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# taz.de -- Nach dem Brandanschlag: Gericht verhängt Höchststrafe
> Nach dem aufreibenden Prozess um den Solinger Brandanschlag verhängt das
> Wuppertaler Landgericht lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung.
Bild: Ein Foto mit der vierköpfigen Familie, die bei dem Brandanschlag getöte…
Wuppertal taz | Im Prozess [1][um die tödliche Brandstiftung in Solingen]
ist Daniel S. zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zudem stellte das
Gericht die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete eine
anschließende Sicherungsverwahrung an – darauf einigten sich am Mittwoch
alle Prozessbeteiligten.
„Das ist die höchste Strafe, die das deutsche Strafgesetz kennt“, sagte der
Vorsitzende Richter Joachim Kötter. Ein rassistisches Motiv sah er nicht.
Stattdessen führte er die Tat auf psychische Probleme des Angeklagten
zurück: „Jedenfalls hatte er Persönlichkeitsanteile, die es ihm unmöglich
machten, über seine Probleme zu sprechen“, sagte Kötter am Mittwoch vor dem
Landgericht Wuppertal.
Der 40-jährige Deutsche hatte im März 2024 ein Wohnhaus in Solingen in
Brand gesetzt. In dem Haus lebte eine bulgarisch-türkische Familie mit zwei
Kindern im Dachgeschoss. Alle vier, Katya, Kancho, Galia und Emily Zhilova,
kamen bei dem Feuer ums Leben. 21 weitere Menschen wurden verletzt. Seit
Januar stand Daniel S. wegen vierfachen Mordes vor Gericht.
In ihrem Plädoyer [2][kritisierte Nebenklageanwältin Seda Başay-Yıldız] das
bisherige Verfahren scharf: „Was hier passiert ist, ist ein Spiegelbild
unserer Gesellschaft. Alles, was nach rechts aussieht, wird kleingeredet
oder am besten gar nicht ermittelt.“ Sie bemängelte, dass nicht einmal
Nachbarn befragt oder Datenträger des Täters ausgewertet worden seien.
„Sonst wird immer jeder Stein dreimal, viermal, fünfmal umgedreht.“
## Rassistisches Gedicht an der Garagenwand
Bei der späteren Auswertung der sichergestellten Festplatten befanden sich
166 rechtsextreme Bilder, die den Nationalsozialismus verharmlosten. Die
Datenträger wurden der Lebensgefährtin des Täters zugeordnet. Auch
NS-Literatur und rechtsextreme Schallplatten, die bei der Hausdurchsuchung
von Daniel S. gefunden wurden, waren zunächst nicht in den Ermittlungsakten
enthalten. Erst im Verlauf des Prozesses tauchten sie auf – und wurden dem
Vater des Angeklagten zugeordnet.
Ein rassistisches Gedicht an der Garagenwand von Daniel S. blieb ebenfalls
unbeachtet. Ein internes Dokument der Polizei Wuppertal, das während des
Prozesses verändert wieder auftauchte, heizte die Kritik an der
Aufklärungsarbeit zusätzlich an. „Wenn wir all das nicht hätten, würde ich
Ihnen recht geben“, sagte Başay-Yıldız.
Die Verteidiger von Daniel S. schlossen sich dem Plädoyer der
Staatsanwaltschaft an, diese forderte eine lebenslange Haft, die
Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und eine
Sicherungsverwahrung. Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv sah sie
jedoch nicht.
„Der Vorwurf ist für mich nicht nachvollziehbar“, sagte Verteidiger Marc
Francoise. Die Tat habe mit der psychischen Verfassung des Angeklagten zu
tun gehabt: „Er hat nicht darauf geachtet, ob es sich um ausländische oder
deutsche Mitbürger handelt.“ Zudem gebe es in Solingen eine besondere
strukturelle Anfälligkeit für Brandanschläge, sagte er. „Es macht keinen
Sinn, dass er ein solches Motiv leugnet – er hat ja ohnehin alles zugegeben
und bekommt die Höchststrafe.“
Am Mittwoch [3][äußerte sich Daniel S.] erstmals persönlich zur Tat: „Ich
habe ein furchtbares Leid verursacht“, sagte er. „Was ich sagen will, ist:
Es tut mir wirklich leid.“
Zuletzt wurden im digitalen Verhalten des Täters zahlreiche Hinweise auf
eine rechtsextreme Gesinnung gefunden: wiederholte Suchanfragen zu
NS-Waffen, zur AfD, zum Hetzspruch „Ausländer raus“, zu NS-Songs,
Wehrmachtskonzerten und Videos des rechtsextremen Magazins Compact.
Der Prozess dauerte von Januar bis Juli 2025.
30 Jul 2025
## LINKS
[1] /Prozess-zu-rassistischem-Brandanschlag/!6099507
[2] /Brandanschlag-mit-vier-Toten-2024/!6093791
[3] /Rassistische-Brandstiftung-in-Solingen/!6088376
## AUTOREN
Yağmur Ekim Çay
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Solingen
Brandanschlag
Gerichtsurteil
Schwerpunkt Rassismus
Rechtsextremismus
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Rassismus
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