# taz.de -- Neukaledoniens Unabhängigkeitsstreben: Neukaledonien wird ein eige… | |
> Einigung in Neukaledonien nach den Unruhen 2024: Das Überseeterritorium | |
> im Südpazifik soll ein mit Frankreich assoziierter souveräner Staat | |
> werden. | |
Bild: Frankreichs Präsident Macron trifft gewählte Offizielle aus Neukaledoni… | |
Paris taz | Nach zehntägigen Verhandlungen unter dem Patronat der | |
französischen Regierung haben sich am Samstagabend die verschiedenen | |
Parteien Neukaledoniens auf ein Abkommen geeinigt, das der ehemaligen | |
Kolonie im Südpazifik den Status eines eigenständigen, aber mit Frankreich | |
eng liierten Staates gewähren soll. | |
Weil dafür allerdings eine Verfassungsänderung nötig ist, muss die | |
Vereinbarung noch sowohl von der Französischen Republik als auch durch eine | |
Volksabstimmung der gemischten neukaledonischen Bevölkerung ratifiziert | |
werden. In Neukaledonien soll die Abstimmung im Frühjahr 2026 stattfinden. | |
Sowohl in den Reihen der „Caldoches“, die für einen Verbleib bei Frankreich | |
sind, als auch in der indigenen Bevölkerung der Kanak könnte der Kompromiss | |
wegen der nachhaltigen gegenseitigen Ressentiments nach den [1][schweren | |
Unruhen von 2024] und einer langen Geschichte von gewaltsamen | |
Konfrontationen bei einem Votum durchfallen. | |
Als „historisch“ wird diese „Einigung für die Zukunft von Neukaledonien�… | |
von allen Beteiligten an den Verhandlungen im Schloss Bougival bei Paris | |
gewertet, weil damit grundsätzlich der Weg des heutigen Überseeterritoriums | |
zu einem souveränen Staat mit eigener Verfassung und Gesetzgebung | |
vorgezeichnet ist. | |
## Wird die Souveränität mehr als ein Stück Papier? | |
Vorerst soll Neukaledonien ein mit Frankreich assoziierter Staat sein, der | |
wichtige Kompetenzen wie Sicherheit und Verteidigung weiterhin der | |
französischen Republik überträgt. Doch völkerrechtlich soll | |
Kanaky-Neukaledonien bereits nach der Ratifizierung als souveräner Staat | |
von der UNO anerkannt werden. Bisher stand die Inselgruppe östlich von | |
Australien auf der Warteliste der Entkolonisierung. | |
Was die Bewegung FLNKS (Front de libération nationale kanak et socialiste) | |
in ihrem antikolonialen Kampf nicht erreicht hat, und was die | |
profranzösischen „Caldoches“ bisher rundweg abgelehnt hatten, wird in der | |
Einigung vom Samstag festgeschrieben: Kanaky-Nouvelle-Calédonie (KNC) wird | |
ein Staat, der ein Grundgesetz mit nationalstaatlichen Kompetenzen bekommt, | |
und mit einer Bevölkerung, die neben der bisherigen französischen | |
Staatszugehörigkeit auch eine eigene Nationalität erhält. | |
Die Frage bleibt, ob die Souveränität mehr als Papier wird. Wie weit sich | |
die ehemalige Kolonie von Frankreich entfernt, könnte später mit | |
qualifizierten Mehrheiten beschlossen werden. Vielleicht haben die | |
Loyalisten diesen Kompromiss akzeptiert, weil sie im neukaledonischen | |
Kongress die Mehrheit haben und nicht befürchten müssen, dass bald eine | |
definitive Ablösung von Frankreich beschlossen wird. | |
Der Verfassungsrechtler Benjamin Morel kritisiert, das neue Statut gleiche | |
am ehesten den nach dem Ersten Weltkrieg geschaffenen Protektoraten (zum | |
Beispiel Tunesien und Marokko), die in Wirklichkeit an der Vorherrschaft | |
der Kolonialmacht wenig änderten. | |
## Ewiger Streitpunkt Nickel-Abbau | |
Bei drei [2][Referenden] war seit 2018 von einer Mehrheit die von den Kanak | |
geforderte Unabhängigkeit von Frankreich abgelehnt worden, weil die | |
indigene Bevölkerungsgruppe bereits seit Jahrzehnten eine Minderheit (heute | |
ca. 41 Prozent) darstellt. | |
Für zukünftige Wahlen wurden wegen der Zuwanderung aus Europa und anderen | |
südpazifischen Inseln im Abkommen klare Regeln festgehalten. Nur wer seit | |
mindestens 10 Jahren in Neukaledonien wohnt, bekommt das Stimm- und | |
Wahlrecht und die Staatsbürgerschaft. | |
Der [3][ständige Streit darüber, wer über die Zukunft von Neukaledonien | |
mitbestimmen darf,] hatte 2024 zu schweren Zusammenstößen geführt, bei | |
denen 14 Menschen getötet wurden. Beim Konflikt ging es aber auch um die | |
wirtschaftliche und soziale Benachteiligung der jugendlichen Kanak und um | |
den Abbau des wichtigsten Rohstoffvorkommens Nickel. | |
Im Abkommen, das einen „Pakt für den ökonomischen Wiederaufbau“ enthält, | |
wird darum unter anderem angekündigt, dass in von den Kanak kontrollierten | |
nördlichen Provinzen eine Anlage zur Nickelverarbeitung geschaffen wird. | |
13 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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