# taz.de -- Verhandlungen für Waffenruhe: Plan mit Knackpunkten | |
> Der Deal für eine Waffenruhe in Gaza soll noch in dieser Woche kommen. | |
> Vieles scheint bereits ausgehandelt. Woran er noch scheitern kann. | |
Bild: Was blüht den Menschen hier? In den Ruinen von Rafah soll ein „humanit… | |
Noch in dieser Woche, so fordert es US-Präsident Donald Trump, soll ein | |
Waffenruhe-Geisel-Abkommen zwischen der Hamas im Gazastreifen und Israel | |
geschlossen werden. Beide Seiten, so berichtet es etwa die Times of Israel | |
in Bezug auf Quellen, die im katarischen Doha an den Verhandlungen | |
teilnehmen, seien über diese Deadline informiert. Doch wie könnte ein | |
solcher Deal aussehen? | |
Was bislang bekannt ist: Die Waffenruhe soll wohl zunächst für 60 Tage | |
vereinbart werden. Die Hälfte der 20 im Gazastreifen verbliebenen noch | |
lebenden Geiseln soll in diesem Zeitraum freigelassen werden – acht am | |
ersten Tag, zwei am 50. Tag. Von den 27 toten Geiseln sollen fünf am 7. Tag | |
der Waffenruhe übergeben werden, fünf weitere zur Halbzeit und acht am | |
letzten Tag. Nach Bericht der New York Times soll es Teil des Deals sein, | |
dass die Hamas – im Gegensatz zum vorigen Mal – keine Zeremonien zur | |
Übergabe der Geiseln oder ihrer Leichen abhält. | |
Doch das Kernproblem, an dem bereits die letzte Waffenruhe im Frühling | |
scheiterte, scheint weiterhin zu bestehen: Israel fordert eine temporäre | |
Waffenruhe, die Hamas besteht auf einem Ende des Krieges. Laut dem | |
Vorschlag für einen Deal, der derzeit auf dem Tisch liegt, soll eine | |
Verlängerung möglich sein – wenn beide Seiten mit Ernsthaftigkeit an den | |
Verhandlungstischen an einer langfristigen Lösung arbeiten. | |
Das erinnert an den letzten Deal dieser Art im Januar: Damals hatte Israel | |
[1][das Abkommen] in der [2][zweiten Phase] – in der Verhandlungen über ein | |
Ende des Krieges anstanden – einseitig beendet. Genau das will die Hamas | |
dieses Mal wohl vermeiden. Und nach Angaben eines von der Times of Israel | |
zitierten arabischen Diplomaten sei dies das „dornigste Problem“ – und | |
unklar, ob ein Kompromiss gefunden werden könne. | |
## Hamas will die UNO zurück | |
Laut Medienberichten gibt es zwei weitere mögliche Bruchstellen in den | |
Verhandlungen: Die Hamas fordert, dass es wieder eine Verteilung von | |
Hilfsgütern über die von den Vereinten Nationen geförderten und etablierten | |
Mechanismen geben müsse. Derzeit kommen kaum Hilfsgüter in den | |
Gazastreifen, verteilt wird vor allem über die Gaza Humanitarian Foundation | |
(GHF). [3][An der gibt es viel Kritik], unter anderem, weil israelische | |
Soldaten nach Berichten verschiedener Medien [4][immer wieder auf | |
Palästinenser auf ihrem Weg zu den Verteilstationen schießen]. | |
Und weil sich die Zentren in Gebieten befinden, die zur Evakuierung | |
aufgerufen sind, die Verteilung dort überaus chaotisch ablaufen soll und | |
die verteilten Güter in ihrer Zusammenstellung nicht den Standards | |
humanitärer Hilfe entsprechen sollen. Nach Angaben der katarischen Zeitung | |
Al-Araby Al-Jadeed gibt es diesbezüglich Fortschritte. Detailliertere | |
Angaben liegen bislang nicht vor. | |
Der zweite Knackpunkt: Die Hamas fordert, dass Israel seine Bodentruppen | |
auf die Positionen zurückzieht, die es vor dem Ende der Waffenruhe im März | |
hielt. Unter anderem hatte sich das israelische Militär damals weitgehend | |
aus dem Netzarim-Korridor, der Nord- und Südgaza trennt, zurückgezogen. | |
Nach Angaben von israelischen Medien soll dem Militär in dieser Waffenruhe | |
vor allem der Morag-Korridor wichtig sein. Dieser verläuft zwischen der | |
südlichsten Stadt Rafah und dem davon nördlich gelegenen Chan Yunis. Wie | |
weit die Gespräche dazu fortgeschritten sind, ist nicht bekannt. Der | |
Sprecher des katarischen Außenministeriums Majed al-Ansari erklärte aber: | |
Die Verhandlungen „brauchen Zeit“, es sei derzeit nicht möglich, eine | |
„Timeline abzusehen“. | |
## Ein Lager in Ruinen | |
Ein Grund, weshalb dem israelischen Militär der Morag-Korridor wichtig sein | |
könnte, sind Pläne, die Verteidigungsminister Israel Katz am Montag bekannt | |
gab: Auf den „Ruinen von Rafah“ soll eine „humanitäre Stadt“ entstehen; | |
600.000 Palästinenser, die derzeit im Gebiet al-Mawasi ausharren – einem | |
vor dem Krieg wenig besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Gebiet in | |
Südgaza – sollen dorthin umgesiedelt werden. Zuvor sollen sie „überprüft… | |
werden, um zu vermeiden, dass Hamas-Angehörige unter ihnen seien. | |
Den Menschen sei es, einmal in dieser „humanitären Stadt“ angekommen, nicht | |
gestattet, sie zu verlassen. Katz führte weiter aus: Letztlich solle die | |
gesamte Zivilbevölkerung des Gazastreifens, etwa 2 Millionen Menschen, dort | |
versammelt werden. Nicht das israelische Militär solle sie betreuen, | |
sondern „internationale Organisationen“. Dass die – außer womöglich der | |
Gaza Humanitarian Foundation (GHF) – eine solche Betreuung der Lager in | |
Betracht ziehen würden, scheint derzeit unrealistisch. | |
Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, sie habe einen | |
Vorschlag für Vertriebenencamps unter dem Namen „Humanitäre Transit-Zonen“ | |
einsehen können. Auf dem Dokument habe sich das Logo der GHF befunden. Das | |
Dokument soll aus dem Februar stammen und der Trump-Administration | |
vorgelegt worden sein. Ob dieser Plan noch in Umlauf ist und ob an seiner | |
Umsetzung gearbeitet wird, konnte Reuters nicht ermitteln. Die GHF selbst | |
erklärte, das Dokument stamme nicht von ihr. | |
Reuters konnte außerdem eine Präsentation dazu einsehen. Darin soll stehen: | |
Die „Humanitären Transit-Zonen“ sollten das „Vertrauen der lokalen | |
Bevölkerung gewinnen“ und die „Vision für den Gazastreifen“ von Trump | |
ermöglichen. [5][Diese „Vision“ sieht vor, dass die Palästinenserinnen und | |
Palästinenser unter Druck aus dem Gazastreifen umgesiedelt werden.] | |
8 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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