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# taz.de -- Tischtennis-Bundesliga: Irrungen und Wirrungen des Vereinslebens
> Wenn zwei Typen in Werder- und BVB-Trikot Tischtennis spielen, könnten
> das Fußballfans im Park sein. Vielleicht sind es aber auch
> Bundesligaspieler.
Bild: Tischtennis Bundesliga: Cedric Nuytinck (Borussia Dortmund) spielt gegen …
Woran denkt man, wenn man an die Tischtennis-Bundesliga denkt? Erst einmal
an kleine Vereine aus entlegenen Käffern, die ihre miefigen
Schulsporthallen mit Rolltribünen ausrüsten müssen, wenn es einmal im Jahr
zu großen Spielen kommt, und die von lokalen Biermarken oder
Bäckereiketten so sehr gesponsert werden, dass sie deren Namen ins
Vereinsregister eintragen müssen, wodurch dann Vereinsnamen wie TTC
RhönSprudel Fulda-Maberzell (1. Herren-Bundesliga) entstehen.
Doch es gibt auch im Tischtennis das Phänomen der Unterwanderung seitens
des Großkapitals. Besser gesagt, das Phänomen der aus größeren Sportarten,
vornehmlich dem Fußball, bekannten Namen, die Randsportarten erfassen,
aushöhlen und ausbeuten, um weiter Verwertung und Vermarktung der, äh,
Muttermarke zu betreiben.
Mag sein, dass es dieses Phänomen schon länger gibt, ich als Banause habe
es nur noch nicht mitbekommen, weil mich die Tischtennis-Bundesliga nur
marginal interessiert. Untere Vereinsebenen ja, da spiele ich schließlich
auch.
Doch darüber hinaus stellt sich die Frage, warum man Tischtennis-Bundesliga
sehen soll, wenn man auch Großturniere mit internationalen Einzelkönnern
gucken kann. Das ist etwa so wie beim Tennis – da hat sich auch nie jemand
für den TC Blau-Weiß Leimen interessiert. Aber für Boris Becker.
[1][Jedenfalls stieß ich kürzlich auf das Youtubevideo eines Matchs, dessen
einer Spieler mit Borussia-Dortmund-Trikot am Tisch stand, während der
andere ein Werder-Bremen-Trikot trug.] Gut, dachte ich zuerst, kennt man
aus’m Park: Da spielen auch mal welche im Messi-Trikot oder im
CR7-Portugal-Dress mit. Oder waren das als Fußballfans verkleidete
Tischtennisspieler oder am Ende sogar echte Fußballprofis mit
Tischtennisschlägern?
Nein, die Wirklichkeit war ganz banal: Hier spielte tatsächlich Borussia
Dortmund, die Tischtennisabteilung, gegen die vom SV Werder. Sah irgendwie
bizarr aus. Immerhin, dachte ich, spielt hier nicht der FC Bayern.
Obwohl, vielleicht reicht es bereits, das hinzuschreiben, und [2][Uli
Hoeneß] wacht schweißgebadet in seinem King-Size-Bett auf, nachdem er Tags
zuvor im Schlosspark ein paar Teenies in Borussia-Dortmund-Trikots an einer
Steinplatte hat spielen sehen. Und zack wird Geld investiert und der FC
Bayern München löst den TTC Grenzau alsbald als Deutscher Rekordmeister im
Tischtennis ab.
Obwohl, der Rekordmeister bei den Herren ist nicht der TTC Grenzau (wo
liegt das?), sondern natürlich Borussia Düsseldorf mit sage und schreibe 34
Titeln. Dieses Jahr hat es mal nicht geklappt, wie wir alle inzwischen
wissen: [3][Timo Bolls Abschied wurde trotz eines überraschend guten
Auftritts seines Düsseldorfer Teamkameraden Dang Qiu durch den TTF Liebherr
(!) Ochsenhausen verhagelt.] Ochsenhausen (und wo liegt das?) gewann in
einer Halle in Frankfurt am Main das Endspiel mit 3:2 und holte sich damit
den insgesamt vierten Meistertitel.
Einen Rekordmeister FC Bayern (bisherige Titel: 0) wird Uli Hoeneß, so Gott
will, nicht mehr erleben. Es sei denn, er schafft es, sich das Erbe des MTV
München von 1879 finanziell zu sichern; die wurden in den 1950er Jahren
immerhin siebenmal Deutscher Meister bei den Herren. Aber auch dann müsste
er nicht nur die dortige Tischtennis-Abteilung übernehmen, sondern immer
noch mindestens 27 Jahre warten.
Schaut man auf die Liste der Ex-Meister bei den Herren, findet man den aus
dem Fußball bekannten 1. FC (sic!) Saarbrücken, der sich zur nächsten
Spielzeit die Dienste des Olympiasiegers und Ex-Weltmeisters Fan Zhendong
gesichert hat. 2020 holte man den Titel an die Saar. Auch Werder Bremen
wurde schon Deutscher Meister im Tischtennis, 2013 nämlich, und zweimal
sogar der VfL Osnabrück, was etwas länger her ist. Titel für Borussia
Dortmund: bislang null.
Ein Endspiel Borussia Dortmund gegen Werder Bremen wäre 2026 also möglich.
Doch da sei Fan Zhendong vor.
24 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=lfa8z7e7u58
[2] /St-Pauli-Liebe-von-Uli-Hoeness/!6076174
[3] /Tischtennisspieler-Qiu-ueber-die-EM/!5870446
## AUTOREN
René Hamann
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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