# taz.de -- Huthi-Angriffe vor Jemens Küste: Rotes Meer in Flammen | |
> Erneut greift die Miliz Frachtschiffe an. Israel bombt zurück – und | |
> trifft die 2023 von den Huthis gekaperte und zur Radarplattform umgebaute | |
> „Galaxy Leader“. | |
Bild: Nach eigenen Angaben greifen die Huthis Schiffe im Roten Meer an, um die … | |
Toronto taz | Nach Monaten relativer Ruhe im Roten Meer wird es dort für | |
die Schifffahrt erneut gefährlich: Am Sonntag, 6. Juli, wurde das unter | |
liberianischer Flagge fahrende Frachtschiff „Magic Seas“ bei der Durchfahrt | |
in der Nähe der jemenitischen Insel Zubair angegriffen. | |
Das Schiff, das einer griechischen Reederei gehört, hatte nach Angaben der | |
jemenitischen Regierung über 17.000 Tonnen Ammoniumnitrat an Bord – eine | |
leicht entzündliche und umweltschädliche Chemikalie, die sowohl in | |
Düngemitteln als auch in Sprengstoffen verwendet wird. Es sank kurz nach | |
dem Angriff. Die Huthi-Miliz im Jemen bekannte sich – und bezeichnete das | |
Schiff als „legitimes Ziel“, weil es angeblich Verbindungen zu Israel habe. | |
Nur einen Tag nach diesem Angriff wurde ein weiteres Schiff attackiert: die | |
„Eternity C“, ein ebenfalls unter liberianischer Flagge fahrender | |
Massengutfrachter. Er geriet unter schweren Beschuss von kleinen Booten und | |
mit Sprengstoff beladenen Drohnen. Zwei Besatzungsmitglieder wurden dabei | |
schwer verletzt, zwei weitere werden vermisst. Die Brücke und die Maschinen | |
des Schiffes wurden beschädigt, sodass es nun manövrierunfähig auf See | |
treibt. | |
## Während um eine Waffenruhe in Gaza verhandelt wird | |
Dass die Huthis ausgerechnet jetzt nach längerer Pause wieder Schiffe | |
attackieren, hat wohl strategische Gründe. So erfolgte der Angriff nur | |
einen Tag, nachdem der Anführer der libanesischen Miliz Hisbollah, Naim | |
Qassem, eine trotzige Erklärung abgab: Eine Entwaffnung gemäß dem | |
[1][Waffenruhebkommen], das im November 2024 den [2][Krieg zwischen der | |
Hisbollah und Israel] zumindest teilweise beendete, lehne die Miliz ab. Wie | |
auch die Huthis wird die Hisbollah erheblich von der Islamischen Republik | |
Iran unterstützt. | |
Außerdem laufen derzeit die indirekten Verhandlungen zwischen der ebenfalls | |
iranisch unterstützten [3][Hamas im Gazastreifen und Israel]. US-Präsident | |
Donald Trump will noch in dieser Woche einen Waffenruhe-Deal forcieren, in | |
dessen Zuge auch israelische Geiseln freigelassen werden sollen. | |
Mit ihren Angriffen wollen die Huthis wohl Druck aufbauen, im Sinne ihrer | |
proklamierten Unterstützung der Palästinenser. Und zeigen erneut, dass sie | |
nach dem Krieg Israels gegen die Hisbollah im Libanon und die Hamas in Gaza | |
das stärkste noch verbliebene Element der „Achse des Widerstands“ der | |
Islamischen Republik sind. Und das, obwohl die USA und Großbritannien im | |
Frühling mit einer breit angelegten Kampagne gegen die Huthis vorgegangen | |
waren. | |
Drittens erinnern die aufeinanderfolgenden Angriffe die Welt daran, dass | |
Iran – obwohl [4][geschwächt durch den 12-Tage-Krieg mit Israel] – noch | |
immer eine gewisse, zumindest indirekte Kontrolle über „Pressure Points“ an | |
strategischen Stellen hat. Durch die Huthis sendet Teheran eine Botschaft: | |
Es ist weiterhin dazu befähigt, Unruhe zu schüren und westliche Interessen | |
zu gefährden. | |
## Bei Umweltexperten läuten die Alarmglocken | |
In einer Fernsehansprache prahlte Rebellenführer Abdul-Malik al-Huthi nun: | |
Seine Kämpfer hätten seit November 2023 fast 190 Schiffe angegriffen, die | |
Verbindungen zu Israel, den USA oder Großbritannien hätten. Während die | |
meisten dieser Schiffe nur beschädigt oder zur Kursänderung gezwungen | |
wurden, sind mit der „Magic Seas“ nun drei in jemenitischen Gewässern | |
gesunken. Das lässt bei Umweltexperten die Alarmglocken läuten. So stellt | |
etwa das Ammoniumnitrat, mit dem die „Magic Seas“ wohl beladen war, eine | |
ernsthafte Bedrohung für die Meeresfauna und die Fischerei an der Westküste | |
des Jemen dar. | |
Die international anerkannte Regierung des Jemen verurteilte die Angriffe | |
umgehend. Informationsminister Moammar al-Eryani warnte: Die Aggressionen | |
der Huthis destabilisierten nicht nur die Region. Sie ließen außerdem Jemen | |
als gescheiterten Staat erscheinen – was die Bevölkerung wohl weiter | |
isoliere und die künftigen Wiederaufbaubemühungen erschwere. | |
Nach den Angriffen wurden die US-Seestreitkräfte im Roten Meer in | |
Alarmbereitschaft versetzt. [5][In London verfolgt die UKMTO (United | |
Kingdom Maritime Trade Operations)] die Angriffe. Nach Berichten haben | |
mehrere Sicherheitsfirmen Schiffe aufgerufen, ihre Route zu ändern oder | |
mindestens 100 Seemeilen von der jemenitischen Küste entfernt zu bleiben. | |
Israel reagierte sofort: Am späten Montag bombardierten Kampfflugzeuge | |
Stellungen der Huthis in der Hafenstadt Hodeidah. Berichten zufolge trafen | |
sie auch die „Galaxy Leader“ – ein Frachtschiff, das im November 2023 von | |
den Huthis gekapert und zu einer schwimmenden Radarplattform umgebaut | |
worden war. Nach Angaben jemenitischer Beamter wurde das Schiff zur | |
Überwachung und Geolokalisierung von Handelsschiffen eingesetzt, die die | |
Meerenge von Bab el-Mandeb passierten. | |
## Beziehungen zu dschihadistischen Gruppen in Afrika | |
Bemerkenswert ist, dass die [6][Huthis gute Beziehungen zu | |
dschihadistischen und bewaffneten Gruppen am Horn von Afrika aufgebaut | |
haben] – darunter die somalische Al-Shabaab und Milizen in ostafrikanischen | |
Staaten. Das könnte die Schifffahrt im Roten Meer weiter gefährden. Majed | |
al-Madhaji, Direktor des Sana'a Center for Strategic Studies, sagt dazu: | |
„Die Huthis sind zu einem finanziellen und logistischen Drehkreuz für | |
extremistische Gruppierungen in der gesamten Region geworden. In einigen | |
Fällen beeinflussen sie sogar den informellen Waffenmarkt in Afrika und | |
legen die Preise für kleine und mittlere Waffen fest.“ Solche | |
Verflechtungen, warnt er, könnten die internationalen Bemühungen zur | |
Terrorismusbekämpfung untergraben und die Huthis zu einer starken | |
regionalen Kraft werden lassen, die die Instabilität in der Region noch | |
verstärkt. | |
Während der Krieg im Jemen weiter schwelt, werden die Gewässer vor der | |
Küste des Landes erneut zur Frontlinie – an welcher lokale Akteure globale | |
Botschaften vermitteln. | |
8 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Trotz-Waffenstillstand-im-Libanon/!6098389 | |
[2] /Luftangriffe-auf-Libanons-Hauptstadt-/!6039379 | |
[3] /Gaza-Tagebuch/!6097937 | |
[4] /Krieg-zwischen-Iran-und-Israel-/!6093110 | |
[5] https://www.ukmto.org/recent-incidents#08accdbb-af91-48bf-983b-04c26302ca44 | |
[6] https://africacenter.org/spotlight/al-shabaab-houthi-security-red-sea/ | |
## AUTOREN | |
Najm Aldain Qasem | |
## TAGS | |
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