# taz.de -- Streik bei Tiktok: Die Geldkuh kann ruhig was abgeben | |
> Die von Entlassung bedrohten Content-Moderator:innen streiken für höhere | |
> Abfindungen. Derweil entließ das Unternehmen eine solidarische Kollegin. | |
Bild: Streitlustig: Tiktok-Beschäftigte streiken vor dem Berliner Arbeitsgeric… | |
Berlin taz | Eine gute Arbeitsatmosphäre, Aufstiegschancen, vielseitige | |
Tätigkeiten – all das wurde ihr versprochen, als sie 2022 bei Tiktok | |
anfing, berichtet eine Mitarbeiter*in am Mittwoch auf der | |
Streikkundgebung vor der Berliner Niederlassung der chinesischen | |
Social-Media-Plattform in Friedrichshain. Nun, nach drei Jahren ermüdender | |
Content-Moderation, droht ihr und 150 weiteren Kolleg:innen die | |
Entlassung. Mit einem mittlerweile dritten Warnstreik fordern die | |
Beschäftigten Tik-Tok auf, über höhere Abfindungen und längere | |
Kündigungsfristen zu verhandeln. | |
Bislang verweigert das Unternehmen jegliche Gespräche mit Verdi über einen | |
Tarifvertrag. Die Dienstleistungsgewerkschaft fordert eine Verlängerung der | |
Kündigungsfrist auf 12 Monate und eine Abfindung in Höhe von drei | |
Jahresgehältern tariflich festzulegen. | |
„Tiktok ist eine Geldkuh, es kann ruhig etwas abgeben“, sagt | |
Verdi-Verhandlungsführerin Kathlen Eggerling. Die Entlassungen erfolgten | |
nicht aus wirtschaftlicher Not, sondern aus reiner Profitmaximierung. | |
[1][Anfang März teilte Tiktok der Belegschaft mit], die gesamte für die | |
Moderation verantwortliche „Trust and Safety“-Abteilung auflösen zu wollen. | |
Das Unternehmen begründet den Schritt mit Umstrukturierungen im Unternehmen | |
und Auslagerungen an Drittanbieter. Die Beschäftigten befürchten | |
allerdings, [2][dass in Zukunft verstärkt KI-Algorithmen die Moderation der | |
Inhalte übernehmen sollen.] | |
## Durch Algorithmus ersetzt | |
„KI soll unseren Job machen, sie macht ihn aber schlecht“, sagt Sara Tegge, | |
die ebenfalls von der Kündigung betroffen ist. Ihre Abteilung würde bereits | |
[3][vermehrt Beschwerden von Nutzer:innen erhalten, die fragten, warum | |
pornografische, rechtsextreme und verschwörungsideologische Inhalte viral | |
gehen.] | |
Die außergewöhnlich hohe Abfindung begründet Verdi auch damit, dass die | |
Beschäftigten den Algorithmus, der sie ersetzen soll, selbst trainiert | |
haben. „Wir trainieren die Maschinen, zahl uns, was wir verdienen“, lautet | |
daher ein Slogan der Streikenden. | |
Verhandlungen über einen Tarifvertrag will das Unternehmen allerdings | |
vermeiden. Stattdessen setzt es auf Gespräche mit dem Betriebsrat, um einen | |
Sozialplan für die Entlassenen zu erstellen. Da das Beschäftigtengremium | |
bislang alle Angebote ablehnte, versuchte Tiktok die Kündigungen durch das | |
Einsetzen einer Einigungsstelle vor Gericht zu beschleunigen. Das | |
Arbeitsgericht entschied Ende Juli zugunsten des Unternehmens. | |
Entscheidend für die Erfolgsaussichten des Streiks ist die Beteiligung der | |
Kolleg:innen aus anderen, bislang noch nicht aufgelösten Abteilungen. | |
Laut dem Verdi-Aktivisten Daniel Gutiérrez, der bei der Organisierung der | |
Beschäftigten mitwirkt, ist das Interesse groß. Viele hielten sich | |
allerdings noch zurück. „Die Angst vor weiteren Kündigungen ist eine große | |
Sache“, sagt Gutiérrez. Gerade gingen viele Gerüchte durch die Belegschaft, | |
dass eine Beteiligung am Streik eine Entlassung nach sich ziehen könnte. | |
Erst vor Kurzem kündigte das Unternehmen laut Verdi einer Mitarbeiterin aus | |
einer anderen Abteilung, die sich besonders mit den Kolleg:innen aus der | |
aufgelösten Abteilung solidarisiert hat. „Es ist schon sehr auffällig“, | |
kommentiert Verhandlungsführerin Kathlen Eggerling. Die Beschäftigte | |
fechtet die Kündigung vor dem Arbeitsgericht an. Tiktok selbst äußerte sich | |
nicht zu den Vorwürfen und ließ eine taz-Anfrage bis Redaktionsschluss | |
unbeantwortet. | |
4 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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