Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vergesellschaftung in Berlin: Ein Musterbeispiel für postfaktische…
> Die CDU poltert gegen das Rahmengesetz der eigenen Koalition. Das ist
> nicht nur billig, sondern verdeutlicht auch ein Dilemma der
> Konservativen.
Bild: Das Gespenst der Enteignung geht auch in der Regierungskoalition um
Kennen Sie noch Schrödingers Katze? Sie wissen schon, das
Gedankenexperiment aus dem Physikunterricht, bei dem ein Tier in einer Box
gleichzeitig lebendig und tot ist – solange niemand genau nachschaut? Die
CDU hat es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, dieses Prinzip in die Politik
zu übertragen. Nur so lässt sich jedenfalls die Doppelzüngigkeit der
Konservativen verstehen, einerseits zusammen mit der SPD ein Rahmengesetz
für Vergesellschaftungen auf den Weg zu bringen – und gleichzeitig heftig
dagegen zu protestieren.
„Wenn es eins in Berlin nicht braucht, dann sind es Enteignungen und
Klassenkampf“, polterte die Generalsekretärin der Hauptstadt-CDU, Ottilie
Klein, am Samstag im Netz. Die Berliner SPD befinde sich „auf Abwegen“,
sagte sie weiter – und mutmaßte, die Koalitionspartnerin biedere sich
gerade „als Mehrheitsbeschafferin für einen Regierenden Bürgermeister der
Linkspartei“ an. Kurz zuvor hatte bereits Bürgermeister Kai Wegner (CDU)
wieder einmal sein Mantra gebetet: „Mit mir wird es keine Enteignungen
geben.“
Der Grund für die konservative Schnappatmung? Einige aufgeregte
Medienberichte über den kürzlich von der SPD vorgestellten Arbeitsentwurf
für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz. Dieses würde zwar keine einzige
Wohnung enteignen, könnte aber immerhin eine Rechtsgrundlage schaffen,
[1][wie auf Landesebene bestimmte Wirtschaftszweige „in Gemeineigentum oder
in andere Formen der Gemeinwirtschaft“ überführt werden könnten,] wie es in
Artikel 15 Grundgesetz heißt. Gerade erst hatten CDU und SPD ein
Eckpunktepapier vorgelegt, in dem bekräftigt wurde, dass ein solches Gesetz
bis Jahresende ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden soll.
## Protest gegen das eigene Gesetz
Im Klartext protestiert die CDU also gegen ihr eigenes Gesetz. Dass sie
glaubt, damit durchkommen zu können, zeigt einen wirklich beeindruckenden
Glauben an die eigene Fähigkeit, mit postfaktischem Populismus
durchzukommen. Andererseits ist das Sichwinden der CDU aber auch höchst
unglaubwürdig – und zeigt deshalb auch eine Sackgasse, in der sich die
Partei befindet.
Die sieht so aus: Zur DNA der Kapitalpartei CDU gehört, dass mit ihr keine
Vergesellschaftung zu machen sein wird. Angesichts des erfolgreichen
Volksentscheids kann die Partei das aber nicht einfach so sagen, ohne
undemokratisch zu wirken. Also versucht sie, über das Mitspielen beim
Rahmengesetz den demokratischen Schein aufrechtzuerhalten – und
gleichzeitig vor der Springerpresse das Gesicht zu wahren, die vor dem
bösen Sozialismus warnt. Das Ergebnis ist der derzeit zu bewundernde
Spagat: Die Partei macht beim Rahmengesetz mit und kämpft gleichzeitig
dagegen an.
Profiteur dieser Situation ist ausgerechnet die SPD, die sich nun als
Kämpferin für die Vergesellschaftung inszenieren kann – [2][als würde sie
den Volksentscheid nicht selbst seit 2021 verschleppen]. Es wird höchste
Zeit, dass sich alle Seiten ehrlich machen. Denn aktuell ist der Diskurs
nur eines: eine Beleidigung für den Intellekt der Berliner:innen.
20 Jul 2025
## LINKS
[1] /Deutsche-Wohnen--Co-enteignen/!6096094
[2] /Deutsche-Wohnen--Co-enteignen/!6080499
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Deutsche Wohnen und Co. enteignen
Enteignung
Schwerpunkt Grundgesetz
Schwarz-rote Koalition in Berlin
CDU Berlin
SPD Berlin
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Deutsche Wohnen & Co enteignen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gentrifizierung in Berlin: Kämpfen für eine solidarische Stadt
Die Nachbarschaftsinitiative „Bizim Kiez“ in Kreuzberg kämpft seit zehn
Jahren gegen Verdrängung – und bleibt trotz Rückschläge optimistisch.
Deutsche Wohnen &. Co enteignen: „Wir müssen den schlafenden Riesen wecken“
Die SPD will per Vergesellschaftung einen neuen Mietendeckel – und nicht
enteignen. Ein Gespräch über Gemeinwirtschaft und politische
Glaubwürdigkeit.
Deutsche Wohnen & Co enteignen: SPD trommelt für Mietendeckel – statt Enteig…
Vorschlag mit schwarz-rotem Zoffpotenzial: SPD will Entwurf für ein
Vergesellschaftungsrahmengesetz vorlegen, mit dem Mieten gedeckelt werden
sollen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.