# taz.de -- Israelische Siedler greifen Medien an: An der Arbeit gehindert | |
> Im Westjordanland sind Journalist*innen des US-Senders CNN von | |
> extremistischen Siedlern angegriffen worden. Das ist kein Einzelfall. | |
Bild: Radikale israelische Siedler werfen Steine auf palästinensische Dorfbewo… | |
Eigentlich sollten Jeremy Diamond und seine Kolleg*innen über den Tod | |
eines US-palästinensischen 20-Jährigen in einem kleinen Dorf des | |
Westjordanlandes berichten. Doch plötzlich waren sie die Nachricht. | |
Diamond und sein Team, die im Auftrag des [1][US-Senders CNN] unterwegs | |
waren, befanden sich gerade auf den sonnigen Hügeln nördlich von Ramallah, | |
dem palästinensischen Verwaltungssitz, als Siedler sie attackierten. Der | |
US-Journalist postete in sozialen Medien Bilder von seinem Wagen nach dem | |
Angriff. Die Heckscheibe sieht komplett zerschlagen aus. „Das ist nur ein | |
Bruchteil der Realität, die viele Palästinenser*innen [2][im | |
Westjordanland] unter der steigenden Siedlergewalt erleben“, schrieb er. | |
Die CNN-Journalist*innen sind unverletzt geblieben. | |
Die Anzahl der [3][Angriffe durch] extremistische Siedler nimmt im | |
Westjordanland rasant zu. Sayfollah „Saif“ Musallet, der 20-jährige | |
US-Amerikaner palästinensischer Herkunft, über den das Team berichten | |
wollte, wurde angeblich von israelischen Siedlern zu Tode geprügelt. In | |
Sinjil, einem 6.000-Seelen-Dorf, eingenistet zwischen Olivenhainen und | |
Hügeln. Bei denselben Tumulten starb ein weiterer palästinensischer Mann. | |
Musallets Familie wirft den Israelis vor, dem Krankenwagen stundenlang den | |
Weg versperrt zu haben, sodass jede Hilfe für den jungen Mann zu spät kam. | |
Als Siedler*innen gelten israelische Staatsbürger*innen, die im | |
besetzten Westjordanland leben. Teilweise in Siedlungen, die wie kleine | |
Dörfer organisiert sind, teilweise in Außenposten – Farmen oder wilden | |
Caravan-Lagern, manchmal ohne Anschluss an das Strom- und Wassernetz. Unter | |
internationalem Recht sind beide illegal. Israel erkennt hingegen die | |
Siedlungen an. Die aktuelle rechtsreligiöse Regierungskoalition hat in den | |
vergangenen Jahren den Ausbau stark vorangetrieben. | |
Auch gegen westliche Medienschaffende richtet sich zunehmend die Wut | |
extremistischer Siedler. Eine Woche zuvor war ein Team der Deutschen Welle | |
Zielscheibe geworden. Sie mussten vor den Steinen wegrennen, die auf sie | |
zuflogen. Das Auto wurde beschädigt. | |
Die Vereinigung der Auslandspresse in Israel forderte in einer | |
Stellungnahme die israelische Regierung dazu auf, die Medienfreiheit im | |
Lande zu verteidigen. Die Behörden sollten „die Sicherheit der Journalisten | |
gewährleisten und die Angreifer verfolgen, anstatt sie zu beschützen“. | |
Ähnliches kam vom Deutschen Journalisten-Verband. | |
## Pressefreiheit in Gefahr | |
„Es kann nicht sein, dass radikale Siedler ungestraft Jagd auf | |
Medienschaffende machen. Das darf nicht ohne Folgen bleiben“, sagte der | |
Bundesvorsitzende Mika Beuster. Bislang soll niemand für die Angriffe auf | |
die Journalist*innen verhaftet worden sein. | |
Der Raum für Pressefreiheit schrumpft. Während des Konflikts mit dem Iran | |
forderte die Regierung von den Medien, Erlaubnis vom Militärzensor zu | |
erfragen, bevor sie über den Ort eines iranischen Raketeneinschlags | |
berichten. Alle Medien mussten den Militärzensor kontaktieren, wenn sie | |
über getroffene Militärinfrastruktur schreiben wollten. Alle Beiträge, die | |
sich mit nationalen Sicherheitsthemen befassen, sollen die Zensur | |
passieren. Ein neues Gesetz erlaubt es der Regierung, ausländische Medien | |
zu verbannen, die eine „Sicherheitsbedrohung“ darstellen. | |
Vorfälle, in die israelische Soldat*innen und westliche | |
Journalist*innen involviert waren, hat es zuletzt ebenfalls gegeben. So | |
haben Streitkräfte am 28. Mai in Dschenin neben einem Pressewagen | |
Warnschüsse abgegeben. Am 2. Juni haben vermummte Soldat*innen den | |
Besuch von Masafer Yatta durch internationale Journalist*innen | |
verhindert. Der Ort im südlichen Westjordanland ist oft Schauplatz von | |
Siedlergewalt und Hausabrissen durch das israelische Militär. | |
Zum Vorfall in Dschenin sagt eine Sprecherin des Militärs auf Anfrage: | |
„Keine Schüsse richteten sich gegen das Auto der Journalist*innen.“ In | |
Masafer Yatta habe das Militär Menschen, die für Unruhen sorgen könnten, | |
den Zutritt zum Gebiet verweigert. „Das Dorf Khirbet al-Dabaa ist auf einem | |
militärischen Trainingsgebiet aufgebaut und der Zugang ist untersagt“, so | |
die Sprecherin. | |
Schlimmer ergeht es palästinensischen Reporter*innen. „Diese Angriffe | |
geschehen in einer Zeit, in der unsere palästinensischen Kolleg*innen | |
mit zunehmenden Bedrohungen und Gewalt seitens der Siedler und der | |
israelischen Streitkräfte konfrontiert sind“, schrieb die Vereinigung der | |
Auslandspresse in Israel. Laut International Federation of Journalists sind | |
in Gaza seit Beginn des Krieges mindestens 171 Medienschaffende getötet | |
worden. | |
16 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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