# taz.de -- Neue Musik ais Berlin: Stimmschnipsel in fragiler Idylle | |
> Der umtriebige Musiker Joke Lanz veröffentlicht mit „Zungsang“ ein Album, | |
> in dem eine freundliche Stimmung rasch ungemütlich wird. | |
Bild: Der Musiker Joke Lanz veröffentlichte in diesem Jahr schon drei Alben | |
Mit einer Keyboardmelodie wie aus einem freundlichen Trickfilmjingle fängt | |
es an. Aber in Trickfilmen schlägt die Niedlichkeit schon mal unvermittelt | |
in Grausamkeit um. | |
Und so gerät „Zungsang Sankt Jokem II“, die Eröffnung [1][des aktuellen | |
Albums von Joke Lanz], mit abrupten Motivverschiebungen und Kanalwechseln | |
sowie mit eingestreuten Orgel- und Stimmschnipseln rasch ungemütlich. | |
Der gebürtige Schweizer und Wahlberliner Lanz veröffentlicht seit Ende der | |
Achtzigerjahre Platten mit Musik, deren Klangästhetik sich aus Brüchen und | |
Fragmenten speist. Lanz wird zumeist und nicht gänzlich zu Unrecht als | |
Noisemusiker vorgestellt. Seine Geräuschstücke sind mehr sprunghaft als | |
episch. | |
Lanz ist umtriebig: Allein in diesem Jahr sind drei Alben erschienen. | |
„Zungsang“ ist die für Vinyl um vier Stücke erweiterte Edition einer | |
Kassettenveröffentlichung aus dem Jahr 2021. Gewidmet hat Lanz das Album | |
Adolf Wölfli. Der Schweizer Art brut-Künstler, Komponist und Schriftsteller | |
fungierte schon bei Lanz’ Trio Sudden Infant als Titelgeber und | |
Inspiration. | |
Wölfli war ein Mensch, dem die Jugend unmöglich gemacht worden war. In der | |
Nervenheilanstalt Waldau wurde er zum Urheber eines ungebräuchlichen | |
Universums. Joke Lanz knüpft da an und arbeitet daran weiter. „Zungsang“ | |
ist Deklamation und ein Verlachen, eine fragile Idylle und flüsternde | |
Beschwörung. | |
Wenn ein Kind durch einen Gespensterwald geht, heißt das Stück „Du Grüsel | |
Du“. Und die Utopie ist kein Nichtort mehr, sondern in Wölflis Diktion eine | |
„Riesen=Schöpfung“. | |
5 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://jokelanz.bandcamp.com/ | |
## AUTOREN | |
Robert Mießner | |
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