# taz.de -- Russlands Kriegsverbrechen vor Gericht: Tribunal für Putin und Co. | |
> Kyjiw und der Europarat vereinbaren ein Sondergericht. Es soll | |
> Verantwortliche aus Russland für dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine | |
> aburteilen. | |
Bild: Für die Bombardierungen in der Ukraine könnte ein Kriegsverbrecher wie … | |
Berlin taz | Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwoch | |
mit dem Europarat eine Vereinbarung über die Einrichtung eines | |
Sondergerichts unterzeichnet, [1][um hochrangige Politiker und Militärs | |
Russlands für dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine juristisch zur | |
Verantwortung ziehen zu können]. | |
„Jeder Kriegsverbrecher muss wissen, dass es Gerechtigkeit geben wird, und | |
das gilt auch für Russland“, sagte Selenskyj nach der Unterzeichnung des | |
Abkommens in Straßburg mit dem Generalsekretär des Europarats, Alain | |
Berset. Es bedürfe großen politischen und juristischen Mutes, um | |
sicherzustellen, dass jeder russische Kriegsverbrecher, einschließlich | |
Putin, vor Gericht gestellt werde, so Selenskyj vor der Parlamentarischen | |
Versammlung des Europarats. „Wir müssen eine klare Botschaft senden: | |
Aggression führt zu Bestrafung. Und wir müssen dies gemeinsam tun – als | |
gesamtes Europa“, schrieb er später bei X. | |
Es ist das erste Mal, dass ein derartiges Tribunal – es soll 2026 seine | |
Arbeit aufnehmen – unter der Ägide des Europarats eingerichtet wird. | |
[2][Dem „Wächter über Demokratie und Menschenrechte“] gehören 46 Staaten… | |
– darunter die Türkei, Großbritannien und die Ukraine. Russland wurde 2022 | |
ausgeschlossen. | |
Laut des ukrainischen Webportals Ewropejskaja Prawda könnte die Liste der | |
Angeklagten rund 20 Namen umfassen – darunter Präsident Wladimir Putin, | |
Außenminister Sergei Lawrow sowie Ministerpräsident Michail Mischustin. | |
## Debatten seit über drei Jahren | |
Die Debatten über die Einrichtung des Tribunals laufen seit 2022. Nicht | |
zuletzt auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien blockierten den | |
Prozess. Die G7-Staaten befürchteten offenbar, dass eine Strafverfolgung | |
Putins unter anderem die Staaten des Globalen Südens provozieren könnte, | |
sich gegen den Westen zu verbünden und ein eigenes Tribunal einzurichten, | |
um die ehemalige US-Führung wegen der Invasion im Irak 2003 anzuklagen. | |
Letztendlich gelang es jedoch den Unterstützern der Ukraine, die anderen zu | |
überzeugen. | |
In den Statuten des neuen Sondergerichts ist von einer „funktionellen | |
Immunität, die nicht zur Anwendung kommt“, die Rede. Im Klartext bedeutet | |
das, dass Amtsträger, die an der Planung und Durchführung von Moskaus | |
Aggression beteiligt waren beziehungsweise sind, sich nicht darauf berufen | |
können, nur Befehle ausgeführt zu haben. | |
Eine „persönliche Immunität“ wird nicht erwähnt. Dennoch könnten zum | |
Beispiel gegen Putin Ermittlungen aufgenommen werden. Jedoch würde ein | |
Gerichtsverfahren für ein Staatsoberhaupt (oder einen Minister) ausgesetzt, | |
solange dieses/r noch im Amt ist. Zudem ist vorgesehen, dass ein | |
Schuldspruch gegen einen Angeklagten in Abwesenheit ergehen kann. | |
Das Sondergericht kann nur Untersuchungen gegen eine Einzelperson | |
einleiten, wenn ein entsprechendes Gesuch der ukrainischen | |
Generalstaatsanwaltschaft vorliegt. Der Staatsanwalt des Tribunals leitet | |
eine Untersuchung ein und entscheidet darüber, ob Anklage erhoben werden | |
kann. Der Untersuchungsrichter des Tribunals muss dann einen Haftbefehl | |
genehmigen oder ablehnen. | |
Die Ukraine hatte sich während der Verhandlungen bemüht, im Gerichtsstatut | |
festzuhalten, dass Russlands Aggression bereits 2014 begonnen habe – | |
vergeblich. Die Kompromissformel lautet: Das Tribunal wird die Befugnis | |
haben, den Zeitrahmen selbst festzulegen. Das bedeutet, dass die Ukraine | |
Verfahren gegen Generäle auf den Weg bringen kann, die für die Besetzung | |
der Krim und des Donbass verantwortlich sind. Diese Verfahren werden dann | |
an das Sondergericht weitergeleitet. | |
26 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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