| # taz.de -- Tarifverträge mit dem Bund: Faire Bauaufträge, außer für Kasern… | |
| > Bei Aufträgen des Bundes sollen Firmen künftig Tariflöhne zahlen. So | |
| > lautet ein Gesetzentwurf von Arbeits- und Wirtschaftsministerium. | |
| Bild: Bei der Arbeit auf dem Bau: Wenn der Bund baut, müssen in Zukunft Tarifl… | |
| Berlin taz | Bauarbeiter, die Gebäude für die Bundesregierung hochziehen, | |
| sollen künftig grundsätzlich Tariflohn erhalten. Für Beschäftigte von | |
| Privatfirmen, die Lebensmittel an Kantinen des Bundes liefern, gilt das | |
| Gleiche. Bisher wurden in diesem Bereich auch untertarifliche Niedriglöhne | |
| toleriert. | |
| Die neuen Regeln soll der Bund bald für die eigenen Liefer-, | |
| Dienstleistungs- und Bauaufträge anwenden, die einen Nettowert von | |
| mindestens 50.000 Euro haben. So steht es im Entwurf des | |
| Bundestariftreuegesetzes, den [1][Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD)] und | |
| [2][Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU)] am Dienstag zur | |
| Abstimmung an die anderen Ministerien geschickt haben. | |
| Die Pflicht zum Tariflohn gilt dann für die Unternehmen, die die Aufträge | |
| selbst ausführen, aber auch für deren Subunternehmer. Auf Vorschlag der | |
| Tarifpartner – Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände – wird der Bund den | |
| jeweils anwendbaren Tarifvertrag festlegen. Das betrifft nicht nur die | |
| Bezahlung, sondern auch Arbeits- und Urlaubszeiten. Eine Prüfstelle bei der | |
| Rentenversicherung soll kontrollieren, ob die Firmen die Bestimmungen | |
| einhalten. Tun sie es nicht, müssen sie Vertragsstrafen zahlen und damit | |
| rechnen, von weiteren Aufträgen ausgeschlossen zu werden. | |
| ## Tarifverträge gingen seit den 90er Jahren zurück | |
| „Lohn-Dumping mit Steuergeld schieben wir einen Riegel vor“, erklärte | |
| Arbeitsministerin Bas zur Begründung. Dabei gibt es aber bis 2032 | |
| mindestens eine Ausnahme: die Bundeswehr. Firmen, die beispielsweise | |
| Kasernen bauen oder Drohnen liefern, dürfen weiterhin auch untertariflich | |
| entlohnen. Offizielles Gegenargument: Das komme in diesem Bereich kaum vor. | |
| Die Tariftreue beim Bund haben Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag | |
| vereinbart – auf Wunsch der Sozialdemokraten. Vor ungefähr einem Jahr | |
| scheiterte es am [3][Widerstand der FDP in der Ampelregierung]. Die Union | |
| konnte sich in anderen Punkten durchsetzen, etwa bei der Abschaffung der | |
| täglichen Höchstarbeitszeit. | |
| Der Hintergrund der politischen Pflicht zum Tariflohn: Gewerkschaften | |
| werden tendenziell schwächer. Die Verträge, die sie aushandeln, gelten für | |
| immer weniger Beschäftigte. Das Arbeitsministerium verweist auf Zahlen der | |
| gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung und der Bundesagentur für Arbeit: | |
| 1998 kamen noch 73 Prozent der Arbeitenden in den Genuss eines | |
| Tarifvertrages, 2023 waren es nur 49 Prozent. | |
| Wenn nun der Bund bei seinen Aufträgen tarifliche Regeln verlangt, kommen | |
| Billigfirmen nicht mehr zum Zuge. Unternehmen, die ihre Leute gut bezahlen, | |
| haben bessere Chancen bei der Auftragsvergabe. Das verhindert, dass sich | |
| noch mehr Betriebe aus den Tarifverträgen verabschieden, hofft die SPD. | |
| Tarifverträge würden sogar gestärkt, weil Firmen dazu neigten, allen ihren | |
| Beschäftigten die höheren Löhne zu zahlen und nicht nur denen, die gerade | |
| einen Auftrag für die Bundesregierung erledigen. | |
| ## Arbeitgeberverband redet von „Etikettenschwindel“ | |
| Für den Staat werden die besseren Arbeitsbedingungen allerdings teurer – | |
| andererseits nimmt er dann auch mehr Steuern ein. Die Sozialversicherungen | |
| können ebenfalls mit höheren Einnahmen rechnen. Einige Bundesländer haben | |
| bereits ähnliche Regelungen zur Tariftreue beschlossen. | |
| Wie schon zu Ampel-Zeiten lehnt der Arbeitgeberverband (BDA) das Vorhaben | |
| ab. „Der Entwurf des sogenannten Bundestariftreuegesetzes ist ein | |
| Etikettenschwindel“, sagte BDA-Geschäftsführer Steffen Kampeter. „Mit | |
| echter Tariftreue hat das nichts zu tun – denn Treue setzt Freiwilligkeit | |
| voraus, nicht staatlichen Zwang.“ | |
| 22 Jul 2025 | |
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| Hannes Koch | |
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