# taz.de -- Kündigungen bei TikTok: Streiken gegen die KI-Arbeiter | |
> Die Plattform will Hunderte Content-Moderator:innen durch einen | |
> KI-Algorithmus ersetzen. Nun wehren sich die Beschäftigten am Berliner | |
> Standort. | |
Bild: Deutsche TikTok-Mitarbeiter protestieren in Berlin gegen den Stellenabbau… | |
Berlin taz | Pornografie, Gewalt, Videos aus Kriegsgebieten, in den | |
Menschen tot auf der Straße liegen – manchmal kämen die Inhalte, die Sara | |
Tegge täglich auf der Videoplattform TikTok moderiert, in ihren Träumen | |
wieder. „Die Arbeit ist mental sehr belastend“, sagt Tegge. Doch dankbar | |
ist ihr Arbeitgeber, das chinesische Unternehmen Bytedance nicht: Tegge und | |
ihre rund 150 Kolleg:innen der Contentmoderations-Abteilung am Deutschen | |
TikTok-Standort in Berlin sollen entlassen werden. [1][Den Job soll in | |
Zukunft eine KI übernehmen.] | |
Am Donnerstag protestierten die Berliner TikTok-Beschäftigten mit einer | |
Kundgebung gegen die angekündigten Entlassungen. Die Gewerkschaft Verdi | |
fordert einen Sozialplan, höhere Abfindungen und länger Kündigungsfristen. | |
Expert:innen fürchten zudem die Auswirkungen auf die | |
Social-Media-Plattform: Ohne menschliche Arbeit drohten Gewalt, Fake News | |
und [2][rechtsextreme Inhalte auf TikTok] überhand zu nehmen. | |
„Im März haben wir eine schlecht geschriebene E-Mail vom Management | |
erhalten, dass die gesamte Trust-and-Safety-Abteilung entlassen werden | |
soll“, berichtet Tegge. Formell ausgesprochen ist die Kündigung allerdings | |
noch nicht. Ersetzt werden soll die für Content-Moderation verantwortliche | |
Abteilung unter anderem durch ein KI-Modell und Auslagerung an | |
Drittanbieter. Dabei haben die Beschäftigten in den vergangenen Jahren den | |
KI-Algorithmus mit ihrer Arbeit selbst gefüttert. „Wir trainieren die | |
Maschinen, bezahlt uns, was wir verdienen“, riefen die Beschäftigten bei | |
der Kundgebung. | |
„Wir sind in Gesprächen mit dem Betriebsrat über einen Vorschlag zur | |
Konsolidierung unserer Sicherheitsaktivitäten mit weniger Standorten, um | |
die Arbeitsabläufe zu straffen und die Effizienz zu verbessern“, sagte eine | |
Sprecher*in des Unternehmens am Freitag. Man werde sich weiterhin voll | |
und ganz für die Sicherheit und Integrität der Plattform einsetzen. | |
Verdi fordert TikTok auf, die Abfindung auf drei Jahresgehälter zu erhöhen | |
und die Kündigungsfrist auf ein Jahr zu verlängern. Die sei in Anbetracht | |
der herausfordernden Arbeit nötig. „Wir brauchen psychologische | |
Unterstützung, um uns wieder im Jobmarkt zurechtzufinden“, sagt ein | |
Beschäftigter der taz. | |
## Verdi droht mit Streik | |
Laut Verdi zeigte sich TikTok bislang wenig kompromissbereit. „Alle | |
Optionen liegen auf dem Tisch, inklusive Streik“, sagt Verdi-Aktivist | |
Daniel Gutiérrez. | |
Bereits im Oktober vergangenen Jahres kündigte TikTok an, weltweit Hunderte | |
Stellen in der Content-Moderation abbauen zu wollen. Kritiker:innen | |
sind skeptisch, dass ein Algorithmus dasselbe leisten kann wie Menschen. | |
„Die KI macht ständig Fehler und es wird keine Menschen geben, diese zu | |
korrigieren“, sagt Oliver March von der NGO Algorithmwatch. | |
Zu erwarten sei, dass mehr Benutzer:innen aus nicht nachvollziehbaren | |
Gründen gesperrt und mehr problematische Inhalte gar nicht moderiert | |
werden. | |
Viele Fälle, die Moderation erforderten, seien stark abhängig vom | |
gesellschaftlichen Kontext. [3][Beispielsweise pushten bei den rumänischen | |
Präsidentschaftswahlen Zehntausende Fake-Accounts einen rechtsextremen | |
Kandidaten.] „Solche Entscheidungen sind oft viel zu kompliziert für KI“, | |
sagt Marsh. | |
## Verstoß gegen EU-Recht? | |
Unklar ist, ob Tiktok mit dem Schritt nicht gegen EU-Recht verstößt. Laut | |
dem Digitale-Dienste-Gesetz, dem Digital Services Act (DSA), müssen | |
Social-Media-Plattformen transparente Content-Moderation in lokaler Sprache | |
durchführen. | |
Auch mit der Datenschutz-Grundverordnung scheint es TikTok nicht so genau | |
zu nehmen. Der digital politische Verein Nyob reichte ebenfalls am | |
Donnerstag Beschwerde gegen das chinesische Unternehmen ein. Entgegen den | |
Vorgaben des Gesetzes sei es unmöglich, Auskunft über die von TikTok | |
gesammelten Daten vom Unternehmen zu bekommen, so Nyob. | |
Der Artikel wurde um ein Statement TikToks aktualisiert | |
17 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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