| # taz.de -- KI-Fanfiction: Amerikaner, die sich um Hamburger prügeln | |
| > Durch KI ist Fanfiction zum Massenphänomen geworden. Und hier geht der | |
| > Trend klar zum Antiamerikanismus, mit Hang zu ostasiatischer Popkultur. | |
| Bild: Der Trend geht zum Antiamerikanismus: ein koreanischer Labubu, gesehen au… | |
| Es ist Sommer, und mein Feed ist voller Influencer unter Palmen, die sich | |
| an perfekt temperierten Pools in Bali räkeln, bunte Chia-Bowls verspeisen | |
| oder urlaubslustige OOTDs („Outfits of the day“) zeigen – hach! | |
| Entschuldigung – das war ein kurzer nostalgischer Ausflug ins Jahr 2015. Es | |
| ist 2025, und mein Feed wird von KI-generierten Inhalten zu Welsen, zur | |
| Hitzewelle und zu sogenanntem [1][„Brainrot“] dominiert: Nonsens-Videos, | |
| die dem derzeit vorherrschenden Gefühl der Sinn- und Zusammenhangslosigkeit | |
| von einfach allem Ausdruck verleihen. | |
| Da mein Algorithmus um meine Vorliebe für südkoreanische Filme und Serien | |
| weiß, landeten nach dem Siegeszug von „K-Pop Demon Hunters“ und „Squid G… | |
| 3“ auf Netflix auch zahlreiche Fanfiction-Clips in meiner Timeline – made | |
| with KI, versteht sich. Schon seit Staffel 1 sorgt „[2][Squid Game]“ – | |
| nicht zuletzt dank massiver Netflix-Werbung – für enormen Hype. Besonders | |
| viel Fantasie entfachte nun der Cliffhanger am Ende der dritten Staffel: | |
| „Squid Game“ wird fortgesetzt – in den USA! Mit Cate Blanchett als | |
| Nachfolgerin Gong Yoos und mit David Fincher als Regisseur. Ein geschickter | |
| PR-Move, der eine Welle von Spekulationen befeuerte: Wie wird „Squid Game | |
| USA“ aussehen? | |
| Fanfiction war lange ein subkulturelles Genre, das in eigenen Foren und | |
| Blogs kultiviert wurde; durch KI ist es zum Massenphänomen geworden. In | |
| unzähligen fiktiven Trailern zeigt sich ein klarer Trend: ein durch und | |
| durch satirischer Blick auf die USA. Extrem übergewichtig dargestellte | |
| Spieler, die Architektur ist in US-Flaggen getaucht, gesponsert wird von | |
| McDonald’s und Facebook. Donald Trump ist mal Spielleiter, mal lächerlicher | |
| VIP. | |
| Zwei Spielideen gingen viral: Fettleibige kämpfen um Hamburger (wahlweise | |
| auch: „Wer einen Salat *ohne Dressing* essen kann, gewinnt“) – was an die | |
| Netz-Reaktionen auf Trumps Zollerhöhung für China auf 145 Prozent | |
| erinnerte. Damals wurden unzählige Videos von Übergewichtigen an | |
| Fließbändern generiert, um zu zeigen, dass die USA unfähig seien, all das | |
| „Made in China“ selbst herzustellen. Außerdem das meme-basierte „Name 3 | |
| Countries“ – eine Anspielung auf Straßenumfragen, in denen US-Amerikaner an | |
| simpelsten Geografietests scheitern („Nennen Sie drei Länder“ wird dann mit | |
| „Dubai“, „Norden“ oder „weiß nicht“ beantwortet). | |
| Dieser neue Antiamerikanismus erinnert auf den ersten Blick an alte Muster | |
| aus der Protestkultur der 1960er und 70er Jahre, aus der Friedensbewegung | |
| oder linken antiimperialistisch-antikapitalistischen Diskursen. Doch er | |
| funktioniert anders. Er zielt weniger auf die Außenpolitik als auf das | |
| kulturelle Selbstverständnis Amerikas – oder besser gesagt: auf dessen | |
| mutmaßlich schwindenden Einfluss. Statt als Bedrohung wirkt Amerika heute | |
| für viele Jüngere einfach nur noch „cringe“ – ein Land, das gerade im | |
| Versuch, „Great again“ zu sein, seine „main character energy“ verloren … | |
| Gleichzeitig wird Ostasien – besonders [3][Südkorea], Japan und China – zur | |
| neuen kulturellen Sehnsuchtsregion. Korean Fried Chicken statt McNuggets, | |
| Labubus und Pop Mart statt Funko Pops, Hallyuwood statt Hollywood. Amerika | |
| scheint gestrig, Ostasien cool und relevant. Die Supermacht ist, wie die | |
| Bekanntesten ihrer Vertreter, zum Meme geworden. | |
| Der neue Antiamerikanismus ist also ästhetisch-lifestylish motiviert. Es | |
| geht nicht um Widerstand gegen Unterdrückung, sondern um kulturelle | |
| Überlegenheit. | |
| Aber ist dieser Antiamerikanismus nicht selbst ziemlich amerikanisch? Die | |
| Romantisierung ostasiatischer Popkultur folgt oft denselben Logiken, die | |
| man einst an den USA kritisierte. K-Pop ist nicht weniger kommerziell, | |
| ostasiatische Schönheitsideale sind nicht weniger problematisch. Von der | |
| Politik ganz zu schweigen. Und das ist vielleicht das Amerikanischste an | |
| diesem neuen Antiamerikanismus: Er funktioniert nach der Logik des Reboots. | |
| Neues Setting, neue Helden – aber alte Story. | |
| 9 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Annekathrin Kohout | |
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