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# taz.de -- Rückzug von Co-Chefin der Grünen Jugend: „Verspreche, die linke…
> „Ausgebuht“ und „angeschrien“: An Jette Nietzard scheiden sich die gr…
> Geister. Jetzt hat die Co-Chefin der Grünen Jugend den Rückzug
> angekündigt.
Bild: Jette Nietzard tritt ab
Berlin dpa | Unter heftigen Vorwürfen gegen Mitglieder ihrer eigenen Partei
hat die Co-Chefin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, ihren Rückzug
angekündigt. Beim Bundeskongress der Grünen-Nachwuchsorganisation Mitte
Oktober in Leipzig will sie sich nicht erneut als sogenannte
Bundessprecherin zur Wahl stellen. Das teilte die 26-Jährige im sozialen
Netzwerk Instagram mit. Sie bleibe aber Parteimitglied und Mitglied der
Grünen Jugend.
„Allerliebste Grüne Jugend“, begann Nietzard ihre knapp dreiminütige
Video-Botschaft. „Ich habe die letzten neun Monate versucht, eine linke
Hoffnung, eine linke Stimme in den Grünen zu sein.“
[1][Bei den Grünen seien ihre Gedanken nicht immer auf Gegenliebe
gestoßen], sagte Nietzard. „Mal wurde ich in Fraktionssitzungen ausgebuht,
mal wurde ich von Realo-Spitzenpersonal angeschrien oder von
Ministerpräsidenten oder solchen, die es werden wollten, wurde mein
Rücktritt gefordert“, sagte sie in Anspielung auf den
baden-württembergischen Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und
Cem Özdemir, der ihm nachfolgen will.
„Ganz ehrlich, das sollte nicht der Alltag von der Grünen-Jugend-Sprecherin
sein.“ Seit einiger Zeit sei klar, dass sie „in diesem Bundesvorstand“ der
Partei keine Zukunft haben könne. „Bei ständigen Anfeindungen kann einfach
keine gute Politik entstehen und wenn die Parteispitze es nicht schafft,
dass diese Anfeindungen enden, dann ziehe ich eben die Konsequenzen für
meinen Jugendverband“, resümierte Nietzard.
## Heftige Reaktionen auf Äußerungen
Nietzard hatte mit Äußerungen in sozialen Medien immer wieder Ärger und
Unverständnis in den Reihen der Grünen ausgelöst. Anfang Juni entschuldigte
sie sich für ein kurz zuvor hochgeladenes Video zu Gaza und Israel. Die
Grüne Jugend erklärte in einem Transparenzhinweis, in der vorherigen
Version des Videos sei „nicht deutlich genug geworden, dass der 7. Oktober
ein antisemitischer Terroranschlag war“.
In der zu diesem Zeitpunkt bereits geänderten Version hatte Nietzard
Medienberichten zufolge geäußert, seit dem 7. Oktober 2023 seien „über
50.000 PalästinenserInnen und 1.200 Israelis bei militärischen Operationen
umgekommen“.
Kurz zuvor, im Mai, hatte sie sich auf ihrem privaten Instagram-Kanal mit
einem [2][Pullover gezeigt, auf dem das Kürzel „ACAB“ zu lesen war]. Es
steht für „All Cops Are Bastards“. Dazu trug sie eine Kappe mit der
kapitalismuskritischen Aufschrift „Eat the rich“.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hatte Nietzard zum
Parteiaustritt aufgefordert. „Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns
will“, sagte der Grünen-Politiker. Für die Positionen, die Nietzard
vertrete, gebe es mit der Linken ein passendes Angebot im Parteienspektrum.
Grünen-Chef Felix Banaszak hatte Nietzards Beurteilung der Polizei
„inakzeptabel“ genannt. Özdemir, Spitzenkandidat der Partei für die
kommende Landtagswahl in Baden-Württemberg, kritisierte damals, bei den
Grünen sei falsch, wer nicht kapiere, dass die Polizei auch Grünen-Werte
verteidige.
Nietzard distanzierte sich damals ein wenig von ihrer Pullover-Aktion. Sie
„glaube nicht, dass das der richtige Weg war, um auf die Probleme
aufmerksam zu machen“, erklärt sie in einem „Stern“-Podcast. Den Pulli
besitze sie „als Privatperson“. Nietzard ist seit Oktober 2024
Co-Sprecherin der Grünen Jugend.
## Nicht die erste Kontroverse
Es war nicht das erste Mal, dass Nietzard provozierte. So hatte sie nach
Angaben von Nutzern zu Silvester in sozialen Medien gepostet: „Männer die
ihre Hand beim Böllern verlieren können zumindest keine Frauen mehr
schlagen.“ Der Beitrag wurde nach Kritik gelöscht.
Den Rückzug von FDP-Chef Christian Lindner nach dem desaströsen Abschneiden
seiner Partei bei der Bundestagswahl quittierte sie auf X mit den Worten:
„Ich freue mich, dass der Mann von @francalehfeldt jetzt kürzer tritt um
ihr Karriere und Kind zu ermöglichen“. Parteikollegin Renate Künast
kommentierte den Post. „Jette, das ist unsouverän und macht Dich sehr
klein“, schrieb sie.
Zu [3][zweifelhaften Belästigungsvorwürfen gegen den Grünen-Politiker
Stefan Gelbhaar] erklärte Nietzard, die Unschuldsvermutung gelte vor
Gericht. „Aber wir sind eine Organisation, und wir sind kein Gericht.“
Nun betonte Nietzard: „In der ganzen Zeit habe ich versucht, Aufmerksamkeit
auf linke Themen und auf Ungerechtigkeiten zu lenken. Und auch wenn man
meine Art und meinen Weg dabei vielleicht kritisieren will, egal ob bei
Polizei oder bei übergriffigen Männern oder beim Rechtsruck in der
Migrationspolitik: Ziel meiner Kritik waren immer Menschen in
Machtpositionen, die ihrer Verantwortung halt einfach nicht gerecht
wurden.“
Sie erklärte: „Man kann vieles über mich sagen, aber auf eins werde ich
immer stolz sein, und zwar, dass ich immer nach oben getreten habe und nie
nach unten.“ Ihrer Partei gab sie mit: „Grüne müssen Konflikte da führen,
wo sie sich für die Menschen lohnen. Das ist mit Superreichen, das ist mit
Immobilienkonzernen, die halt dafür verantwortlich sind, dass unsere
Scheiß-Mieten so viel zu hoch sind.“ Auch mediale Kampagnen beklagte sie.
## Grüne Jugend gilt als Kaderschmiede
Innerhalb des grünen Meinungsspektrums vertritt die Grüne Jugend
traditionell sehr linke Positionen. Wie in anderen politischen
Nachwuchsorganisationen schrecken die führenden Köpfe in der Regel nicht
vor Kritik am Kurs der eigenen Parteiführung zurück. Dennoch ist die
Organisation auch eine Kaderschmiede: Die frühere Parteichefin Ricarda Lang
stand einst an ihrer Spitze, ebenso ihr Nachfolger Felix Banaszak.
Nietzard war gemeinsam mit [4][Jakob Blasel, ihrem Co-Bundessprecher], wie
das Führungsamt in der Grünen Jugend heißt, im Oktober letzten Jahres
mitten in einer Krise gewählt worden. [5][Zuvor war der vorige Vorstand
zurückgetreten] und hatte das mit Entfremdung von den Grünen begründet, bei
denen es „mittelfristig keine Mehrheiten (…) für eine klassenorientierte
Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven
für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt“.
Die damalige Hoffnung, mit einer neuen Führungsriege könnten die
Beziehungen zwischen Jugendorganisation und Partei zur Ruhe kommen, erwies
sich als trügerisch. Für die Zukunft kündigte Nietzard an: „Die Grüne
Jugend verliert mich vielleicht als Sprecherin, aber ich verspreche auch,
die linke Stimme zu bleiben.“
29 Jul 2025
## LINKS
[1] /!vn6091181/
[2] /ACAB-Gate-von-Jette-Nietzard-/!6087138
[3] /Fingierte-Metoo-Vorwuerfe-gegen-Gruenen/!6093799
[4] /Jakob-Blasel-im-Portraet/!6094238
[5] /Ex-Gruene-bauen-Junge-Linke-auf/!6091004
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