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# taz.de -- Künstliche Intelligenz und Arbeit: Der Feind ist nicht die KI
> KI bedroht vor allem die Arbeitsplätze von Frauen. Allein auf
> Weiterbildungen zu setzen, ist nicht die Lösung. Wir müssen auch ans
> Thema Care-Arbeit.
Bild: Und wer räumt das weg? Sicher keine KI
[1][Die Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation der UN (ILO)] sind
eindeutig: Frauen sind von der Automatisierung durch KI besonders
betroffen. In Deutschland könnten bis zu 9,6 Prozent der weiblichen
Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren. Fast dreimal so viele wie bei
Männern. Denn Assistenz- und Verwaltungsjobs, klassische „Frauenberufe“,
sind besonders leicht automatisierbar. Der Feind ist hier aber nicht die
„böse“ KI, sondern das patriarchale System.
Seit der Industrialisierung fürchten Menschen, dass neue Technologien ihnen
ihre Jobs wegnehmen. Die Besorgnis ist teilweise berechtigt, Jobs verändern
sich. Aber wir arbeiten nach wie vor. Landwirte beispielsweise arbeiten
heutzutage mit Traktoren, Algorithmen, nicht mehr mit reiner Pferdestärke.
Die Automatisierung durch KI ist kein Schicksal, das einfach über uns
hereinbricht. Sie macht nur sichtbar, was in unserer Gesellschaft ohnehin
schiefläuft: [2][Frauen haben schlechteren Zugang zum Arbeitsmarkt,
arbeiten häufiger in Teilzeit oder in prekären Jobs.] Besonders Frauen
übernehmen solche Aufgaben, die durch KI ersetzt werden können. Das liegt
an einer Vergeschlechtlichung von Aufgaben außerhalb der Lohnarbeit.
Care-Arbeit gilt als typisch weiblich, wird aber nicht durch eine KI
ersetzt werden können. Pflege, Erziehung, Ernährung – einen Großteil der
Fürsorgearbeit, die überwiegend Frauen übernehmen, müssen Menschen
verrichten. Sie hält uns am Leben – und muss genau deshalb abgesichert,
politisch priorisiert und auch bezahlt werden.
Die technologischen Veränderungen werden nicht unbedingt zu einem Anstieg
der Arbeitslosigkeit führen, sagen die Forscher:innen der ILO. Vielmehr
müssen wir lernen, die KI als Tool zu benutzen, die uns mühselige
Kleinarbeit erspart. Allerdings: Das Narrativ, Frauen könnten durch die
Automatisierung in neue, „höherwertige“ Jobs wechseln, blendet aus, dass
sie sich in einem System bewegen, das typisch weibliche Arbeit – bezahlt
wie unbezahlt – strukturell entwertet.
Die eigentliche Chance liegt nicht in der Hoffnung, dass Frauen neue Jobs
finden, sondern in einer radikalen Neubewertung dessen, was Arbeit ist. Der
meritokratische Ansatz sitzt tief. Wir glauben, unser persönlicher Wert
hinge von unserer Leistung ab. Nur das, was produktiv, effizient und
profitabel ist, gilt als richtige Arbeit. Nach dieser Logik wird auch
Care-Arbeit als „nicht richtige“ Arbeit abgewertet. Und genau von dieser
Vorstellung müssen wir uns trennen.
[3][44 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit leisten Frauen pro Tag im
Vergleich zu Männern.] Trotzdem beansprucht diese Form der Arbeit zeitliche
und finanzielle Ressourcen. Fürsorgetragende erleben also fehlende
Anerkennung, mentale Belastung und auch Altersarmut. Solange Care-Arbeit
als private Pflichtaufgabe „nebenbei“ gesehen wird, die Frauen „aus Liebe…
und ohne Bezahlung verrichten, wird sich an der Schieflage auf dem
Arbeitsmarkt nichts ändern. Wenn wir jetzt nur darüber sprechen, wie Frauen
„fit gemacht“ werden für die neue Arbeitswelt mit KI, verpassen wir die
Chance, einen neuen Arbeitsbegriff zu etablieren, der Fürsorgearbeit
inkludiert. Es braucht eine Gesellschaft, die nicht nur von
„Chancengleichheit“ in der Berufswelt redet, sondern den Wert von
Sorgearbeit anerkennt.
27 May 2025
## LINKS
[1] https://webapps.ilo.org/static/english/intserv/working-papers/wp140/index.h…
[2] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/beschaeftigung-im-wa…
[3] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/gender-care-gap/indikato…
## AUTOREN
Leyla Roos
## TAGS
Feminismus
Care-Arbeit
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Social-Auswahl
Care-Arbeit
Schleswig-Holstein
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