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# taz.de -- Kriselnder Traditionskonzern: IG Metall watscht Thyssenkrupp-Chef ab
> Da Thyssenkrupp-Chef Lopez „nicht geliefert“ habe, spricht sich die
> Gewerkschaft gegen dessen Vertragsverlängerung aus. Am Freitag
> entscheidet der Aufsichtsrat.
Bild: Miguel Angel Lopez, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp AG
Düsseldorf/Frankfurt am Main reuters | Kurz vor der erwarteten
Vertragsverlängerung von Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez geht die IG Metall
zu dem umstrittenen Vorstandschef auf Konfrontationskurs. „Aus heutiger
Sicht werde ich nicht für eine Verlängerung stimmen und das ist auch das
Signal der IG Metall insgesamt“, sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft und
stellvertretende Aufsichtsratschef des Konzerns, Jürgen Kerner, in einem am
Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters.
„Über eine Vertragsverlängerung sollte erst gesprochen und entschieden
werden, wenn die betreffende Person geliefert hat“, sagte Kerner. Das sei
bei Lopez nicht der Fall. Die Stahlsparte brauche ein Zukunftskonzept. Da
habe sich aber seit über einem Jahr nichts getan. Ein Thyssenkrupp-Sprecher
verwies auf Aussagen von Lopez am vergangenen Wochenende, wonach eine
Restrukturierung des Stahlbereichs Priorität habe.
Der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp kommt am Freitag zusammen. Dabei geht es
Insidern zufolge um die Pläne für eine Verselbstständigung der Marinesparte
und um eine Verlängerung des Vertrags von Lopez. Dieser hatte vor zwei
Jahren die Führung des kriselnden Traditionskonzerns übernommen.
Bei dem geplanten [1][Umbau des Unternehmens] ist er [2][immer wieder mit
den Arbeitnehmervertretern in Konflikt] geraten. Diese werfen ihm unter
anderem mangelnde Transparenz vor, was Lopez zurückweist. Um seine
Vertragsverlängerung muss er aber kaum fürchten, da bei einer Pattsituation
Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm mit seiner Doppelstimme eine Mehrheit
für Lopez erzielen kann. Dass ein stellvertretender Aufsichtsratschef gegen
eine Vertragsverlängerung des Vorstandsvorsitzenden stimmt, dürfte jedoch
in Deutschland Seltenheitswert haben.
## Misstrauen auf beiden Seiten
Kerner stellt sich darauf ein, dass er noch längere Zeit mit Lopez zu tun
hat. „Herr Lopez und ich können einerseits professionell zusammenarbeiten.
Aber ich glaube, dass wir auf beiden Seiten inzwischen ein grundlegendes
Misstrauen haben“, sagte der 56-jährige Gewerkschafter, der seit 2020
Mitglied des Kontrollgremiums von Thyssenkrupp ist und auch bei Siemens,
Siemens Energy und Traton den Managern auf die Finger schaut.
Lopez will die Stahlsparte in ein 50:50-Joint-Venture mit der
Energieholding [3][des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky] führen.
20 Prozent hat dieser bereits erworben. Auch bei ihm lässt Kerner seine
Samthandschuhe in der Tasche. „Wir haben Herrn Kretinsky offiziell zu
Gesprächen aufgefordert, sowohl mündlich als auch schriftlich wie über
WhatsApp“, sagt der Gewerkschafter. „Wir bekommen immer sehr freundlich die
Antwort, dass er zum geeigneten Zeitpunkt mit uns zwar reden möchte, aber
aktuell nicht aussagefähig ist.“ Das sei nicht akzeptabel. Von Kretinsky
war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Es bleibe der Eindruck, dass der Investor aus Tschechien nicht die richtige
Lösung sei, so Kerner. „Am Schluss wird Herr Kretinsky, sobald er die
Mehrheit am Stahl besitzt, die Hand aufhalten und mit Verweis auf
Arbeitsplätze und Resilienz von Bundes- und Landespolitik Unterstützung
verlangen“, sagte er. Das sei der falsche Weg. Stattdessen sollte man die
Möglichkeit einer Stiftungslösung prüfen, in Anlehnung an die
Stahlindustrie im Saarland. Die Politik scheine dafür offen zu sein.
Zu der bei Thyssenkrupp immer wieder diskutierten Frage, wo im Fall einer
Abspaltung des Stahlgeschäfts die hohen Pensionsverpflichtungen von derzeit
5,5 Milliarden Euro bleiben, bezieht Kerner klar Stellung: „Meine Erwartung
ist, dass für die Pensionen die Thyssenkrupp AG bei einer
Verselbstständigung aufzukommen hat.“
18 Jun 2025
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