# taz.de -- Politologe zu Kongos Friedensprozess: „Nur eine Atempause in der … | |
> Kongos Regierung und die M23-Rebellen haben in Katar eine | |
> Friedensvereinbarung getroffen. Der kongolesische Politologe Bob Kabamba | |
> ist skeptisch. | |
Bild: Das historische Foto: Händeschütteln bei der Unterzeichnungszeremonie i… | |
taz: Herr Kabamba, Regierung und Rebellen der Demokratischen Republik Kongo | |
haben vor wenigen Tagen in Katars Hauptstadt [1][ein Abkommen | |
unterzeichnet]. Gibt es jetzt Hoffnung auf Frieden? | |
Bob Kabamba: Nein, es ist nur eine Grundsatzerklärung. Auf Regierungsseite | |
hat kein Regierungsmitglied unterschrieben, bei den AFC-M23-Rebellen weder | |
der militärische Führer Sultani Makenga noch der politische Führer | |
Corneille Nangaa. | |
taz: Ist das normal? Das führt ja dann nicht sehr weit.… | |
Kabamba: Genau. Man brauchte eine Trophäe, das Foto der Unterzeichnung. | |
Aber die Krise wurde nicht gelöst. | |
taz: Das Abkommen wurde von den USA eingefädelt. Worum geht es ihnen? | |
Kabamba: Auf amerikanischer Seite gibt es zwei Faktoren. Zum einen der | |
Umstand, dass China 80 Prozent der Mineralien der DR Kongo ausbeutet, und | |
die Amerikaner würden das gerne ändern. Zum anderen möchte Donald Trump den | |
Friedensnobelpreis und muss dafür etwas vorweisen. Aber eine Lösung für die | |
Probleme der Region ist das nicht. | |
taz: Während der Doha-Gespräche sollen beide Kriegsparteien auch weiter | |
aufgerüstet haben… | |
Kabamba: Doha war nur eine Atempause in der Mobilisierung beider Seiten. | |
Die Regierung reorganisiert ihre Armee. Die AFC-M23 haben 8000 bis 10.000 | |
Mann rekrutiert und kampfbereit ausgebildet. Ich sehe nicht, wie die in | |
ihrem Gebiet von Lubero in Nord-Kivu bis Kamanyola in Süd-Kivu auf Stand-by | |
bleiben. Sie haben die Mittel, weiter vorzurücken. Beide Seiten bereiten | |
neue Kämpfe vor. | |
taz: Man hat auch nicht den Eindruck, dass die Wünsche der lokalen | |
Bevölkerung bei den Verhandlungen eine Rolle spielten. | |
Kabamba: Die Vereinbarungen von Doha und davor von Washington haben wenig | |
mit der kongolesischen Dynamik zu tun. Die bekannten Konfliktursachen | |
werden nicht berücksichtigt. | |
taz: Auf Regierungsseite spielen vor Ort die sogenannten Mai-Mai-Milizen | |
eine wichtige Rolle, heute heißen sie [2][„Patrioten“ (wazalendo)]. Sind | |
sie in irgendeiner Weise beteiligt? | |
Kabamba: Nein, und das macht deutlich, wie schwierig es sein wird, die | |
Vereinbarungen umzusetzen. Diese Gruppen sind sehr autonom gegenüber der | |
Regierung, sie agieren nicht national, sondern in einer lokalen Dynamik, | |
zuweilen auf Dorfebene. Die Wazalendo nehmen keine Befehle an, sie leben in | |
einer Logik von Krieg und Ausplünderung, erheben ihre eigenen Steuern. Sie | |
sind Hilfstruppen der Armee, aber folgen nicht ihrer Agenda. Kinshasa wird | |
es schwer haben, diese Gruppen im Zaum zu halten. | |
taz: Kann man in diesem Kontext sagen, dass Präsident Tshisekedi ehrlich | |
verhandelt? | |
Kabamba: Nein, er ist nicht ehrlich. Die Regierungsdelegation enthielt | |
keine Entscheidungsträger. Die Regierung hat das Abkommen von Doha noch | |
nicht bestätigt. Es ist höchstens das Papier wert, auf dem es steht. Ein | |
Beispiel: der versprochene Gefangegenaustausch. Wie soll das Internationale | |
Rote Kreuz das ausführen, wenn Kongos Regierung die Vereinbarung nicht | |
bestätigt? | |
taz: In der vorangegangenen [3][Vereinbarung von Washington zwischen Kongo | |
und Ruanda Ende Juni] ist auch vom Bergbau die Rede. Kann das | |
funktionieren? | |
Kabamba: Von welchem Bergbau reden wir denn Im Ostkongo gibt es [4][Gold] | |
und [5][Coltan]. Das Coltan ist nur ein winziger Bruchteil der | |
kongolesischen Rohstoffe. [6][Was die Amerikaner interessiert], ist das | |
Kupfer und Kobalt, das sich in Katanga im Süden befindet, nicht in Kivu im | |
Osten, und zwar in chinesischen Händen. Das [7][Lithium] ist auch nicht in | |
Kivu, sondern in der Provinz Tanganyika. Die für die Amerikaner | |
interessanten Bergbaugebiete sind nicht im Konfliktgebiet. | |
taz: Die Vereinbarung von Doha nennt immerhin Mechanismen zur | |
Friedenssicherung… | |
Kabamba: Da geht es zum einen um die [8][UN-Mission Monusco]. Die ist sehr | |
geschwächt, aus Süd-Kivu ist sie schon abgezogen und die USA haben ihre | |
Zahlungen für UN-Blauhelmmissionen eingestellt. Dann geht es um die | |
regionalen Organisationen SADC und EAC des südlichen und östlichen Afrika. | |
Aber damit die tätig werden, muss Kongos Regierung das beantragen. Dann | |
muss ein Regionalgipfel die entsprechenden Mittel bereitstellen. Das dauert | |
Monate. | |
taz: Es ist von einem Friedensabkommen am 18. August die Rede. Ist das | |
realistisch? | |
Kabamba: Völlig unrealistisch. Es gibt keinen entsprechenden | |
Regierungsbeschluss, kein Regionalgipfel ist in Sicht. Und die bestehenden | |
Friedensprozesse des südlichen und östlichen Afrika wurden jetzt von Katar | |
und den USA beiseitegeschoben, das sorgt für viel Misstrauen in Afrika. | |
21 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
François Misser | |
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