# taz.de -- Salafisten-Veranstaltung an der Uni Kiel: Wer hat's verbockt? | |
> Bei der Islamwoche an der Uni Kiel sprach ein Salafist und es gab | |
> offenbar Geschlechtertrennung. Nun diskutierte der Bildungsausschuss die | |
> Vorwürfe. | |
Bild: An der Kieler Uni konnte ein Salafist einen Vortrag halten. Trotzdem will… | |
Bremen taz | Zwei Monate nach der umstrittenen „Islamwoche“ an der | |
Christian-Albrechts-Universität (CAU) in Kiel beschäftigt die jährliche | |
Veranstaltungsreihe auch die schleswig-holsteinische Landespolitik. Auf | |
Antrag der FDP hat sich am Donnerstag der Bildungsausschuss des Landtags | |
mit den Vorfällen dort befasst. | |
Vom 4. bis 9. Mai hatte die Islamische Hochschulgruppe (IHG) zu mehreren | |
Veranstaltungen in die Kieler Uni geladen. Ab Anfang Juni gab es erste | |
kritische Berichte dazu. Zunächst meldeten die Kieler Nachrichten, dass mit | |
Sertac Obadas ein Salafist als Redner aufgetreten war. | |
In den Wochen darauf kamen [1][weitere Vorwürfe auf:] So hat es offenbar | |
bei mehreren Vorträgen geschlechtergetrennte Eingänge und Sitzbereiche | |
gegeben – Frauen mussten hinten im Hörsaal Platz nehmen. Auch salafistische | |
Schriften sollen auf dem Büchertisch zur Veranstaltung angeboten worden | |
sein. Salafismus ist eine [2][ultrakonservative Strömung des Islam,] die | |
der Verfassungsschutz für nicht vereinbar mit demokratischen Grundwerten | |
hält. | |
Dass die Islamwoche überhaupt bewilligt wurde, lag auch daran, dass die IHG | |
der Hochschule bei der Anmeldung noch keine konkreten Referenten nennen | |
musste. Der Vortrag mit dem alles- und nichtssagenden Titel „Der Koran – | |
die ewige Herausforderung“ konnte kaum negativ auffallen. | |
## Geschlechtertrennung wurde vorab angekündigt | |
Zumindest im öffentlichen Teil der Ausschusssitzung gelingt es nicht, alle | |
offenen Fragen zu klären: Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, heißt | |
es mehrfach. Bisher scheint der Hochschule nicht einmal gewiss, dass die | |
Geschlechtertrennung beim Vortrag tatsächlich strikt durchgezogen wurde: | |
Der CAU liegen weder die Namen von Augenzeug*innen vor noch kennt sie | |
Fotos oder Videoaufnahmen von der Veranstaltung. | |
Der Vorsitzende der IHG hatte später in einer Stellungnahme erklärt, dass | |
die getrennten Sitzbereiche nur ein Angebot gewesen seien – auch einen | |
gemischten Bereich habe es gegeben. Ganz plausibel bleibt diese Erklärung | |
nach der Ausschusssitzung nicht: Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack | |
(CDU) zitiert den Verfassungsschutz, der offenbar schon vor der betroffenen | |
Veranstaltung beobachtet hatte, dass in den sozialen Medien eine | |
obligatorische Geschlechtertrennung für den Vortrag angekündigt wurde. | |
## Hochschulleitung gerät in Kritik | |
Vor allem die Hochschulleitung geriet während der Ausschusssitzung in die | |
Kritik der Abgeordneten. Zuvor hatte die Uni in einem Statement geäußert, | |
man werde prüfen, wie in Zukunft Veranstaltungen bewilligt werden könnten. | |
Doch im Bildungsausschuss machte Vizepräsidentin Catherine Chleophas klar: | |
Abrücken könne man von der bisherigen Praxis nicht: „Wir haben gar nicht | |
die Kapazität, von jeder Veranstaltung die komplette Rednerliste zu | |
prüfen“, so Chleophas. Jette Waldinger-Thiering vom Südschleswigschen | |
Wählerverband (SSW) kritisierte das: „Wenn die CAU nicht überblicken kann, | |
was für Veranstaltungen auf dem Campus stattfinden, dann beunruhigt mich | |
das zutiefst.“ | |
## Kaum Krisenkommunikation bei Social Media | |
Der Abgeordnete Patrick Pender (CDU) warf der Uni vor allem kommunikatives | |
Versagen vor: Seit Bekanntwerden der Vorwürfe habe sie zwar eine | |
öffentliche Stellungnahme verfasst, in den sozialen Medien aber sei man auf | |
keinen der zahlreichen Kommentare eingegangen und habe auch das eigene | |
Statement nicht geteilt. | |
„Ich wünschte, wir hätten die Mittel, um auf Social Media auf alle | |
Diskussionen zu reagieren“, verteidigte Chleophas die Hochschule. Das ließ | |
Pender nicht gelten: „Sie haben hervorragend aufgestellte | |
Social-Media-Kanäle, allein bei Instagram sind seit dem Vorfall 93 Posts | |
mit hochwertigem Content gestellt worden“, so der CDU-Abgeordnete. „Dort | |
wird alles Mögliche verhandelt – aber kein einziges Sharepic zum | |
meistdiskutierten Thema.“ | |
Unterbelichtet blieb in der Debatte, warum die offenbar unwissende | |
Hochschule nicht rechtzeitig vom Verfassungsschutz informiert wurde. Der, | |
das trägt Innenministerin Sütterlin-Waack vor, wurde schon in der Woche vor | |
der Veranstaltung auf die Islamwoche aufmerksam, aufgrund der | |
entsprechenden Werbung in der salafistischen Szene. | |
Die Sicherheitsbehörden hatten daraufhin offenbar die zuständigen | |
Ministerien angesprochen – und auch mitgeteilt, dass der eingeladene Redner | |
bedenkliche Positionen habe und [3][vom bayrischen Verfassungsschutz | |
beobachtet] wurde. Bei der Hochschule landete diese Information aber | |
offenbar erst Wochen nach der Veranstaltung. | |
Möglicherweise wurde der Grund für dieses Versäumnis im nicht öffentlichen | |
Teil geklärt: Immerhin 35 Minuten tagte der Ausschuss noch im Geheimen. | |
11 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Islamwoche-an-der-Uni-Kiel/!6093198 | |
[2] /Verbot-von-Ansaar-International/!5770292 | |
[3] /Aufklaerungsvideo-zu-Salafismus/!6031293 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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