# taz.de -- Schwarz-rotes Stromsteuer-Fiasko: Vertrauen im Eiltempo verspielt | |
> Mit der Kehrtwende bei der Stromsteuer haben Merz und Klingbeil großen | |
> politischen Schaden angerichtet – und konnten ihn nicht mal gut | |
> begründen. | |
Bild: Merz und Klingbeil verkörpern das Versprechen, ideenfrei pragmatisch zu … | |
Vertrauen ist in der Politik ein flüchtiges Gut. Es ist schnell zerstörbar | |
und nur sehr schwer wieder aufbaubar. Die schwarz-rote Regierung zeigt | |
gerade, wie man in kurzer Zeit effektiv Vertrauen ruiniert. Dazu muss man | |
als Erstes stolz verkünden, dass man eine Steuer für alle senken wird. Ein | |
paar Wochen später fällt Friedrich Merz und Lars Klingbeil auf, dass fünf | |
Milliarden im Haushalt fehlen. Ziemlich genau das kostet die Senkung der | |
Stromsteuer für alle. Also wird der Strom nur für Industrie billiger, | |
[1][für normale KundInnen und anderes Gewerbe nicht]. | |
Merz und Klingbeil haben damit Erstaunliches geschafft. Sie haben die | |
Grünen und die AfD, Unternehmerverbände und die Linkspartei, den | |
Verbraucherverband und CDU-Sozialflügel gleichzeitig gegen sich | |
aufgebracht. Der politische Schaden ist groß. Ist er wenigstens gut | |
begründet? Also – bitter, aber leider unumgänglich? | |
Nun, Schwarz-Rot wird den Gaspreis senken. Dafür wird die Gasspeicherumlage | |
von 3,4 Milliarden Euro erst mal aus dem KTF finanziert, der eigentlich | |
fürs Klima da ist und nicht für die Subvention fossiler Energien. | |
Schwarz-Rot wird die Mütterrente, die rund 5 Milliarden Euro im Jahr kostet | |
und ein Prestigeprojekt der CSU ist, termingerecht einführen. Eine | |
einleuchtende Begründung, warum die Senkung des Gaspreises und die | |
Mütterrente wichtiger sind als die Senkung der Stromsteuer für alle, gibt | |
es nicht. Die Regierung bevorzugt ohne inhaltliche Argumente umgrenzte | |
Gruppen wie RentnerInnen oder GaskundInnen und vertröstet die | |
StromkundInnen, also alle, vage auf später. Kommunikativ ist das wirklich | |
keine Meisterleistung. | |
Schwarz-Rot hat kein Projekt und keine Idee. Merz und Klingbeil verkörpern | |
das Versprechen, ideenfrei pragmatisch zu regieren und alles fernzuhalten, | |
was die umworbene „arbeitende Mitte“ nerven könnte – zum Beispiel | |
MigrantInnen oder anstrengende Klimaziele. Es mag sogar sein, dass die | |
schwarz-rote Anspruchslosigkeit zur gesellschaftlichen Stimmung passt. Alle | |
fühlen sich gerade irgendwie überfordert. | |
Aber auch, vielleicht gerade, diese minimalistische Art zu regieren | |
funktioniert nur, wenn das Publikum zumindest den Eindruck hat, dass die | |
Regierung verlässlich, halbwegs vernünftig und begründet handelt. Und nicht | |
schon nach zwei Monaten hektisch in selbst gemachten Alternativlosigkeiten | |
versinkt. Gebrochene Versprechen sind der Humus für die | |
rechtspopulistischen Misstrauensgemeinschaften, die der Regierung sowieso | |
jede Schurkerei zutrauen. Dass Merz und Klingbeil den Eindruck | |
pragmatischer Kompetenz im Eiltempo riskieren, ist kein gutes Zeichen. | |
3 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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