# taz.de -- Serbien: Demonstranten zünden Büro der Vučić-Partei an | |
> In Serbien verwüsten Regierungsanhänger das Café eines Sympathisanten der | |
> Protestbewegung. Protestierende antworten mit Randalen. | |
Bild: Demonstranten in Belgrad errichten Barrikaden | |
Split taz | Bei den seit fast neun Monaten andauernden Protesten gegen die | |
Regierung von Präsident Aleksandar Vučić ist es in Serbien zu Gewaltakten | |
gekommen. Die schwersten Auseinandersetzungen ereigneten sich in der | |
zentralserbischen Stadt Valjevo, wo Tausende Menschen auf die Straße | |
gingen. Eine kleine Gruppe maskierter Regierungsgegner griff dort am Abend | |
das Büro der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) an und setzte | |
es in Brand. Zudem beschädigte sie Gebäude der Stadtverwaltung und der | |
örtlichen Staatsanwaltschaft. | |
Neu ist jetzt, dass die Demonstranten nicht mehr alles, was mit ihnen | |
geschieht, erdulden. Die Staatsmacht verfügt in Serbien bei den Menschen | |
ohnehin traditionell nur über begrenzten Respekt, aber bisher haben die | |
Demonstranten doch einiges ertragen. | |
Der Zorn der Demonstranten in der Stadt 100 Kilometer südwestlich von | |
Belgrad aber richtete sich gegen die Tatsache, dass zwei Tage zuvor | |
Schlägertrupps der SNS ein Café im Besitz eines Sympathisanten der | |
Protestbewegung zerstört hatten. | |
Das forderte Mitstreiter, Freunde und Familie des Geschädigten zur | |
Gegenwehr heraus. In derselben Nacht hatten Schläger der SNS die Werkstatt | |
des Vaters einer studentischen Aktivistin überfallen und ihren Betreiber | |
krankenhausreif geprügelt. Dass die Behörden keine Schritte zur | |
strafrechtlichen Verfolgung dieser Gewaltakte unternahmen, ließ die Wut nur | |
noch größer werden. | |
## Angriffe von Vučić-Anhängern | |
Die Proteste waren bis zum vergangenen Mittwoch weitgehend gewaltfrei | |
verlaufen. Allerdings waren die Kundgebungen von Anfang an immer wieder | |
[1][von organisierten Anhängern der Vučić-Regierung tätlich angegriffen] | |
worden. Diese Übergriffe wurden von der normalen Polizei nur selten | |
geahndet. So schritten die Demonstranten selbst zur Tat. | |
Das ist in Serbien nicht ganz neu, hat aber eine neue Qualität. Die neue | |
Dynamik mit gewalttätigen Ausschreitungen, die auch von Demonstranten | |
ausgehen, hat mit der Frustration der Bürger wegen der Tatenlosigkeit der | |
Behörden angesichts der Gewalt der Regierungsanhänger zu tun. | |
In der Nacht zum Sonntag demonstrierten Regierungsgegner in zahlreichen | |
Städten Serbiens. Zu Zusammenstößen mit der Polizei kam es den Berichten | |
zufolge auch im Belgrader Bezirk Novi Beograd. Die Sicherheitskräfte | |
stoppten Demonstranten, die zum Hauptquartier der SNS marschieren wollten. | |
Auch aus der zweitgrößten Stadt des Landes, Novi Sad, wurden Zusammenstöße | |
gemeldet. | |
Innenminister Ivica Dačić sagte kurz vor Mitternacht, dass in Belgrad ein | |
Gendarm verletzt und 18 Demonstranten festgenommen worden seien. Angaben | |
über die Zahl verletzter Protestteilnehmer machen die serbischen Behörden | |
keine. Über soziale Medien weiß man aber, dass es zahlreiche Jugendliche | |
gab, die von den kriminellen Schlägern verletzt worden waren. | |
## Proteste gegen Korruption | |
In Serbien kommt es seit Monaten regelmäßig [2][zu heftigen Protesten gegen | |
die Regierung] und die im Land herrschende Korruption. Auslöser der | |
Protestwelle war der Einsturz des Bahnhofsvordachs von Novi Sad am 1. | |
November 2024, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Der Hauptbahnhof war | |
erst im Juli 2024 nach dreijährigen Renovierungsarbeiten wieder voll in | |
Betrieb gegangen. | |
Bei den durch das Unglück ausgelösten Protesten ging es zunächst um die | |
Ursachen des Einsturzes, später richteten sich die vor allem von | |
Studierenden getragenen Kundgebungen gegen die Regierung und die | |
weitverbreitete Korruption im Land. An der bisher größten Demonstration | |
beteiligten sich Mitte März rund 300.000 Menschen. In letzter Zeit wurden | |
[3][regierungskritische Demonstranten] immer wieder von teils vermummten | |
Regierungsanhängern attackiert. | |
17 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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