# taz.de -- Panzerausstellung in Munster: Große Jungs, kleine Panzer | |
> Was Panzer mit Ikea-Regalen zu tun haben und warum sie in Zukunft rosa | |
> sein sollten, kann man nur an einem Ort herausfinden: Im Panzermuseum | |
> Munster, wo am vergangenen Wochenende die 15. Internationale | |
> Modellbauausstellung gastierte. | |
Bild: Action-Spiel im Sand: Bei der Vorführung der Panzer-Modelle werden auch … | |
MUNSTER taz | "Er war groß, dunkel, bedrohlich. Und dann: bumm! Ein Schuss. | |
Immer wieder: Bumm, bumm, bumm! Das muss man mit eigenen Augen gesehen | |
haben", beschreibt der Mittfünfziger seine erste Begegnung mit einem | |
Panzer, wild gestikulierend. "Es ist, als hätte die Maschine ein | |
Eigenleben. Sowas wollte ich auch bauen." Er ist ein wenig dicklich und | |
strahlt wie ein kleiner Junge, wenn er sich an seine erste Begegnung mit | |
einem Panzer erinnert. | |
Ich stehe heute zum ersten Mal so einer Maschine gegenüber. Ein Tiger ist | |
es, lasse ich mir erklären. Das Rohr des Tigers und ich sind auf Augenhöhe. | |
Löst spontan dumpfe Bedrücktheit aus. Was haben Maschinen wie diese schon | |
alles gesehen? | |
Der Mann beobachtet mich misstrauisch, als er bemerkt, dass sich meine | |
Begeisterung in Grenzen hält. Er seufzt. "Schauen Sie sich mal einen Panzer | |
in Aktion an. Es lohnt sich. Wenn der Schuss kommt - Sie werden verstehen, | |
was ich meine." Für heute hat er mich aufgegeben. | |
Ich befinde mich im Deutschen Panzermuseum Munster, mitten in der | |
Lüneburger Heide. Knapp 85.000 Menschen reisen jährlich an, um sich eine | |
der größten Panzersammlungen in Mitteleuropa anzusehen. | |
Über das Wochenende gastiert hier die 15. Internationale | |
Modellbauausstellung. Ein bisschen ist es wie ein Spieltreff für zu groß | |
gewordene Jungs. Zwischen Panzern, Uniformen und Geschichtstafeln haben sie | |
ihre eigene kleine Welt aufgebaut. Auf mit tarnfarbenen Tischdecken | |
dekorierten Tischen stellen sie Modelle zur Schau und verkaufen Bausätze. | |
Aus England, Belgien und China sind sie angereist. Hier wird über Feilen | |
und Klebersorten gefachsimpelt, über Panzerung, Pferdestärken und Munition. | |
Auf dem Außengelände der Ausstellung befindet sich der "Spielplatz für die | |
Großen", wie Siegfried Rogowski, Gründer und Organisator der Ausstellung | |
erklärt. Hier werden Panzermodelle vorgeführt. Ein Mann in Uniform feuert | |
technische Daten ins Publikum, während er seinen Panzer durch die Sandgrube | |
lenkt. Die Zuschauer machen "Oh" und "Ah". | |
Ein paar Meter weiter steht ein uniformierter Mann mit kantigem Gesicht auf | |
einem Panzer und zieht an seiner Zigarette. Sein scharfer Blick ist auf die | |
Büsche gerichtet, als erwarte er jederzeit einen Angriff. "17 Monate habe | |
ich hier dran gebaut, 12.000 Euro", erklärt Guntram Berndt. | |
"Die kleinen Modelle wurden mir zu langweilig. Daher also jetzt: eins zu | |
eins." Damit lässt sich sogar Geld verdienen: "Man kann uns mieten." Mit | |
uns meint er seinen Panzer und sich. "Dann stellen wir Kriegsszenen nach. | |
Meistens bei Feierlichkeiten zu Stadtbefreiungen im Ausland. Da kriegen wir | |
als Deutsche immer einiges auf die Mütze." | |
Modellbau ist kein billiges Hobby. Schon für die kleinen Modelle muss man | |
mit 30 bis 70 Euro rechnen. Wenn man, wie Rogowski, 2.000 Modelle gebaut | |
hat, kommt da schon einiges zusammen. Verkaufen möchte er aber nicht: "In | |
jedem einzelnen steckt eine Geschichte." | |
Seine Söhne teilen das Hobby. Bernd, 22 Jahre alt, erzählt: "Man kann so | |
kreativ sein. Kommt die Waffe in die linke oder rechte Hand? Welche Farbe | |
gebe ich dem Helm?" Diese "Kreativität" scheint neben der Technik das | |
faszinierendste am Modellbau zu sein. | |
Warum sie gerade Panzer bauen, kann keiner so recht erklären. "Viele sind | |
Kriegsveteranen oder haben Väter, die im Krieg waren. Einige waren im | |
Kalten Krieg dabei und wieder andere sind einfach von der Bundeswehr | |
begeistert", sagt Ralf Rath, wissenschaftlicher Leiter des Museums. | |
So auch Jenny, Spitzname: Panzerlady. Sie ist die einzige Frau: "Ich bin | |
von der Bundeswehrfraktion." Warum die Panzerbranche so eine Männerdomäne | |
ist, weiß Panzerlady selbst nicht so genau. Sie jedenfalls konnte sich | |
schon immer für Modellbau begeistern und seit sie ihre große Liebe | |
getroffen hat, bauen sie gemeinsam Panzer. | |
Auch Kinder sind da. Für manche ist es die erste Begegnung mit einem | |
Panzer. Andere sind damit groß geworden. In der Bastelecke treffe ich | |
Maybirt, neun Jahre alt, und Michaela, elf. "Meine Freundinnen in der | |
Schule glauben mir nie, dass ich Panzer baue", bedauert Michaela. "Und | |
mitbringen darf ich sie auch nicht." Sie will später mal zur Bundeswehr. | |
Auf die Frage, wozu es Panzer gebe, sind sich die Mädchen einig: "Um ein | |
Land neu zu regieren und Feinde zu töten", meint Michaela. Maybirt fügt | |
hinzu: "Naja, manchmal auch um Land von anderen zu klauen." Warum so wenig | |
Frauen zum Militär wollen? "Weil alle Mädchen Rosa mögen." Und Panzer sind | |
eben nicht rosa. Vielleicht sollte man das ändern. | |
Maybirts Vater hat mit ihr über die Umstände, unter denen Panzer genutzt | |
werden, noch nicht gesprochen. "Dafür ist sie noch zu jung. Erstmal geht es | |
um die Fingerfertigkeit", meint er ganz pragmatisch. "Zum Beispiel | |
Ikea-Bauanleitungen: Die versteht ja kein Mensch. Aber wenn man schon | |
öfters was gebaut hat, schafft man das auch so." | |
Dass Billy-Regal und Panther-Panzer unterschiedliche Konnotationen haben | |
könnten, sieht er nicht so eng: "Realität und Modell kann man trennen." | |
Außerdem: "Knatsch wird es immer geben. Der Mensch ist eben unfriedlich. Da | |
kann man nicht die Augen verschließen. Daher gibt es eben | |
Meinungsverstärker, wie ich Panzer immer nenne." | |
Auch für Panzerlady Jenny hat sich mit ihrem Hobby nur die technische | |
Einstellung geändert: "Klar, wenn man jetzt hört, dass ein Panzer in die | |
Luft geflogen ist, kann man das schon anders bewerten. Da weiß man, wie | |
viel Kraft dahinter stecken muss." | |
Organisator Rogowski hat noch einen: "Schauen sie mal hier. Ich habe ein | |
ganz besonderes Modell gebaut. Man darf ja nicht alles so ernst nehmen." | |
Kichernd präsentiert er mir seine "Tigerente". Erwartungsvoll lauert er auf | |
meine Reaktion. Ich lächele höflich. Das mit dem Panzer-Humor muss ich noch | |
üben. | |
14 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Anna Wattler | |
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