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# taz.de -- Besuch im Panzermuseum: Mit Panzern gegen den Faschismus
> Im deutschen Panzermuseum in Munster wird nicht nur technisches Großgerät
> gezeigt, sondern auch, was diese Gewaltmaschinen anrichten.
Bild: Die meisten kommen wegen der großen Technik: Besucher:innen vorm Nachbau…
Ungetüme, die über die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs rollten;
[1][Panzer], mit denen die Nazis halb Europa eroberten; und der Leopard,
der heute in deutschen Kasernen steht und mit dem aktuell [2][in der
Ukraine] gekämpft wird: Das sind die Hauptattraktionen im [3][Deutschen
Panzermuseum]. Diese Gewaltmaschinen locken viele Menschen an und machen
das Museum in Munster zu einem der meistbesuchten in Deutschland. Bei einer
Sonderausstellung dort stehen aber nun die Menschen im Vordergrund, die in
Panzern kämpfen – und diejenigen, die unter deren Zerstörungskraft leiden.
Der [4][Fotograf und Autor Till Mayer] reist seit 2017 regelmäßig in die
Ukraine und fotografiert Menschen, die auf verschiedenste Weise vom Krieg
dort beeinflusst wurden. Für seine Fotos und Reportagen wurde er mehrfach
ausgezeichnet. Jetzt hängen seine Bilder bis zum 30. September im
Panzermuseum. Sie zeigen nicht nur das Kampfgeschehen, sondern auch
Zivilist:innen und Soldat:innen, oft in intimen Momenten: eine
ältere Frau mit Katzenbabys im Arm; ein Soldat, dem bei vollem Bewusstsein
Schrapnelle herausoperiert werden; oder ein Drohnenpilot, der durch eine
Landmine sein Bein verloren hat und auf eine Prothese angewiesen ist.
Solche Bilder sind eher untypisch für ein Panzermuseum. Das [5][Museumsteam
um Julia Engau und Ralf Raths] ist jedoch schon seit Längerem bemüht, das
Museum zu mehr als einer reinen Ausstellung von Kriegsgerät zu machen. Ziel
sei es, das Thema Panzer und Krieg zu kontextualisieren. Dass die meisten
Besucher:innen ins Museum kommen, um sich große Technik anzuschauen,
ist ihnen dabei bewusst. Dabei sollen sie sich den Themen Gewalt und Tod
jedoch nicht entziehen können.
## Drastische Bilder
So steht neben dem „Tiger“, einem Wehrmachtspanzer, der bis heute von
vielen als der „beste“ Panzer des Zweiten Weltkriegs glorifiziert wird,
eine große Tafel, die die Rolle deutscher Panzer im Holocaust erläutert.
Bilder zeigen, wie ein sowjetischer Politoffizier sein eigenes Grab
schaufelt oder wie deutsche Soldaten Massenerschießungen in der Ukraine
durchführen.
Es sollen möglichst viele Bilder mit Gewaltdarstellungen zu sehen sein.
Besonders drastische Bilder sind mit einem Sichtschutz abgedeckt. Wenn
dieser angehoben wird, sind unter anderem Protestierende zu sehen, die von
Panzern zerquetscht werden, auch ein von der Bundeswehr im Kosovo
erschossener Mensch.
Wie viele ist Till Mayer durch die Social-Media-Präsenz auf das Museum
aufmerksam geworden. Denn auf Youtube betreibt das Panzermuseum den
populärsten Kanal eines deutschen Museums. Dort thematisiert Ralf Raths
unter anderem Mythen, die sich um Panzermodelle ranken, aber auch aktuelle
Themen, in denen Panzer eine Rolle spielen. Besonders eindrücklich ist
[6][eine mehrteilige Videoreihe], die detailliert erklärt, auf welche Arten
Soldat:innen im Panzer sterben können. Kein besonders schönes Thema,
aber geklickt wird es gut. Die kriegskritische Haltung des Kanals hat
Fotograf Mayer beeindruckt und so fragte er das Museum für seine
Ausstellung an.
Auf die Frage, ob Panzer Spaß machen dürfen, entgegnet Ralf Raths: „Der
Panzer macht erst mal gar nichts. Die Menschen machen und erleben.“ Im
Museumsshop gibt es neben Soli-Mate-Tee auch Spielzeugpanzer zu kaufen.
„Wenn jemand, nachdem er Bilder von verbrannten Leichen gesehen hatte, noch
Spielzeugpanzer kaufen will, ist das legitim“, findet Raths.
Zwischen einer Panzerhaubitze 2000 und einem Leopard 2 wird auf einer
Infotafel versucht zu erläutern, was Kameradschaft unter
Panzersoldat:innen bedeutet. Auf derselben Tafel ist eine Statistik zu
sehen, die die Zahlen der Entlassungen von (rechts-)extremistischen
Bundeswehrsoldat:innen darstellt. Wenn historisch sinnvoll, wird
auf den Infotafeln im Museum gegendert. Laut Raths ist das Panzermuseum
kein Antikriegsmuseum. Aber der Historiker, der einmal Mitglied der Linken
war, bezeichnet die politische Grundeinstellung des Panzermuseums als
ausdrücklich antifaschistisch.
So blickt er auch mit Sorge auf die 2026 anstehenden Kommunalwahlen in
Niedersachsen. Die AfD wird mit großer Wahrscheinlichkeit in den Rat der
Stadt Munster einziehen. Dann könnte es „spannend“ für das Panzermuseum
werden, so Raths. Denn das Museum wird kommunal getragen und vom Stadtrat
finanziert. Falls die AfD zukünftig in der Lage wäre, Finanzmittel zu
blockieren, wäre dies ein großes Problem für die derzeitige Konzeption des
Museums. Bereits jetzt sind die Ausstellungshallen marode und bieten nicht
genügend Platz.
Aber dieser politischen Herausforderung will sich Raths stellen. Inspiriert
ist er von den Worten des renommierten Holocaustforschers Timothy Snyder:
„Verteidige die Institution. Leiste keinen vorauseilenden Gehorsam.“
19 Aug 2025
## LINKS
[1] /Panzer/!t5030998
[2] /Krieg-in-der-Ukraine/!6094303
[3] https://daspanzermuseum.de/
[4] https://www.tillmayer.de/
[5] https://daspanzermuseum.de/museum/#ueberuns
[6] https://www.youtube.com/watch?v=lvLbpBqaGbM&t=173s
## AUTOREN
Krischan Meyer
## TAGS
zeitgenössische Fotografie
Leopard-Panzer
Panzer
Museum
Krieg
Ausstellung
Lesestück Recherche und Reportage
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