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# taz.de -- Anklage gegen Polizist: Handschuh mit Reizgas benetzt und ins Auge …
> Berlins Amtsgericht verurteilt einen Polizisten wegen Körperverletzung im
> Amt. Er hatte eine festgenommene Person gezielt mit Pfefferspray
> verletzt.
Bild: Angeklagt wegen Körperverletzung im Amt: Berliner Polizist vor Gericht
BERLIN taz | Es ist ein seltener Vorgang, der sich am Mittwoch im Berliner
Amtsgericht abspielt: Ein Polizist wird wegen Körperverletzung im Amt
verurteilt. Die Stimmung zwischen dem Angeklagten und Betroffenen ist
ungewohnt versöhnlich.
Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage erhoben, nachdem der Polizist im Mai
2022 nach einer vermeintlichen Widerstandshandlung einer Person im
Einsatzwagen seine mit Pfefferspray überzogenen Diensthandschuhe mutwillig
in die Augen gedrückt hatte. Der Betroffene konnte deshalb im Anschluss auf
der Fahrt zur Gefangenensammelstelle nichts mehr sehen und klagte über
brennende Augen.
Der angeklagte Polizist gesteht seine Tat unverblümt und zeigt sich
reuevoll für das Geschehene. Solche Handlungen spiegeln nicht seine
Identität als „grundsätzlich pazifistische Person“ wider, sagt er vor
Gericht. Nachdem sein Kollege in der Tatnacht nach einer vermeintlichen
Widerstandshandlung verletzt wurde, habe es ihn „überkommen“ und er wollte
„Gerechtigkeit herbeiführen“.
Laut dem Betroffenen war es die Polizei selbst, die ihn, als er in dieser
Nacht in der Gefangenensammelstelle ankam, auf die Möglichkeit hinwies, den
Handschuh-Vorfall zu Protokoll zu bringen. Die [1][Polizei habe auch später
ein Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten] eingeleitet. Dieser hatte
sich damals noch in Probezeit befunden. Wegen der Ermittlungen wurde die
Probezeit dann erheblich verlängert – nach Aussage des angeklagten
Polizisten gilt sie bis heute.
## Milde Strafe
Der Betroffene, der vor Gericht als Nebenkläger auftritt, erklärt, dass es
anfangs gar nicht in seinem Interesse lag, die Sache weiterzuverfolgen.
„Der Tag war lang, wir sind beide jung, sowas passiert“, bekräftigt er auch
später im Gespräch mit der taz. „Für mich ist die ganze Sache emotional
schon abgeschlossen.“
Sein Anwalt lobt vor Gericht den „musterhaften Täter-Opfer-Ausgleich“, der
im Vorfeld des Abschlusstermins stattgefunden hat. Der Polizist hatte 3.000
Euro Schmerzensgeld und 1.000 Euro für entstandene Gerichtskosten an den
Geschädigten gezahlt. Versöhnung, Einsicht, Befriedung – das habe der
Anwalt „selten so vorbildlich erlebt“, sagt er. Der Vorfall sei „durch die
Gesellschaft vollständig verarbeitet“ und der Geschädigte lege keinen Wert
auf weitere Bestrafung.
Der Strafverteidiger hätte die Strafe am liebsten ganz an die Polizei
selbst outgesourced. Das Gericht müsse im Urteil berücksichtigen, dass der
Mandant bereits ein Disziplinarverfahren am Hals habe und die Berliner
Polizei den Angeklagten in Zukunft sicher nicht schonen würde. Am Ende
stutzt die Richterin den Strafrahmen herunter von mindestens 6 Monaten
Haft, die auf Körperverletzung im Amt stehen, auf 70 Tagessätze zu je 80
Euro.
Auf die strukturelle Dimension von [2][Polizeigewalt] weisen etwa
[3][Langzeit-Untersuchungen der Universität Bochum] hin. Demnach finden
jährlich in Deutschland im Schnitt 12.000 mutmaßlich rechtswidrige
Übergriffe durch Polizeibeamte statt, von denen die meisten unregistriert
bleiben. Von den 2.000 offiziellen Ermittlungsverfahren wegen
Körperverletzung im Amt landen nur 2 Prozent vor Gericht, in 1 Prozent der
Fälle kommt es zu einer Verurteilung. In den verbleibenden 98 Prozent der
Fälle erhebt die Staatsanwaltschaft keine Anklage.
26 Jun 2025
## LINKS
[1] /Koerperverletzung-im-Amt/!6062372
[2] /Jette-Nietzard-in-ACAB-Pullover/!6087109
[3] https://www.rbb-online.de/kontraste/pressemeldungen-texte/unveroeffentlicht…
## AUTOREN
Lea Kleinsorge
## TAGS
Polizeigewalt
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Polizei Berlin
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