ausweis
Dazu gehöre, dass man im Ernstfall ein Hausverbot aussprechen könne: „Mit
der Ausweispflicht stellen wir sicher, dass nur jene Menschen die Bäder
betreten, die sich im Zweifelsfall ausweisen können“. Deshalb werden keine
Daten abgeglichen, sondern lediglich kontrolliert, ob ein Ausweisdokument
vorhanden ist. Zusätzlich gibt es eine Taschenkontrolle. Verboten sind
zerbrechliche und gefährliche Gegenstände wie Glasflaschen oder Waffen,
aber auch Shishas und Grills.
In der aktuellen Saison beschäftigen die Berliner Bäder-Betriebe vier
Sicherheitsdienstleister für die Kontrollen. Die Kosten belaufen sich auf
insgesamt 2,5 Millionen Euro, was rund 700.000 Euro mehr sind als im
vergangenen Jahr.
Seit Tag eins gibt es aber auch Kritik an den Einlasskontrollen. Die
Initiative „Freibad einfach für alle“ bemängelt etwa die Benachteiligung
von Menschen ohne Papiere und von trans Personen, die sich für Namen oder
Foto rechtfertigen müssen. „Wir fordern: Einlass ins Schwimmbad ohne
Ausweispflicht!“, schreibt die Initiative auf ihrer [2][Webseite]. Sie
fordert andere Lösungen für die Sicherheit in den Berliner Bädern. Rund
3.000 Menschen [3][hatten die entsprechende Petition 2024 unterschrieben].
Allerdings gab es weder von den BBB noch von Innensenatorin Iris Spranger
(SPD) eine offizielle Reaktion.
Victoria ist eine der Personen, für die die Ausweiskontrolle zur
unüberwindbaren Hürde wird. Sie trägt einen Strohhut, Rock und schwarze
Schuhe. Gut gelaunt läuft sie mit einem gelben Eis in der Hand zum
Prinzenbad. Ihren Pass hat sie zu Hause gelassen, aus Angst, er könne
gestohlen werden. Denn: „Das ist das einzige Dokument, das ich habe, weil
ich aus der Ukraine komme“. Am Eingang wird sie abgewiesen. Kein Eintritt
ohne Ausweis. An Berlins härtester Tür gibt es keine Ausnahmen. „Wir haben
eine ukrainische App mit allen unseren Dokumenten. Aber die ist hier nicht
erlaubt“, sagt Victoria frustriert.
## Unklar, wie viele abgewiesen werden
Damit ist sie nicht allein. Auch dem 33-jährigen Adrian wird der Eintritt
an diesem Tag verwehrt. „Ich habe noch gefragt, ob ein Foto von meinem
Ausweis ausreicht. Dem war nicht so, deshalb gehen wir jetzt wieder“,
erzählt er genervt. Prinzipiell habe er kein Problem damit, seinen Ausweis
zu zeigen. Aber für jemanden, der spontan ins Schwimmbad will und nicht von
der Kontrolle weiß, sei es schon blöd. „Heute ist es nervig, aber nächstes
Mal wissen wir's“, sagt er.
Auch Nesrin, die auf der Sonnenallee lebt, wird abgewiesen. „Ich hab zwar
keinen Pass oder Ausweis dabei, aber ich hab ein Foto“, sagt sie. Immerhin
könne der Ausweis geklaut werden. „So private Sachen will ich nicht dabei
haben“, sagt sie. Die Maßnahme an sich fände sie schon sinnvoll, „aber
eigentlich sollte ein Foto reichen“.
Wie vielen Menschen der Eingang insgesamt verwehrt wird, ist unklar. Auf
taz-Anfrage teilen die Berliner Bäder-Betriebe mit, dass sie dazu keine
Statistik führen. Generell wollen sie erst nach der Saison eine Bilanz
ziehen. Das Maßnahmenpaket habe sich aber bisher als erfolgreich erwiesen.
9 Sep 2025
## LINKS
[1] /Krawall-in-Berliner-Freibaedern/!5943627
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/freibad-einfach-fuer-alle-gegen…
[3] /Zugangsregeln-in-Berliner-Freibaedern/!6026832
## AUTOREN
Lea Knies
## TAGS
Berlin geht baden
Berlin-Kreuzberg
Personalausweis
Sicherheitskontrolle
Freibad
Reden wir darüber
Social-Auswahl
Berlin geht baden
Freibad
Berliner Bäder-Betriebe
## ARTIKEL ZUM THEMA
taz-Sommerserie „Berlin geht baden“ (6): Kindheit, Chlor, Klasse
Zwischen Pommes und Sprungbrett ist das Freibad ein Ort gelebter Utopie. Es
ist ein Stück Sommer, das immer auch verloren zu gehen droht. Ein Essay.
Freibadsaison in Berlin: Sommer ist, wenn die Bäder auf sind
Bereits Anfang September sollen die Freibäder in Berlin schon wieder
schließen. Doch der hohe Andrang zuletzt stellt die Pläne infrage.
Freibadsaison in Berlin: Nichts für heiße Gemüter
Videoüberwachung, Ausweiskontrollen, Onlinetickets, Sportangebot: Die
Berliner Bäder Betriebe sind mit den Maßnahmen in den Freibädern zufrieden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.