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# taz.de -- Recherchen auf der Bühne: Journalismus ist showtauglich
> Bei der Show „Jive“ präsentieren Journalisten ihre Arbeit live vor
> Publikum. Dieses Format gehört nicht nur in die Großstadt, sondern aufs
> Land.
Bild: Journalismus als Show und mit Orchester: Hier bei der Premiere dieses For…
Hamburg taz | Adrian Garcia-Landa schlappt mit einem Stoß Karteikarten auf
die Bühne. Ein Rednerpult mit Spielzeug-Mercedes und Mini-Flagge der Region
Ostprignitz-Ruppin warten da, am Bühnenrand Pappschilder mit Begriffen wie
[1][Pressefreiheit], Transparenz oder Steuergerechtigkeit. Spielten nicht
die vier Musiker vom Orchester „Stegreif“ schon, man wähnte sich eher am
Beginn eines Proseminars über Korruption in Brandenburg.
Das Publikum wirkt auch etwas verhalten, applaudiert zögernd. Die Frage, ob
eine Live-Journalismus-Show wirklich das ist, was man sich an einem
sommerlichen Donnerstagabend antun will, schwebt förmlich über den Köpfen
der rund 200 Leute im Saal.
Bei der Reihe „Jive“, die auf [2][Kampnagel] in Hamburg zu Gast war,
präsentieren Journalistinnen und Journalisten ihre eigenen Recherchen live
einem Publikum. Hinter „Jive“, das setzt sich aus Journalismus und live
zusammen, steht die gemeinnützige Organisation Headline. 2016 haben sie mit
Journalismus-Slams á la Poetry-Slam begonnen und 2023 kamen dann die
[3][Journalismus-Shows mit Orchester] dazu. Ein „Bühnenmagazin“, so nennen
sie das.
Die vier Geschichten des Abends sind auch so bunt wie eine Magazinstrecke:
Eva-Lena Lörzers hat über die Demenz-Erkrankung ihres Vaters geschrieben,
erzählt, auf der Bühne im Sessel sitzend, über [4][Pflegekrise] und
Überlastung der Angehörigen. Der deutsch-russische Journalist Nik Afanasjaw
nimmt das Publikum mit auf seine Recherchereise nach [5][Spitzbergen], wo
ein neuer kalter Krieg herrscht.
## Dallas-Melodie zum Wirtschaftskrimi
Die letzte Geschichte spielt in der [6][türkisch-syrischen Grenzstadt
Mardin]. Jedes Jahr laden Künstler dort zum „Flying Carpet“-Festival.
Fotografin Sina Opalk und Artistin Millie Turnad erzählen davon – mit Fotos
und verträumt-starker Performance.
Aber den Anfang der Journalismus-Show macht Garcia-Landa mit „Dallas in
Neuruppin – eine Wirtschaftskrimisoap auf brandenburgisch“, hübsch
aufbereitet mit Fotos von den Guten (die Bürger) und den Bösen (der Landrat
und zwei gierige Geschäftsleute), untermalt vom Orchester, das an den
passenden Stellen die Dallas-Titelmelodie spielt.
Und das funktioniert. Das Publikum bleibt dran, weil Garcia-Landa mit
seiner Recherche aufdeckte, wie sich zwei Immobilienhaie über das Geschäft
mit Flüchtlingsheimen mindestens zwölf Millionen Euro Steuergeld in die
Taschen schaufelten, korrupte Politiker und Dorfbewohner, die ihren Glauben
an die demokratischen Grundfesten verloren haben, inklusive.
Es ist dieser Werkstatt-Charakter, dieser Einblick in die Arbeitsweise von
Journalisten, der „Jive“ interessant macht. Darum sollte diese Art und
Weise, über Journalismus zu reden, nicht nur für ein einschlägiges
Großstadtpublikum da sein. Wie wäre es mit den Bühnen in den
Landgasthöfen? Dorthin, wo es oft nur noch eine oder [7][keine Zeitung
mehr gibt].
24 Jun 2025
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Pressefreiheit/!t5007487
[2] /Kampnagel/!t5009434
[3] /Journalismus-live/!5971466
[4] /Hamburgs-Pflegekrise-spitzt-sich-zu/!6081242
[5] /Karge-Landschaften-auf-Spitzbergen/!5693780
[6] /Kunstbiennale-Mardin-in-der-Tuerkei/!6014350
[7] /Correctiv-Journalist-ueber-Lokalmedien/!6094139
## AUTOREN
Ilka Kreutzträger
## TAGS
Lokaljournalismus
Hamburg
Konstruktiver Journalismus
Journalismus
Show
Lokaljournalismus
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Utopie nach Corona
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