# taz.de -- Wälder in Flammen: Feuerwehrleute allein reichen nicht | |
> Es sieht übel aus für den deutschen Wald, auch was den Brandschutz | |
> betrifft. Auf die freiwilligen Feuerwehren allein sollte man sich nicht | |
> verlassen. | |
Bild: Die Allgemeinheit kümmert sich bisher, wenns brennt, doch nun wirds Zeit… | |
Deutsche in Spanien, das ist mitunter ein schwieriges Kapitel. Aber dieses | |
Mal wurden Deutsche mit Jubel und tiefer Dankbarkeit begrüßt: 67 | |
Feuerwehrleute aus Niedersachsen und NRW haben mitgeholfen, [1][die | |
riesigen Waldbrände im Nordosten Spaniens] zu bekämpfen, gut ausgerüstet | |
mit Spezialfahrzeugen. Die Hälfte von ihnen waren freiwillige | |
Feuerwehrleute. | |
Die Waldbrände in Spanien, Frankreich, Griechenland sollten uns eine Lehre | |
sein. Denn wer glaubt, dass das bei uns nicht passieren kann – riesige | |
Brände, die zigtausende Kilometer Wald und Feld abfackeln und dabei | |
Menschen, Tiere, Häuser und Stallungen gefährden –, der irrt. Und wer | |
glaubt, dass die Feuerwehr in Deutschland gut genug aufgestellt ist, um | |
damit fertig zu werden, ebenfalls. Diesen Sommer hat uns der viele Regen im | |
Juli vor großen Bränden zwar geschützt (außer im sächsischen Gohrischheide, | |
da brannten 2.100 Hektar ab). Aber nächstes Jahr könnte es auch uns | |
treffen, im schlimmsten Fall mit den Nachbarländern. Es wird höchste Zeit, | |
dass sich die Verantwortlichen besser aufstellen. | |
Das fängt beim ersten Schritt der Prävention an – dem Waldumbau. | |
[2][Laubwälder schützen weit besser] vor Bränden als Nadelholzplantagen, | |
das ist wissenschaftlicher Konsens. Beim Waldumbau geht es seit 30 Jahren | |
voran – aber zu langsam, unter anderem, weil in vielen Regionen Rehe und | |
anderes Schalenwild jedes Frühjahr die jungen Laubbäume verbeißen. Statt | |
die Jäger gesetzlich in die Pflicht zu nehmen, zu große Wildbestände | |
endlich effektiv zu reduzieren, will Bundeslandwirtschaftsminister Alois | |
Rainer so viel tun: nichts. Alles in Ordnung, meinte er bei der Vorstellung | |
des Waldberichts. | |
Für den zweiten Schritt der Prävention müssten die Kleinwaldbesitzer | |
endlich wach werden: Gelöscht werden kann ein Waldbrand nur, wenn | |
ausreichend Wege in den Wald führen und es Löschwasserstellen gibt. Das ist | |
Aufgabe der Eigentümer – also auch der fast 2 Millionen Kleinwaldbesitzer, | |
denen ein großer Teil der 11,4 Millionen Hektar deutscher Wald gehört. | |
Eigentum verpflichtet? Viele wissen nicht einmal, wo ihre 3 Hektar | |
überhaupt liegen. Wege und Brandschutzstreifen anlegen lassen, Brandlast | |
wie umgefallene Bäume entfernen, Jagd mitmanagen – Maßnahmen, die meist | |
sogar großzügig gefördert werden. Oder bei der Forstbetriebsgemeinschaft | |
und der Jagdgenossenschaft vorbeischauen, mit dem Förster reden? Ach, grade | |
keine Zeit. | |
## Hotspot Brandenburg | |
Das Resultat sieht so aus: In Brandenburg, dem Hotspot der Waldbrände mit | |
Nadelplantagen und Kampfmittelbelastung im Boden, gibt es seit Jahren einen | |
Waldschutzplan mit dem Ziel, rund 20.000 Kilometer Wege in ebenjene | |
Nadelholzplantagen zu treiben. Davon sind derzeit knapp 2.700 Kilometer | |
fertiggestellt. Größtes Problem beim Ausbau laut zuständigem | |
Landesministerium: die Waldbesitzer. | |
Mittlerweile ist [3][das Land dazu übergegangen], Flächen von Waldbesitzern | |
kostenlos zu „pachten“, damit dort, bezahlt und organisiert von | |
Brandenburg, Löschwasserstellen angelegt werden können. Und gepflegt | |
werden, denn dank sinkendem Grundwasserspiegel bleiben sie mittlerweile | |
auch mal trocken. | |
Dritter Punkt – die Feuerwehren. Deutschland hat ein Pfund, mit dem es | |
wuchern kann – die freiwilligen Feuerwehren. Rund eine Million Menschen | |
engagieren sich dort, übrigens gerne und zu Unrecht belächelt und bewitzelt | |
von Großstadtmenschen (darunter oft Waldbesitzende). Sie sind es, die | |
derzeit über 90 Prozent der Vegetationsbrände löschen, bevor sie zur | |
großen, dynamischen und schwer kontrollierbaren Lage eskalieren. So gut | |
andere Länder wie Spanien aufgestellt sind mit ihren dezentralen | |
Waldbrandeinheiten – diese geballte lokale Kraft fehlt. Aber eine große | |
Zahl Feuerwehrleute alleine reicht nicht, ganz abgesehen davon, dass die | |
freiwilligen Feuerwehren wie alle Institutionen unter dem demografischen | |
Wandel leiden. Es braucht die entsprechende Ausrüstung und Ausbildung, von | |
der Kleidung über die Geräte bis zum spezialisierten Löschfahrzeug und | |
Hubschrauber oder Flugzeug. | |
## Von allem nicht genug | |
Es hat sich viel getan, seit 1975 in der Lüneburger Heide 8.000 Hektar | |
abgebrannt sind, der größte Waldbrand der bundesrepublikanischen | |
Geschichte. Bessere Überwachung, Digitalfunk, bessere Koordination der | |
verschiedenen Helfertruppen, neue Löschfahrzeuge für Vegetationsbrände: Die | |
Lüneburger Heide war ein Weckruf. Dann kam 2003 mit über 2.500 Waldbränden, | |
es folgten 2015, 2018, 2019, 2020 und 2022, jedes Jahr mit über 1.000 | |
Bränden. | |
Zu dem Fazit kommt auch der Zwischenbericht der Arbeitsgruppe | |
Waldbrandschutz der Innenministerkonferenz 2023: nicht genug Ausrüstung, | |
nicht genug Ausbildung, nicht genug Löschwasserstellen, nicht genug | |
Waldbrandschutzwege. Nicht genug von allem eigentlich. | |
Nun kann man darüber debattieren, ob wirklich jede freiwillige Feuerwehr | |
eine Spezialausrüstung und Spezialausbildung braucht, wenn ringsum nie | |
Felder und Wälder brennen. Aber dass da, wo es häufiger brennt, | |
Feuerwehrleute nicht mal die adäquate Kleidung bekommen, mit der man es | |
Stunden und Tage am Feuer aushält – das ist am falschen Ende gespart. | |
Ebenso wie die Ausbildung zur Vegetationsbrandbekämpfung – was nutzt das | |
schönste neue Löschfahrzeug, wenn sich die Helfer am Boden falsch | |
verhalten? | |
Trotzdem ist diese Ausbildung bis heute nicht Pflicht in den | |
Feuerwehrschulen, sondern nur eine Empfehlung. Auch das nun Jahre | |
andauernde politische Gerangel um die Anschaffung von Löschflugzeugen und | |
Hubschraubern oder ob man lieber beide mietet und die Kommunen dafür teuer | |
blechen lässt, sollte zu einer Entscheidung kommen. Denn es komme nur ein | |
Sommer wie der diesjährige in Spanien und Frankreich, und wir werden bitter | |
erfahren müssen, was die Versäumnisse der vergangenen Jahre kosten. | |
28 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Maike Rademaker | |
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