# taz.de -- Buch oder E-Book-Reader: Von ganz allein steig’ ich nicht um | |
> Bücher haben eine schlechtere Öko-Bilanz als E-Reader, ich finde sie aber | |
> trotzdem schöner. So wie andere ihren Verbrenner. Oder ihr Steak. Und | |
> nun? | |
Bild: Bücher und Papier sind sinnlicher als E-Reader | |
Echt jetzt? Das Layout hier ist doch eine Zumutung. [1][E-Reader] sind | |
hässlich, und darauf lesen macht keinen Spaß, genauso wenig wie auf dem | |
Handy. Zeitunglesen geht noch gerade so, das macht man morgens schnell zur | |
Infogewinnung, da kann oder besser muss man sich an das Teckdings gewöhnen, | |
geht ja nicht anders. | |
Bücherlesen aber ist ein Genuss. Dafür braucht man Zeit, Ruhe – und Papier | |
zwischen den Händen. Ein dickes Buch ist schwer, ein dünnes leicht. Es gibt | |
glattes und raues Papier, manches duftet, anderes stinkt. Bücher tragen | |
Spuren: Die am liebsten gelesenen haben Flecken, weil sie zum Kochen mit in | |
die Küche mussten (hat dann meistens nicht geschmeckt) oder raus auf die | |
Wiese oder an andere Orte. | |
Ein E-Reader hat das alles nicht, dieses sterile Gerät, das immer gleich | |
aussieht, egal welchen Inhalt es ausspuckt, es riecht nach nichts und | |
gaukelt Haptik höchstens vor, wenn beim Umblättern die Seiten blöde | |
rascheln. Niemals würde ich freiwillig vom gedruckten Buch auf E-Reader | |
umsteigen, [2][auch wenn deren Ökobilanz deutlich besser ist, wie die | |
Stiftung Warentest jetzt ermittelt hat]. Ist mir egal! | |
Das ist allerdings merkwürdig. Denn Nachhaltigkeit ist mir wichtig, steht | |
ziemlich weit oben auf der Agenda. Fleisch nur ausnahmsweise, Fahrrad und | |
ÖPNV wann immer es geht, häufig Second-Hand-Klamotten, Ökostrom und alles | |
Geld in eine Wärmepumpe. Bei Büchern aber ist Schluss. Bei mir. Bei anderen | |
nicht. | |
## So viel wie jeder kann und mag? | |
Bei denen ist bei ihrem Auto Schluss. Da sind die Freunde, noch viel mehr | |
öko eigentlich, die Elektroautos aber unpraktisch und irgendwie | |
E-Scooter-artig finden. Alles, aber kein E-Auto, höchstens statt überhaupt | |
kein Auto, das wäre natürlich noch schlimmer. Schon mal Bahn gefahren in | |
letzter Zeit? Geht gar nicht. | |
Es ließen sich viele Beispiele finden, die alle da enden: Viele sind | |
bereit, auf etwas zu verzichten, sich bei bestimmten Dingen einzuschränken, | |
für den Schutz von Klima und Natur, für globale Gerechtigkeit. Aber der | |
Maßstab, was geht, sind meistens wir selbst. Die Wohnung mit den gepressten | |
Resten borealer Wälder vollstellen finde ich total in Ordnung, SUV-fahren | |
aber unmöglich. In den Urlaub fliegen finde ich auch nicht in Ordnung, | |
außer … also … die Reise vorletztes Jahr ging nicht anders. | |
So wird das aber nichts mit den Klimazielen und dem Erhalt der | |
Artenvielfalt. Jeder halt so viel er kann und mag, das reicht nicht. Die | |
Erkenntnis ist nicht neu, angesichts der in der öffentlichen Meinung übel | |
gescheiterten grünen Politik aus Push und Pull – also zum Beispiel die | |
Wärmewende vorschreiben und zugleich finanziell fördern und fossile | |
Energien teurer machen – aber noch mal beunruhigender. Denn bisher war es | |
ja so, dass ich zwar, beispielsweise, nicht bereit war, auf gedruckte | |
Bücher zu verzichten. Wenn mir aber jemand vernünftig erklärt, dass der | |
Umstieg auf E-Reader einen relevanten Unterschied macht, wäre ich bereit, | |
mich aus meiner lieben Gewohnheit herausdrängen – oder sie mir verbieten zu | |
lassen. Eine Primärsteuer, die Papier so teuer macht, dass Bücherdrucken | |
sich nicht mehr lohnt? Bah, aber: okay. Ein Verbot, wertvolle Rohstoffe wie | |
Holz nur für Produkte zu nutzen, in denen sie sich nicht ersetzen lassen? | |
Unschön, aber: na gut. | |
Nur ist gesetzgeberisch in Sachen Klima und Natur in den nächsten Jahren ja | |
nichts Entsprechendes zu erwarten, das haben die ersten Wochen der Großen | |
Koalition deutlich gemacht. Und wurden in der vorherigen Groko die | |
schwarz-roten Schlafmützen noch aus Brüssel angetrieben und auch mal | |
korrigiert, sind von dort inzwischen keine Impulse mehr zu erwarten. Dort | |
lassen sich die Konservativen aus Angst vor den Rechtspopulisten das Thema | |
Nachhaltigkeit mit Schwung vom Tisch wischen. Und jetzt? Wie weiter? | |
Wenn die Lösung weder im Privaten noch, vorerst, in den politischen | |
Institutionen liegt, dann ja vielleicht dazwischen. Gegen Frustration und | |
Hilflosigkeit helfen ja bekanntlich Kommunikation und Kontakt. Vielleicht | |
gründe ich einen Lesekreis zu Nachhaltigkeitsthemen, beziehungsweise, so | |
was gibt’s ja bestimmt schon. Also: bitte melden! Ich wäre auch bereit, auf | |
einem E-Reader … na ja, Sie wissen schon. | |
27 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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