# taz.de -- Tod von Umweltschützer Hubert Weinzierl: Einer, der Natur fühlte | |
> Er gründete den ersten deutschen Nationalpark und führte jahrzehntelang | |
> die großen Verbände. Hubert Weinzierl prägte die Umweltpolitik. Nun ist | |
> er gestorben. | |
Bild: Ohne ihn wäre Deutschland heute weniger Wildnis: Hubert Weinzierl | |
Berlin/Wiesenfelden taz/dpa | Er war ein Vordenker auf dem Gebiet des | |
Umweltschutzes und ein Macher, der Projekte durchzusetzen wusste, aber auch | |
jemand, der Natur fühlte: „[1][Wildnis ist nicht nur ein Erfolg für die | |
Artenvielfalt]. Wir brauchen Wildnis auch für unser seelisches | |
Gleichgewicht“, hat Hubert Weinzierl einmal erklärt. „Unsere Natur wäre | |
ohne ihn ärmer“, sagten Weggefährten über den Mann, der über Jahrzehnte d… | |
großen Umweltorganisationen in Deutschland mitaufgebaut und auch geleitet | |
hat – den Bund Naturschutz in Bayern (BN) etwa, den Deutschen Bund für | |
Umwelt und Naturschutz (BUND) oder den Deutschen Naturschutzring (DNR). | |
Als Kind sei er vor den Schrecken des Krieges in die Natur geflüchtet, | |
erzählte der 1935 geborene Ingolstädter in Interviews. Später studierte er | |
in München Land- und Forstwirtschaft und traf auch auf den Zoologen | |
Bernhard Grzimek und den Verhaltensforscher Konrad Lorenz. Gemeinsam | |
trieben sie die Debatte über die Notwendigkeit von politischem Naturschutz | |
voran – gegen den lange Zeit großen Widerstand in der Bevölkerung. | |
Weinzierls allererster großer Erfolg war die [2][Gründung des ersten | |
deutschen Nationalparks im Bayerischen Wald 1970,] ein Projekt, das er | |
beharrlich vorangetrieben hatte. Parallel begann er, den BN zu einer | |
starken und konfliktfreudigen Umweltorganisation zu entwickeln, die sich | |
vehement in aktuelle ökologische Debatten einschaltete. | |
33 Jahre lang, bis 2002, war er dessen Vorsitzender – und gilt vielen immer | |
noch als „Vorbild und Integrationsfigur“ für „eine ganze Generation von | |
Umweltschutzaktiven“. Auch den BUND, der heute 670.000 Mitglieder vertritt, | |
hätte es ohne Weinzierl nicht gegeben. 1975 gründete er ihn gemeinsam mit | |
Grzimek, dem Journalisten Horst Stern, dem Dirigenten Enoch zu Guttenberg | |
und weiteren Naturliebhabern. 15 Jahre war er dort Vorsitzender. 12 weitere | |
Jahre saß er dem DNR vor, der Dachorganisation deutscher Naturschutz- und | |
Umweltorganisationen. | |
## Umweltschutz als Menschheitsaufgabe | |
„Aus dem staatsnahen, unpolitischen BUND Naturschutz hat Hubert Weinzierl | |
gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen einen unabhängigen, starken und | |
demokratischen Verband gemacht“, sagte BN-Landeschef Richard Mergner. | |
Weinzierls Vater war CSU-Politiker gewesen, ihn selbst haben Parteien nie | |
gereizt, erzählte er. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er 2015 vor seinem | |
80. Geburtstag: „Ich war immer der Überzeugung und bin es noch heute, dass | |
Umweltschutz eine Aufgabe ist, die die ganze Menschheit lösen muss.“ Was | |
nicht heißt, dass er sich nicht auch für staatliche Strukturen | |
interessierte. Dass der Freistaat 1970 ein Umweltministerium gründete, lag | |
auch am politischen Druck, den Weinzierl zu entwickeln wusste. | |
Früh erkannte er die [3][Erderhitzung als große Zukunftsfrage, messbar am | |
Waldsterben] und dem Artenschwund. Dennoch war für ihn nicht „früher alles | |
besser“: Weniger Müll auf den Straßen, getrennte Abfälle, saubere Gewässer | |
bezeichnete er als Erfolge der Naturschutzbewegung. Als schmerzlichste | |
Niederlage bezeichnete er einmal den Bau des Rhein-Main-Donaukanals durch | |
das Altmühltal: eine beispiellose „Zerstörung einer bayerischen | |
Kulturlandschaft“. | |
Wegen eines Nervenleidens erblindete Weinzierl und zog sich weitgehend aus | |
der Öffentlichkeit zurück. Nun ist er in Wiesenfelden im Bayerischen Wald | |
im Alter von 89 Jahren gestorben. | |
17 Jun 2025 | |
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